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Pulitzer-Preise 2025 – Feierstunde in Krisenzeiten – Medien | ABC-Z

Es sind atemlose, surreale Wochen für Journalisten in Amerika. Kein Tag ohne neuen Wahnsinn von Donald Trump, und wer den Mann im Weißen Haus nicht für einen genialen Strategen hält, der gilt in seiner Welt schnell als Fake News. Besonders schwierige Zeiten seien dies für Medien und Herausgeber, sagte Marjorie Miller, als nun am Montagnachmittag in der Columbia University in New York die Pulitzer Preise 2025 bekannt gegeben wurden. „Trotz alledem, und zum Teil auch deswegen, ist heute ein Tag zum Feiern“, sprach die Journalistin und Verwalterin dieser bedeutendsten Trophäen der Branche, sie stand dabei an einem Pult neben einem Fenster mit der Freiheitsstatue darauf.

Prämiert wurden Arbeiten aus dem vergangenen Jahr, als dieser US-Präsident noch nicht im Amt war. Aber natürlich ging es auch um ihn und andere Tragödien der Gegenwart. So bekam die Washington Post gleich die erste der diversen Auszeichnungen, und zwar für ihre Berichterstattung über den Mordanschlag auf den Kandidaten Trump 2024 in Pennsylvania. Ein Triumph für die wackere Nachrichtenredaktion einer Zeitung, deren Ruf ansonsten schwer leidet, seit ihr Besitzer Jeff Bezos vor Trump in die Knie geht.

Dazu passend gewann Anna Telnaes in der Kategorie „Illustrated Reporting and Commentary“, inzwischen hat die Karikaturistin bei der Post gekündigt, weil eine ihrer Zeichnungen nicht erscheinen durfte. „Sie kommentierte mächtige Menschen und Institutionen mit Geschick, Kreativität und einer Furchtlosigkeit, die dazu führte, dass sie die Nachrichtenorganisation nach 17 Jahren verließ“, heißt es in der Laudatio. Das Trump-Attentat beschert auch Doug Mills von der New York Times einen Pulitzer Prize – er schoss während der Schüsse aus dem Sturmgewehr des Täters Fotos, von denen eines eine fliegende Kugel während der Rede des Republikaners zeigt.

Insgesamt fügen die New York Times und auch der New Yorker ihrer umfangreichen Sammlung je vier dieser Titel dazu. In „Explanatory Reporting“ wurde die Recherche über das Versagen der USA und ihr Beitrag zur Rückkehr der Taliban gewürdigt.  In „International Reporting“ schilderten der Afrika-Korrespondent Declan Walsh und die Redaktion preiswürdig das Drama im Sudan. In „Local Reporting“ setzten sich Times-Leute gemeinsam mit Kollegen von The Baltimore Banner durch, sie vermaßen die Katastrophe mit der tödlichen Droge Fentanyl in Baltimore.

Beim „Investigative Reporting“ fiel die Wahl für ein ähnliches Thema auf die Nachrichtenorganisation Reuters, die mutig beschrieb, wie laxe Regulierung in den USA und im Ausland dieses Teufelszeug so billig und verfügbar machen. In „National Reporting“ wurde das Wall Street Journal für die Beschreibung eines Multimilliardärs belohnt, der mittlerweile für Trump den Staat zerlegen darf. Die Jury lobte ihre Chronik der „politischen und persönlichen Veränderungen des reichsten Menschen der Welt, Elon Musk“.

ProPublica bekam im Bereich „Public Service“ den Titel für seine  Berichterstattung über den Tod schwangerer Frauen, deren Behandlungen sich verzögert hatten, weil Ärzte in US-Bundesstaaten mit strengen Abtreibungsgesetzen Angst hatten, vage Ausnahmeregelungen zu nutzen. Das beste Feature lieferte nach Ansicht der Juroren Mark Warren vom Esquire mit seinem Porträt eines Baptistenpastors und Kleinstadtbürgermeister porträtierte, der Suizid beging, „nachdem sein geheimes digitales Leben von einer rechtsgerichteten Nachrichtenseite aufgedeckt worden war“.

In der Sparte Kommentar wurde Mosab Abu Toha vom New Yorker Herr Abu Toha mit seinem Essay, so die Begründung, „über das physische und emotionale Gemetzel im Gazastreifen“ ausgewählt. Beim „Editorial Writing“ sind es drei Autorinnen und ein Autor mit ihrer Serie über gefährliche Bahnübergänge. Im Finale war da auch die New York Times, die das wohl am meisten gefürchtete Szenario schilderten, einen Atomkrieg. Bei „Feature Photography“ ist der Sieger Moises Saman vom New Yorker, der den Horror im Gefängnis Sednaya in Syrien schwarzweiß ausleuchtete.

Mit einem weiteren Pulitzer bedachte das Gremium auch die Audio-Abteilung des Magazins, mit ihrem Podcast „In the Dark“ befassten sich die Geehrten mit der Ermordung unbewaffneter Zivilisten in Irak, obwohl das US-Militär bei den Ermittlungen offenbar wenig hilfreich war. Politisch wird es in Zeiten verbotener Bücher natürlich auch bei Literaten und Historikern. So sind in History nun Kathleen DuVal und Edda L. Fields-Black für ihre Bücher über indigene Völker und über einen Sklavenaufstand Pulitzer-Preisträger. Ebenso wie Benjamin Nathans, der an die Bewegung sowjetischer Dissidenten erinnerte und beim Bestseller „James“ von Percival Everett, für das Pulitzer-Komitee „eine gelungene Neuinterpretation von Huckleberry Finn, die Jim eine Rolle gibt, um die Absurdität der Rassenvorherrschaft zu verdeutlichen“.

Beifall von Donald Trump und weiteren Vertretern seiner Maga-Bewegung ist da eher nicht zu erwarten. Aber das ist auch defintiv kein Ziel dieser Preise, bei denen sich der amerikanische Journalismus und die amerikanische Litertur in unerfreulichen, ja gefährlichen Momenten zurecht selbst feiern.

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