Wirtschaft

Prozess des Jahrzehnts: Internetriese Google entgeht Zerschlagung – und kritisiert „Enteignung unseres geistigen Eigentums“ | ABC-Z

Es gilt als Erfolg für Google: Nach einem Urteil muss der Mutterkonzern Alphabet weder seinen Chrome-Browser noch das Betriebssystem Android verkaufen. Zugleich ordnete das Gericht strenge Auflagen an – gegen die sich das Unternehmen wehren will.

Die US-Regierung ist vor einem Gericht in Washington mit der Forderung nach einer Zerschlagung von Google gescheitert. Bundesrichter Amit Mehta beschloss, dass der Internetriese nicht gezwungen werden soll, sich vom Webbrowser Chrome und dem Mobil-Betriebssystem Android zu trennen. Die Regierung sei mit ihren Forderungen zu weit gegangen, schrieb er.

Zugleich untersagte der Richter Google in seinem 230 Seiten langen Urteil exklusive Vereinbarungen über die Verbreitung seiner Dienste wie der Web-Suche, Chrome oder der KI-Software Gemini. Allerdings wird der Konzern andere Unternehmen wie Apple oder den Firefox-Entwickler Mozilla grundsätzlich weiterhin dafür bezahlen können, dass sie seine Dienste vorinstallieren.

Apple bekam nach Informationen aus dem Prozess Milliarden dafür, dass die Google-Suche auf iPhones als Standard vorinstalliert wurde. Für Mozilla ist die Vorinstallation der Google-Suche in Firefox eine zentrale Einnahmequelle. In der EU werden Nutzer inzwischen ausdrücklich gefragt, welche Suchmaschine sie nutzen wollen. Einen solchen Auswahl-Zwang für die USA lehnte der Richter ab.

Google wird zugleich einige Daten aus seiner Suchmaschine mit Konkurrenten teilen müssen. Das betrifft unter anderem teilweise den Suchmaschinen-Index, den Google beim Durchforsten des Internets erstellt, sowie einige Informationen zu Interaktionen mit Nutzern. Die Daten sollen konkurrierenden Suchmaschinen wie Microsofts Bing oder DuckDuckGo, aber auch KI-Firmen wie dem ChatGPT-Entwickler OpenAI bei der Entwicklung ihrer Konkurrenzprodukte helfen. Ein technisches Komitee soll die Umsetzung der Maßnahmen überwachen, die 60 Tage nach Eintritt des endgültigen Urteils in Kraft treten. Die Staatsanwaltschaft hatte weitreichendere Maßnahmen gefordert, darunter einen Zwangsverkauf des Browsers Chrome, um Googles Marktmacht bei der Internet-Suche einzudämmen.

An der Börse wurde das Urteil als Erfolg für Google gesehen: Die Aktie des Mutterkonzerns Alphabet stieg im nachbörslichen Handel zeitweise um sieben Prozent. Auch für das Papier von Apple ging es um drei Prozent nach oben.

Google kündigte Berufung an

Der Entscheidung ging ein fünfjähriger Rechtsstreit voraus. Im August 2024 war Google von Bundesrichter Mehta für schuldig befunden, mit seiner Suchmaschine eine illegale Monopolbildung betrieben und diese jahrelang ausgenutzt zu haben. Alphabet beherrscht etwa 90 Prozent des Suchmaschinen-Marktes und streicht den Löwenanteil der weltweiten Ausgaben für Online-Werbung ein. Das Justizministerium forderte daraufhin die Abspaltung von Chrome sowie weitere Beschränkungen wie das Verbot von Verträgen mit Herstellern wie Apple und Samsung über die Vorinstallation von Google-Apps auf ihren Geräten. Google und sein Mutterkonzern Alphabet kritisierten die Forderungen als überzogen und „radikal“. In dem Folgeprozess in Washington ging es nun ab Montag um die Konsequenzen.

Das Verfahren gilt als „Prozess des Jahrzehnts“, weil die USA erstmals seit langer Zeit einem Unternehmen die Bildung eines illegalen Monopols vorwerfen. Im Jahr 1998 erlitt Microsoft eine Niederlage im Streit über die enge Verzahnung seines Browsers Internet Explorer mit dem Betriebssystem Windows. Der Software-Konzern entging damals nur dank eines Vergleichs einer Zerschlagung. Dieses Schicksal erlitt AT&T, nachdem 1974 eine Kartellklage gegen den Telekom-Anbieter eingereicht worden war.

Die aktuelle Entscheidung könnte zugleich nur ein Zwischenschritt sein: Google kündigte bereits an, danach in Berufung zu gehen. Sundar Pichai, der sowohl Google als auch den Mutterkonzern Alphabet leitet, sprach von einer „faktischen Enteignung unseres geistigen Eigentums“. Der Internet-Konzern musste aber zuerst die Entscheidung zu den Konsequenzen abwarten, um auch das Urteil aus dem Monopol-Prozess anfechten zu können.

Neben dem Verfahren wegen seiner Suchmaschine ist Google zudem in weitere Rechtsstreitigkeiten über seine Vormachtstellung in anderen Märkten verwickelt. So will der Konzern gegen ein Urteil ankämpfen, das ihn zur Umgestaltung seines App-Stores verpflichtet. Zudem steht im September ein weiterer Prozess des Justizministeriums wegen illegaler Monopole bei Online-Werbetechnologie an.

Das Vorgehen gegen Google geht auf die Vorgängerregierung von Präsident Joe Biden zurück. Beide Verfahren gegen Google sind zugleich Teil eines parteiübergreifenden Vorgehens der US-Behörden gegen große Technologiekonzerne, das während der ersten Amtszeit von Präsident Donald Trump begann und sich auch gegen Meta, Amazon und Apple richtet.

dpa/AFP/Reuters/dp

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