Recht-Tipps: Darf man die Miete mindern, wenn die Wohnfläche nicht stimmt? – Stil | ABC-Z
Bei der Wohnungsbesichtigung scheint alles ideal zu sein: drei Zimmer, ein geräumiger Keller und ein Balkon. Insgesamt 70 Quadratmeter, heißt es im Maklerexposé. Und wenn sich nach dem Einzug herausstellt, dass die Wohnung kleiner ist als gedacht? Das ist ärgerlich, weil man dann weniger Platz zur Verfügung hat und einen höheren Anteil an Gebühren, etwa für den Hausmeister oder die Müllentsorgung, bezahlt, als man müsste. „Die meisten der Betriebskostenarten, die mit dem Mieter abgerechnet werden, basieren auf der Wohnfläche“, erklärt dazu Andreas Griebel, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht der Rechtsanwalts- und Steuerberatungsgesellschaft Rödl & Partner.
Aber darf man die Miete einfach mindern, wenn man glaubt, dass weniger Raum zur Verfügung steht als angenommen? Zuerst sollte man seine Annahme überprüfen. Dazu muss man wissen, wie sich die Wohnfläche korrekt berechnen lässt; die Maße im Grundriss genügen dafür nicht, sie dienen nur der groben Orientierung. Je nach Mietvertrag können verschiedene Berechnungsmethoden zur Anwendung kommen. Die Abweichungen können dabei erheblich sein – bis zu 40 Prozent. Ist im Vertrag nichts Näheres zu dem Thema angegeben, orientieren sich die Gerichte in der Regel an der seit 2004 geltenden Wohnflächenverordnung (WoFlV). Sie ist grundsätzlich die am häufigsten angewendete Methode.
Bei diesem Verfahren werden zunächst die Flächen aller Wohnräume ausgemessen. Räume mit einer Deckenhöhe von mindestens zwei Metern werden zu 100 Prozent angerechnet. Dazu zählen laut WoFlV unter anderem Küche, Wohnzimmer, Schlafzimmer, Badezimmer, Toilette, Flure und Abstellkammern innerhalb der Wohnung. Räume zwischen einem und zwei Metern Raumhöhe fließen nur zu 50 Prozent in die Berechnung ein. Keller, Dachböden oder Heizungsräume werden nicht einbezogen. Balkone, Terrassen und Dachgärten werden zu 25 Prozent gezählt; in bestimmten Fällen – das hängt von ihrer Qualität ab – auch zu 50 Prozent.
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Im Mietvertrag muss die Wohnfläche nicht angegeben werden. Bei der Betriebskostenabrechnung und in einem Mieterhöhungsschreiben sieht das anders aus: Darin muss die genaue Wohnfläche stehen. Doch was ist, wenn die Wohnung wirklich kleiner ist als im Mietvertrag angegeben? „Der Mieter hat ein Recht auf eine Anpassung der Miete“, sagt Fachanwalt Griebel. Liegt die Wohnfläche um mehr als zehn Prozent unter der angegebenen Größe, liegt ein erheblicher Mangel und womöglich der Anlass für eine Mietminderung vor. Deren Höhe lässt sich mithilfe der Differenz zwischen angegebener und tatsächlicher Wohnfläche berechnen. Griebel rät jedoch davon ab, die Miete ohne Rücksprache mit dem Vermieter zu mindern. Er empfiehlt, frühzeitig miteinander zu reden, um eine einvernehmliche Lösung zu finden.
Zehn Prozent Abweichung von der genannten Wohnfläche können schnell erreicht sein. Das zeigt ein Fall, der vor dem Bundesgerichtshofs (BGH) verhandelt wurde: Eine Mieterin hatte ihre Miete gemindert, weil sie der Meinung war, die tatsächliche Wohnfläche sei um mehr als zehn Prozent kleiner als die vertraglich vereinbarte. Ihr Vermieter wollte das nicht einsehen und reichte eine Räumungsklage ein. Weil ein Sachverständiger nur eine Abweichung von 9,63 Prozent feststellte, gab das Amtsgericht Pinneberg der Räumungsklage statt. Daraufhin zog die Mieterin vor den BGH – mit Erfolg: In dem Prozess ging es darum, ob Durchgänge ohne Türrahmen zwischen Zimmern „Türnischen“ sind. Die zählen laut Wohnflächenverordnung nicht zur Wohnfläche. Ja, das seien Türnischen, urteilte der BGH – und kam demnach, anders als der Sachverständige, auf eine Abweichung von der tatsächlichen Wohnfläche um mehr als zehn Prozent (Az.: VIII ZR 117/22). Letztlich ist eine solche Türnische nicht mehr als eine Öffnung in der Wand, die den Wohnwert nicht erhöht. Daher könne sie auch nicht in die Wohnfläche einbezogen werden, argumentierten die Richter.