Rätselhafte Infektionswelle in hessischem Tierheim | ABC-Z
Tierheime wie zum Beispiel das Haus in Gießen können sich in diesen Tagen vor Katzen kaum retten. Doch in Butzbach darf keines dieser Tiere das Anwesen des Tierschutzvereins wieder verlassen. Deshalb nehmen die Tierschützer bis auf Weiteres keine Katzen mehr an. Denn durch das Tierheim der Kleinstadt am Nordrand der Wetterau läuft seit Wochen eine rätselhafte Infektionswelle.
Elf Tiere sind an dem bisher unbekannten Erreger verendet und 21 erkrankt. Zehn Katzen behandelt das Tierheim erfolgreich mit einem in Deutschland nicht zugelassenen ausländischen Mittel. Gleichzeitig untersucht das Friedrich-Loeffler-Institut in Greifswald aus Butzbach eingeschickte Proben, um das Virus zu bestimmen. Bis Dienstag hat das Tierheim noch keine Nachricht aus der Forschungseinrichtung des Bundes bekommen.
2000 Euro je Katze für die Therapie
Derweil kämpfen die Beschäftigten und Helfer des Tierheims nicht nur um das Leben der infizierten Katzen. Sie müssen außerdem das Geld für die sich über drei Monate hinziehende Therapie mit der importierten Arznei finanzieren. Auf 2000 Euro beziffert ein Sprecher die Kosten – pro Katze.
Die im Tierheim grassierende Krankheit heißt feline infektiöse Peritonitis, kurz FIP genannt. Sie wird von im Körper der Katzen veränderten Coronaviren ausgelöst. FIP gilt gemeinhin nicht als ansteckend. Doch nach dem ersten Fall im Oktober sah Heimleiterin Claudia Maid ein Tier nach dem anderen erkranken, und mehrere verendeten elendig. Die zurate gezogene Butzbacher Veterinärin Susanne Konschewski sagt im Rückblick auf jene Tage: „Wir haben um die Tiere gekämpft, aber es hat alles nichts gebracht.“
Wie der Sprecher erläutert, weisen die erkrankten Tiere unterschiedliche Symptome auf. Manche taumelten, andere wollten nicht fressen und sich kaum bewegen. Wieder andere hätten Wasser im Bauch, wie es bei FIP verbreitet sei.
Wie lange das Virus unter den Katzen im Tierheim schon umläuft, ist nicht ganz klar. Der Sprecher geht von einer Inkubationszeit von vier Monaten aus. Das heißt: Die im Oktober erkrankte Katze dürfte den Erreger seit Jahresmitte in sich getragen und anschließend offenbar weitergegeben haben. Die sich um diese Vorgänge rankenden Fragen lassen Raum für Spekulationen.
„Das alles macht mir insgesamt etwas Angst“, hebt die praktische Tierärztin Konschewski, die seit etwa einem halben Jahr auch für das Tierheim tätig ist, angesichts der unklaren Lage hervor. Zumal FIP in der Vergangenheit kein großes Thema gewesen sei – was auch eine Sprecherin des Tierheims in Gießen für ihr Haus sagt. Sie spricht von einigen wenigen Fällen in den vergangenen Jahren. Vorfälle wie in Butzbach gebe es im Gießener Tierheim bisher nicht.
Zypern-Variante des Erregers ausgeschlossen
Zudem hat Konschewski zuvor die Übertragung von Katze zu Katze nicht erlebt, wie sie sagt. „Wir haben zuerst gedacht, es betrifft nur einen Wurf“ – also ein Muttertier und dessen Abkömmlinge. Aber dies habe sich alsbald als Irrtum erwiesen.
Immerhin habe mittlerweile ein Labor die in Rede stehende sogenannte Zypern-Variante des Erregers anhand einer bei einem Kätzchen gezogenen Probe ausgeschlossen. Nun müssten die Butzbacher abwarten, bis die Fachleute beim Bundesinstitut in Greifswald den Erreger bestimmt hätten. Bisher konnten sie die Virusmutation schon anzüchten.
Nachgewiesen worden sind bei den erkrankten Tieren schon Caliciviren, die den Katzenschnupfen auslösen, wie die Veterinärin sagt. Angesichts dessen habe sie 16 augenscheinlich gesunde Katzen gegen diese Viren geimpft. Außerdem erhielten sie Mittel, die ihre körpereigene Abwehr stärkten. Dazu gehörten Aminosäuren und pflanzliche Stoffe.
Sie sei froh, dass die Krankheit nicht in jenen Tagen ausgebrochen sei, als sie im Tierheim angefangen habe. Denn seinerzeit lebten dort rund 80 Katzen, wie sie sich erinnert. In der Folge wären wohl noch weitaus mehr tote Tiere zu beklagen gewesen.
Spendenflut nach Facebook-Post und Medienbericht
Wie aber stemmt das Butzbacher Tierheim die Kosten der Behandlung mit dem aus dem Ausland importierten Mittel gegen Viren? Der Sprecher verweist auf eine Nachricht auf der Facebook-Seite der Einrichtung und einen Bericht der „Hessenschau“. Daraufhin haben sich zahlreiche Spender gemeldet, wie er sagt. „Manche geben 50 Euro, andere gleich 200 oder 300 Euro“, erläutert er.
Bisher seien auf diese Weise mehrere Tausend Euro zusammengekommen. Dieses Geld kann der Verein gut gebrauchen. Denn mit der Finanzierung der antiviralen Arznei ist es nicht getan: „Die ständigen Tierarztbesuche mit Blutbildern kommen natürlich noch on top“, sagte Heimleiterin Maid dem Sender.