Reaktionen auf Gaza-Pläne: Senator: Trump „hat völlig den Verstand verloren“ | ABC-Z

Reaktionen auf Gaza-Pläne
Senator: Trump „hat völlig den Verstand verloren“
05.02.2025, 07:50 Uhr
Präsident Trump will, dass die USA den Gazastreifen übernehmen – notfalls mithilfe von US-Truppen. Die Pläne treffen auf harsche Kritik und Irritation: Während viele die Vertreibung der Palästinenser fürchten, spricht ein Demokrat vom „Tod Tausender US-Soldaten“.
US-Präsident Donald Trump stößt mit seinem Vorstoß zum Gazastreifen auf immense Kritik. Ein Vertreter der Terrororganisation Hamas – Israels Gegner im Gaza-Krieg – lehnte in einer ersten Stellungnahme den Vorschlag ab. Die Menschen im Gazastreifen würden den Plan nicht akzeptieren, sagte Sami Abu Suhri. Saudi-Arabien erklärte, ohne einen eigenen Palästinenser-Staat werde es keine Normalisierung der Beziehungen zu Israel geben. In den USA warnen die Demokraten vor tödlichen Konsequenzen für viele US-Soldaten. Auch Republikaner äußern sich eher zurückhaltend zu Trumps Plänen.
Der US-Präsident hatte auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Israels Premier Benjamin Netanjahu angekündigt, dass die Vereinigten Staaten die Kontrolle über den Gazastreifen übernehmen und das vom Krieg zerstörte palästinensische Küstengebiet wirtschaftlich entwickeln würden. Dabei schloss er auch die Entsendung von US-Truppen nicht aus. Auf die Frage eines Journalisten, ob er US-Truppen in den Gazastreifen schicken werde, um das Sicherheitsvakuum zu füllen, sagte Trump: „Wenn es notwendig ist, werden wir das tun.“ Er rechne mit einem langfristigen Engagement der USA in der Region, sagte der Republikaner weiter. Netanjahu unterstützte Trumps Vorschlag und äußerte die Hoffnung, dass der Vorstoß den Nahen Osten verändern und der Region Frieden bringen könnte.
Die islamistische Hamas, die weiterhin von vielen Palästinensern und anderen arabischen Staaten unterstützt wird, warf Trump nach seinen Äußerungen „Rassismus“ vor. Der Aufruf an die Bewohner des Gazastreifens sei „eine Vertreibung aus ihrem Land“, sagte Abu Suhri. „Wir halten sie für ein Rezept, um Chaos und Spannungen in der Region zu erzeugen, denn die Menschen im Gazastreifen werden solche Pläne nicht zulassen.“
„Radikale Abkehr von Grundprinzipien der US-Nahostpolitik“
In den USA selbst zeigte sich der einflussreiche republikanische Senator Lindsey Graham aus South Carolina zurückhaltend zum Vorschlag seines Parteikollegen. „Wir werden sehen, was unsere arabischen Freunde dazu sagen“, sagte er dem Sender CNN. Die meisten Bürger seines Bundesstaates wären wahrscheinlich „nicht begeistert, Amerikaner zur Übernahme des Gazastreifens zu entsenden“. Er bleibe jedoch zunächst offen für alles.
Der demokratische Senator Chris Murphy fand derweil deutlichere Worte. „Er hat völlig den Verstand verloren“ (engl: „He lost it“), schrieb er auf X. Und: „Eine US-Invasion des Gazastreifens würde zum Tod Tausender US-Soldaten und zu jahrzehntelangen Kriegen im Nahen Osten führen.“ Trumps Vorstoß wäre eine radikale Abkehr von den Grundprinzipien der US-Nahostpolitik der vergangenen Jahrzehnte. Insbesondere haben frühere Regierungen – auch die von Trump selbst während seiner ersten Amtszeit – es vermieden, US-Truppen in den Gazastreifen zu schicken.
Die demokratische Abgeordnete Rashida Tlaib sagte: „Die Palästinenser werden nirgendwohin gehen. Dieser Präsident kann diesen fanatischen Bullshit nur von sich geben, weil es überparteiliche Unterstützung im Kongress für die Finanzierung von Völkermord und ethnischer Säuberung gibt.“ Kritik und Sorge äußerte auch Amnesty International USA. „Die Entfernung aller Palästinenser aus dem Gazastreifen kommt ihrer Vernichtung als Volk gleich. Der Gazastreifen ist ihre Heimat. Der Tod und die Zerstörung im Gazastreifen sind eine Folge davon, dass die israelische Regierung zu Tausenden Zivilisten tötet, oft mit US-Bomben“, sagte der Chef der Institution, Paul O’Brien.
Dienst der extreme Vorschlag Verhandlungen?
„Viele Bewohner des Gazastreifens stammen von Palästinensern ab, die aus Teilen des heutigen Israels geflohen sind und nie in ihre früheren Heimatorte zurückkehren konnten. Ich bezweifle, dass viele bereit wären, selbst einen zerstörten Gazastreifen zu verlassen“, sagte zudem der Nahost Experte Jon Alterman vom Center für Strategische und Internationale Studien.
Einige Experten bescheinigen Trump, zunächst extreme Positionen einzunehmen, um einen Rahmen für spätere Verhandlungen abzustecken. Während seiner ersten Amtszeit hatte der Geschäftsmann wiederholt außenpolitische Erklärungen abgegeben, die damals als übertrieben eingestuft wurden. Viele davon griff er nicht auf.
Unklar blieb zunächst, welche Folgen Trumps Ankündigung für die laufenden Friedensgespräche zwischen Israel und der Hamas haben wird. Der Gazastreifen – ein Landstreifen am Mittelmeer mit einer Länge von etwa 45 Kilometern und nicht mehr als zehn Kilometer Breite – ist durch die 16 Monate des Gaza-Kriegs massiv zerstört worden. Die Vereinten Nationen schätzten im Januar, dass 50 Millionen Tonnen Schutt beseitigt werden müssen, was 21 Jahre dauern und bis zu 1,2 Milliarden Dollar kosten könnte.