Kultur

Prozess um Kindsmord: Totes Neugeborenes im Wäschekorb | ABC-Z

Auf den ersten Blick hat nichts auf ein Verbrechen hingedeutet. Die Wohnung in einem Wohnblock in Neu-Isenburg, welche die Polizisten betreten haben, machte einen normalen und aufgeräumten Eindruck, Blutspuren waren nicht zu sehen. So schildern es übereinstimmend eine Kriminalbeamtin sowie Streifenpolizisten und Beamte des Kriminaldauerdienstes am Montag als Zeugen im Gerichtssaal in Darmstadt.

Erst im Bad wurde offenbar, weshalb die Polizei alarmiert worden war, wie ein 26 Jahre alter Streifenpolizist berichtet. Hinter der Tür stand nach seinen Worten ein Wäschekorb voller Handtücher, obenauf ein gelbes Tuch. Darunter sah der Beamte einen Säugling auf weiteren Handtüchern liegen. Die Leichenstarre hatte schon eingesetzt, als er das Neugeborene in die Hände nahm und hochhob, berichtet der Zeuge. Der kleine Körper sei noch warm und die Nabelschnur noch vorhanden gewesen. Außerdem waren Stichverletzungen an Brust und Hals des Babys erkennbar, wie mehrere Beamte aussagen. An den Handtücher sei ein wenig Blut gewesen.

Die Jugendstrafkammer des Landgerichts in Darmstadt muss den Todes dieses Kindes aufklären. Angeklagt ist eine 21 Jahre alte Schülerin, der vorgeworfen wird, ihr Kind nach der Geburt getötet zu haben. Mitangeklagt ist ihr Verlobter, ein 26 Jahre alter Mann. Der Anklage zufolge war die Frau ungewollt schwanger geworden und hatte die Schwangerschaft vor ihren Eltern verheimlicht.

Was die Angeklagte zum Todestag des Kindes sagt

Am Tag der Geburt soll das Paar das Kind mit Stichen mit einer Nagelschere getötet haben. Die Staatsanwaltschaft sieht darin einen Mord aus einem niedrigen Beweggrund und ein grausames Vorgehen.

Am ersten Verhandlungstag hatte einer der beiden Verteidiger der Angeklagten eine Erklärung in ihrem Namen vorgelesen. Darin räumt die junge Frau ein, sie habe verdrängt, dass sie schwanger gewesen sei, und habe niemandem davon erzählt. Das Kind habe sie zuhause im Bad allein zur Welt gebracht und dann keine Lebenszeichen festgestellt. Daran, was dann folgte, könne sie sich nicht erinnern. Sie wisse nur noch, dass sie später Blut aufgewischt und selbst geblutet habe. „Ich wusste, dass ich etwas Schreckliches getan hatte“, heißt es in der Einlassung.

Als am Montag, dem zweiten Verhandlungstag, ein Foto des toten Säuglings in dem Wäschekorb, aufgenommen von den Tatortermittlern der Polizei, auf einer Leinwand im Ge­richtssaal gezeigt wird, kommen der Angeklagten die Tränen. Die junge Frau stützt die Stirn auf die Hände und schaut vor sich auf den Tisch.

Ihr Freund erklärte ebenfalls über seine Anwältin, er habe von der Schwangerschaft und der Geburt nichts mitbekommen und mit dem Tod des Neugeborenen nichts zu tun.

Polizei findet doch noch Blutspuren

Am Montag berichteten Kriminalpolizistinnen und -polizisten von Details der Ermittlungen. So wurden nach den Worten einer 26 Jahre alten Beamtin am Tag nach der Geburt in der Wohnung, in der die Angeklagte mit ihrer Mutter lebte, Bad, Flur und Schlafzimmer mit Hilfe einer Chemikalie, Luminol, auf Blutspuren untersucht, die mit dem bloßen Auge nicht sichtbar sind. Dabei hätten sich doch Spuren gezeigt, die darauf hindeuteten, dass Blut weggewischt worden sei.

Die Kriminalkommissarin befragte nach eigenen Worten auch in der Schule der Angeklagten ihren Klassenlehrer und die Sitznachbarn, die von ihrer Schwangerschaft nichts wussten. In der Schule habe man allerdings von auffällig vielen Fehlstunden berichtet. In dem Hotel, in dem die Schülerin mit einem Minijob gearbeitet habe, sei die Schwangerschaft ebenfalls nicht bekannt gewesen, wie die Befragung der Personalchefin ergeben habe. In demselben Hotel war auch der Verlobte beschäftigt, nämlich in der Bar.

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