Gesundheit

Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz: Frankfurt gegen Weitergabe von Patientendaten |ABC-Z

Die vom Land Hessen geplanten Änderungen des Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetzes stoßen bei Frankfurts Sozial- und Gesundheitsdezernentin Elke Voitl (Die Grünen) und der Leitung des Gesundheitsamtes auf Kritik. Voitl bezeichnet den Entwurf als Paradigmenwechsel, aber als einen „negativen“. Auch Psychiater und andere Experten hatten in der Vergangenheit schon Kritik geäußert.

Der Gesetzentwurf der hessischen CDU und SPD sieht vor, dass Personen, die aus einer Psychiatrie entlassen werden, den Ordnungsbehörden gemeldet werden. Dies soll jedoch nur für Patienten gelten, die sich in Behandlung befanden, weil sie eine Gefahr für andere waren, und bei denen auch nach der Entlassung „aus medizinischer Sicht die Sorge besteht“, dass „ohne weitere ärztliche Behandlung eine Fremdgefährdung ausgehen könnte“.

„Gesetz soll Kranken dienen und nicht der Ordnungspolitik“

Das ist laut Voitl „hochproblematisch“. Das Gesetz solle eigentlich, wie der Name es nahelege, der Hilfe der psychisch Kranken dienen, sagte die Leiterin der Abteilung Psychische Gesundheit des Gesundheitsamtes, Christiane Schlang, im Gesundheitsdezernat. „Und nicht der Ordnungspolitik.“

Ärzte seien dafür da, um ihre Patienten zu beraten und zu behandeln, und nicht, um sie an Ordnungsbehörden zu melden, sagte auch Peter Tinnemann, Leiter des Gesundheitsamtes. Den Vorschlag von CDU und SPD findet er „bedenklich“. Er gefährde das Vertrauen zwischen Arzt und Patient vor allem, wenn der Eindruck entstehe, die ärztliche Schweigepflicht gelte nicht mehr. Das und Vertrauen seien aber die Grundlage für eine Behandlung.

Laut Gesetzentwurf ist die Reform eine Reaktion auf „Vorkommnisse wie in Aschaffenburg, Hamburg oder Hanau“. In Aschaffenburg hatte Anfang des Jahres ein 28 Jahre alter Mann, der sich in psychiatrischer Behandlung befand, einen Jungen und einen Mann mit einem Messer getötet, drei andere wurden verletzt.

Ereignisse wie diese ließen sie „nicht kalt“, sagte Schlang. Ein geeignetes Argument für die Reform seien sie trotzdem nicht. Aschaffenburg liegt in Bayern, wo Entlassene den Sicherheitsbehörden schon gemeldet werden müssen. „Und es ist trotzdem passiert“, sagte ­Voitl. Schlang fordert, solche Taten sachlich einzuordnen und klarzumachen, was „realistischer Handlungsbedarf und was politischer Aktionismus“ sei.

Weitergabe von Daten schon in Strafgesetzbuch geregelt

2024 seien in Deutschland 668 Menschen Opfer von Mord und Totschlag gewesen, 411 Menschen seien durch Ertrinken gestorben und 10.300 hätten sich suizidiert, zählte Schlang auf. „Wer also wirklich Menschenschutz betreiben will, muss Schwimmkurse finanzieren und Suizidprävention fördern.“ Daten von Patienten weiterzugeben, rette niemanden.

Voitl sagte, sie habe „wirklich Bedenken“, was die geplante Gesetzesänderung betrifft. Unklar sei, was überhaupt mit den Daten der Menschen geschehe. Das Strafgesetzbuch regele schon die Weitergabe von Daten von Menschen, von denen eine Gefahr ausgehe, sagte Voitl. „Das ist aus unserer Sicht so gut händelbar.“ Derzeit würden außerdem Daten von in Kliniken untergebrachten Personen nach deren Entlassung an den Sozialpsychiatrischen Dienst der Stadt gemeldet, damit eine ordnungsgemäße Nachbehandlung möglich sei, sagte Tinnemann. „Das sind aber dann Ärzte und nicht Polizisten.“

Voitl und das Gesundheitsamt sehen jedoch am Gesetz ebenfalls Reformbedarf. Es biete derzeit zu große Interpretationsspielräume, was in Hessen zu einem uneinheitlichen Umgang mit psychisch Kranken führe. Darunter falle etwa die Formulierung „erhebliche Gefährdung“. Es sei nicht eindeutig, was darunter falle, jeder Richter oder Arzt entscheide das selbst. Voitl und das Amt fordern deshalb sogenannte Ausführungsbestimmungen, die das regeln.

PsychKHG hat zu große Interpretationsspielräume

Psychisch Kranke dürften nicht länger stigmatisiert werden, sagte die Stadträtin. Seit Jahren setze sich ihre Behörde dafür ein. Außerdem brauche es eine bessere Versorgungsstruktur für psychisch Kranke wie eine bessere Ausstattung der psychiatrischen Kliniken, sagte Tinnemann. „Eine Liste mit Daten wird dabei nicht helfen.“

Voitl fordert stattdessen finanzielle Unterstützung vom Land für Projekte der Stadt für psychisch Kranke, beispielsweise die aufsuchenden Psychiater der Malteser im Bahnhofsviertel. Man habe viele gute Ideen. „Es wäre schön, wenn das Land das finanzieren würde“, sagte Voitl. „Das würde mehr Sinn machen als so ein Gesetz.“

In der Anhörung im Hessischen Landtag zum Gesetzentwurf am 3. September wollen Voitl und Tinnemann ihre Bedenken vortragen.

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