Rätselhafte Krankheit fordert Dutzende Todesopfer in Zentralafrika |ABC-Z
Im Südwesten des Kongo grassiert eine tödliche Krankheit, die Rätsel aufgibt. Die Symptome sind grippeähnlich, betroffen sind vor allem Kinder. Die Behörden gehen von mehr als 130 Todesopfer aus und haben die WHO alarmiert.
Die Zahl der Menschen, die in der Demokratischen Republik Kongo (DRK) an einer bislang unbekannten Krankheit starben, ist nach Angaben der örtlichen Gesundheitsbehörden auf 131 gestiegen. Teams medizinischer Experten, die seit Dienstag die betroffenen Ortschaften im Südwesten des Landes aufsuchten, hätten zwei weitere Dörfer gefunden, in denen mindestens 60 Todesfälle verzeichnet wurden, teilte der Gesundheitsminister der Provinz Kwango, Apollinaire Yumba, mit.
In den vergangenen Tagen war ein Team von Epidemiologen in die zu Kwango gehörende ländliche Region Panzi im Südwesten des Landes gereist, um die Ärzte vor Ort bei der Behandlung der Patienten zu unterstützen. Sie sollen ermitteln, um was für eine Art von Krankheit es sich handelt. Bisher wurden nach Angaben Yumbas 382 Menschen mit Symptomen der Krankheit registriert. Die Angaben zu den Todesfällen schwankten in den vergangenen Tagen je nach Quelle zwischen 60 und mehr als 140. Viele der Opfer starben zu Hause, ohne medizinische Versorgung.
„Die Teams arbeiten auf Hochtouren“, sagte Dieudonné Mwamba, Generaldirektor des Instituts für öffentliche Gesundheit des zentralafrikanischen Landes, auf einer Pressekonferenz der afrikanischen Gesundheitsbehörde CDC Africa. „Wir warten auf die Laborergebnisse in den nächsten 24 bis 48 Stunden, damit wir genau wissen, worum es sich handelt.“
Zwar deuteten die Symptome auf eine Atemwegserkrankung hin, sagte Mwamba über die „Krankheit X“. „Wir warten darauf, die Laborergebnisse zu sehen, um die Diagnose zu bestätigen und die Behandlung zu präzisieren.“ Wegen der mangelnden Kapazitäten in der entlegenen Region an der Grenze zu Angola müssen die entnommenen Proben im Zentrallabor in der Hauptstadt Kinshasa analysiert werden.
Derzeit ist nur wenig bekannt über die Krankheit, von der insbesondere Kinder bis 15 Jahre betroffen zu sein scheinen. Besonders hoch ist der Anteil von Säuglingen und Kleinkindern: In dieser Altersgruppe gebe es bisher 198 Krankheits- und 17 Todesfälle, sagte Mwamba. Zu den grippeähnlichen Symptomen gehören hohes Fieber, Kopfschmerzen, Husten, Atemprobleme und Anämie. Weitere Expertenteams sollten anreisen, kündigte der Minister an, und dass der Zugang zu diesem Gebiet eingeschränkt werden soll. Neben der Entnahme von Proben versuchten die medizinischen Experten, die Bevölkerung zu Hygiene- und Abstandmaßnahmen aufzurufen.
Ob die Krankheit nur durch körperlichen Kontakt oder auch über andere Wege übertragen werden kann, ist bisher nicht bekannt. Doch Yumba bekräftigte, dass die Menschen „es vermeiden müssen, sich gegenseitig durch Händeschütteln zu begrüßen und sich regelmäßig die Hände zu waschen“. Auch werde den Menschen davon abgeraten, die Körper der Verstorbenen zu berühren, um eine mögliche Ansteckung zu vermeiden.
Die Krankheit „noch unbekannten Ursprungs“ wurde Ende Oktober in der Provinz Kwango entdeckt, wie das Ministerium für öffentliche Gesundheit, Hygiene und soziale Sicherheit der DRK mitteilte. Erste Krankheitsfälle seien am 24. Oktober aufgetreten, bestätigte Dieudonné Mwamba. Am 1. Dezember habe es auf nationaler Ebene eine Alarmmeldung bei den Gesundheitsbehörden gegeben. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) wurde laut einem Sprecher in der vergangenen Woche informiert; ein Team arbeitet nun vor Ort, auch um Proben für die Analyse zu sammeln.
Jean Kaseya, der Generaldirektor der CDC Africa, hofft auf „qualitativ gute Proben“, die Klarheit schaffen könnten. „Wir stehen bereit und warten auf die Ergebnisse“, betonte er anlässlich der Pressekonferenz. Ähnlich wie im Falle des Ausbruchs von Marburg-Fieber vor wenigen Wochen in Ruanda habe die neue Krankheit für die Behörde höchste Wichtigkeit: „Wir müssen wissen, was in der Demokratischen Republik Kongo vor sich geht.“
In der betroffenen Region habe es vor zwei Jahren einen Typhusausbruch gegeben, erklärte Mwamba. Große Teile der Bevölkerung seien unterernährt. „Wir haben es mit einem anfälligen Gebiet zu tun“, sagte er zur Einschätzung eines möglicherweise schwereren Verlaufs von Krankheiten als in Gebieten mit besserer Ernährungslage.
Am 5. Dezember betonte DRK-Gesundheitsminister Roger Kamba in der Landeshauptstadt Kinshasa, die kongolesische Regierung sei wegen dieser Krankheit in allgemeiner Alarmbereitschaft, ohne nähere Angaben zu machen. Er sprach von bisher 71 bestätigten Todesfällen, darunter 27 Menschen, die in Krankenhäusern starben. Davon zehn, weil Blutspenden für lebensrettende Transfusionen fehlten.
Die Demokratische Republik Kongo ist das zweitgrößte Land Afrikas und gilt als eines der ärmsten Länder der Welt. In den vergangenen Monaten lag hier das Epizentrum des aktuellen Mpox-Ausbruchs mit mehr als 47.000 Verdachtsfällen. Mehr als 1000 Menschen starben bisher. Außerdem gibt es eine Masernepidemie.
dpa/AP/AFP/sk