Reaktionen auf Sondierungspapier: „Gift für unser Land“, kritisieren die Grünen | ABC-Z

Das Sondierungspapier der möglichen neuen Großen Koalition stößt bei den Grünen auf scharfe Kritik. Das könnte für Union und SPD heikel werden, weil es auch an den Grünen hängt, ob sie ihre Investitionsvorhaben noch durch den alten Bundestag bekommen.
Die Grünen haben die Ergebnisse der Sondierungsgespräche von CDU, CSU und SPD harsch kritisiert. Statt strukturelle Probleme zu lösen, wollten die Parteien schon wie in früheren schwarz-roten Regierungen alles mit Geld zuschütten, erklärte Parteichefin Franziska Brantner in Berlin. „Das ist Gift für unser Land“, führte sie weiter aus. Co-Parteichef Felix Banaszak betonte: „Von einer Zustimmung sind wir heute weiter entfernt als in den letzten Tagen.“
Union und SPD dürften bei der Verabschiedung ihres bereits vor einigen Tagen vereinbarten Sicherheitspakets auf die Stimmen der Grünen angewiesen sein. Sie hatten vereinbart, die Schuldenbremse für höhere Verteidigungsausgaben zu lockern und ein schuldenfinanziertes Sondervermögen von 500 Milliarden Euro für die Infrastruktur zu schaffen. Die Änderungen, für die eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig ist, sollen noch vom bestehenden Bundestag beschlossen werden – im nächsten Bundestag wird es wegen neuer Mehrheiten deutlich schwieriger.
Konkret werfen die Grünen Union und SPD vor, ihre Wahlversprechen durch diese neuen Finanzmittel finanzieren zu wollen, statt das Geld für tatsächliche Verbesserungen einzusetzen. „Wir sehen, dass es offensichtlich 500 Milliarden Euro nicht für zusätzliche Infrastrukturprojekte geben soll, sondern für Wahlversprechen, Mütterrente, Pendlerpauschale“, sagte Brantner. Banaszak sagte, Schwarz-Rot nutze die schwierige Lage mit Blick auf Russland und die USA, „um am Ende einfach nur die Gastronomie von der Mehrwertsteuer zu befreien oder eine weitere Stufe der Mütterrente einzuführen“.
Es sei bedrückend, dass Klimaschutz keine Rolle spiele, sagte Banaszak. „Die ökologischen Krisen unserer Zeit, ihre Tiefe, ihre Brutalität und die Notwendigkeit der Bewältigung dieser Krisen ist offensichtlich kein Thema für die sich bildende Koalition.“ Die Aussagen zur Sozialpolitik seien enttäuschend. Die Union habe einen „Frontalangriff aufs Bürgergeld“ durchgesetzt. Zudem fehlten Aussagen zur inneren Sicherheit.
Die Grünen-Chefs bemängelten, dass Union und SPD ihre Pläne nicht mit den Grünen abgestimmt hätten, obwohl deren Zustimmung nötig sei für das Finanzpaket. „Stil ist in der Politik nicht zu unterschätzen. Friedrich Merz hat da noch sehr viel Luft nach oben“, sagte Banaszak.
Zum Fortgang der Gespräche mit den Grünen sagte er: „Wer die Zustimmung der Grünen zu seinen Vorschlägen möchte, kann die Verhandlungen gerne fortsetzen.“ Brantner ergänzte: „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Aber bis jetzt sehen wir noch keinen Willen.“
Eigenlob aus Union und SPD
Aus den Reihen der möglichen zukünftigen Koalitionspartner hingegen klingen die Reaktionen erwartungsgemäß anders. Die Sondierungsgespräche haben laut Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer die Weichen für einen Politikwechsel gestellt. „Vom ersten Tag der neuen Regierung an wird man die Veränderungen in der Migrationspolitik an den Grenzen und auch bei den Asylentscheidungen spüren“, erklärte der CDU-Politiker.
Ziel sei zudem, die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu erhöhen. Dazu sollen die Strompreise sinken. Auch werde es umfangreiche Änderungen beim Bürgergeld geben und die Verkehrswege sollen zwischen Deutschland und den östlichen Nachbarn Polen und Tschechien ausgebaut werden.
Auch der hessische Ministerpräsident und CDU-Landesvorsitzende Boris Rhein sieht eine gute erste Grundlage für eine mögliche Koalition. „Das Papier legt einen Schwerpunkt auf unsere Wehrfähigkeit und eine Begrenzung der Migration, neues Wachstum und mehr Wettbewerbsfähigkeit für unsere Wirtschaft und eine Entlastung der breiten Mitte unserer Gesellschaft“, erklärte Rhein in Wiesbaden.
Maßnahmen wie mehr Anreize für Investitionen und Arbeit, die deutliche Senkung der Stromsteuer und die Halbierung der Netzentgelte sowie Zurückweisungen an den Grenzen und mehr Abschiebungen müssten schnell umgesetzt werden. „Wir brauchen jetzt zügig mehr Konjunktur und weniger Kriminalität“, erklärte Rhein.
Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig äußerte sich ebenfalls positiv. Es seien gute Sondierungen mit starken Ergebnissen für die Menschen, sagte die SPD-Politikerin am späten Nachmittag in Schwerin. Man könne die Wirtschaft wieder stark machen durch Investitionen in die Infrastruktur, die Wirtschaft und vor allem durch die angekündigte Senkung der Strompreise.
Und auch die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) begrüßte die Sondierungs-Ergebnisse. „Das Sondierungspapier trägt auch eine saarländische Handschrift, und es steckt viel darin, was unserem Bundesland besonders hilft“, teilte sie mit. „Wenn sie zustande kommt, wird die neue Bundesregierung eine solide Basis für wirtschaftliches Wachstum und Gerechtigkeit legen.“ Rehlinger hatte an den Sondierungen in Berlin teilgenommen.
AFP/dpa/säd/krö