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Prozess in München: Opfer um mutmaßliches Mordkomplott im Kreis Dachau sagt aus – Dachau | ABC-Z

Er trägt ein schwarzes Gesichtstuch, das er sich bis kurz unter die Augen gezogen hat und eine dunkelgraue Baseballmütze. Bernd S. (Name geändert) wendet sich ab, als ihn Pressefotografen am Dienstagvormittag vor dem Schwurgericht am Landgericht München II ablichten wollen. Erst als der Vorsitzende, Richter Thomas Bott, und die übrigen Mitglieder seiner Kammer den Saal B 273 am Strafjustizzentrum in der Nymphenburger Straße betreten und die Verhandlung beginnt, nimmt der 56-Jährige Gesichtstuch und Mütze ab.

Bernd S. sollte laut Anklage der Staatsanwaltschaft Opfer eines Mordkomplotts werden, das seine inzwischen von ihm geschiedene Frau Patricia und deren Tochter Cindy aus erster Ehe ausgeheckt haben. Angeblich hatten sie es auf das Vermögen von Bernd S. abgesehen. Doch die Tat, den ein eigens dafür angeheuerter mutmaßlicher Auftragskiller vor dem Haus von Bernd S. im Landkreis Dachau in die Tat umsetzen sollte, scheiterte. Der 56-Jährige überlebte schwer verletzt.

Bernd S. tritt als Nebenkläger in dem Prozess auf. Er wirkt äußerlich ruhig und gefasst und ist leger gekleidet. Sein Hemd trägt er über der Hose. Als früherer Ehemann von Patricia S. könne er sich auf sein Zeugnisverweigerungsrecht berufen, belehrt ihn Richter Bott. Doch der 56-Jährige besteht auf seine Vernehmung. „Es geht um mein Leben“, sagt er zum Vorsitzenden.

Tatsächlich hatte der frühere Anlageberater, der mittlerweile Privatier ist, unglaublich viel Glück, als er in späten Abendstunden des 24. Januar vergangenen Jahres vor seinem Haus unvermittelt von einem Unbekannten mit einer Axt attackiert wurde. Trotz schwerster Verletzungen, unter anderem am Kopf, überlebte er. Bei dem mutmaßlichen Angreifer soll es sich um Radi S. handeln. Er ist ebenso wie Patricia S. und der 34-jährige Nikolay B. wegen versuchten Mordes angeklagt. Nikolay B. ist der Partner von Cindy W., die sich wegen Anstiftung zum Mord verantworten muss.  Der 34-jährige B. soll Radi S. in jener Nacht zum Tatort gefahren haben.

Eigentlich sei er vors Haus gegangen, um Sterne zu beobachten, berichtet Bernd S. Zuvor habe er seiner Frau noch einen Kuss gegeben. „Okay, ich geh’ jetzt raus“, habe er noch zu ihr gesagt und sei vor die Tür getreten. Als er nach ein paar Schritten nach links vor die Garage gelaufen sei, habe er „diesen Schatten, diese Axt gesehen, die auf mich runterkam“.  Die Wucht des Schlags sei „unfassbar“ gewesen. „Mich drehte es.“ Zweimal habe der Unbekannte auf ihn eingeschlagen. Dann sei er erst einmal für einen Augenblick bewusstlos gewesen, so S.

Als er wieder zu sich gekommen sei, habe er zwei Männer über sich wahrgenommen. „Sie diskutierten in einer ausländischen Sprache“, sagt der 56-Jährige. Bei dem einen soll es sich um Nikolay B. gehandelt haben. Er habe daraufhin versucht, beide „mit den Füßen wegzustrampeln“, schildert Bernd S. dem Gericht. Dann habe er seinen Nachbarn gehört, der offenbar auf das Geschehen vor der Garage aufmerksam geworden war. Als der Nachbar mit einer Taschenlampe zu seinem Anwesen geleuchtet habe, so Bernd S., seien die Unbekannten getürmt und er habe sich ins Haus gerettet und auf den Boden gelegt. „Ich habe mich gefühlt, wie ein Boxer in der zwölften Runde.“

Und wie es ihm heute gehe, fragt Richter Bott den Privatier am Ende der Vernehmung. „Der körperliche Schmerz ist noch der geringste von allem“, antwortet Bernd S. Viel schwerer zu ertragen sei die „seelische Belastung“.

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