Berlin

Proteste gegen A100-Eröffnung in Berlin: Heimlich und hochgesichert | ABC-Z

Berlin taz | Der große Tag der Eröffnung des 16. Bauabschnitts der A100 beginnt mit Gemecker. Allerdings nicht von den Geg­ne­r:in­nen des Projekts, die sich hier am Vormittag am neuen Ende der Autobahn am Treptower Park auf dem Gehsteig versammelt haben, sondern von einem, der eigentlich von ihr profitieren soll: „Jetzt klopft ihr hier extra ‘ne neue Autobahn hin, nur um dann die Straßen zu verstopfen!“, schimpft ein Autofahrer durch sein Fenster in Richtung Polizei. Denn die blockiert mit einem knappen Dutzend Wannen eine Spur der Straße am Treptower Park, wo ab heute bis zu 100.000 Autos täglich einlaufen sollen.

Etwa fünfzig Ak­ti­vis­t:in­nen haben sich hier am Vormittag versammelt und posieren vor großen roten Lettern, die das „Ende“ des Ausbaus der A100 an dieser Stelle symbolisieren. „Wir feiern heute das Ende dieser Autobahn! Es wird keinen Meter Neubau in dieser Stadt mehr geben!“, ruft Briti Beneke von der Bür­ge­r:In­nen­in­itia­ti­ve A100 selbstbewusst ins Mikrofon.

Sie betont, dass für die Ak­ti­vis­t:in­nen heute nicht nur ein Tag der Niederlage ist, weil entgegen ihres jahrelangen Widerstands der 16. Abschnitt von Neukölln bis zum Treptower Park tatsächlich eröffnet wird, sondern auch der Beginn einer neuen Auseinandersetzung: die um den drohenden Weiterbau der A100 durch Friedrichshain bis zur Storkower Straße.

Zunächst zählt Beneke aber nochmal die Statistik der Zerstörung des 16. Abschnitts auf: 314 Kleingärten, 450 Bäume, 89 Wohnungen, 100.000 Quadratmeter zusätzlich versiegelte Fläche und Zehntausende zusätzliche Autos über die Elsenbrücke sei die Konsequenz der 3,2 Kilometer langen Strecke, die mit Kosten in Höhe von 721 Millionen Euro als die teuerste Autobahn Deutschlands gilt.

Lebensfeindliche Fläche

„Heute ist ein trauriger Tag. Was wir nicht auf der Fläche sehen, sind neu gebaute Wohnungen, eine Fahrradtrasse, ein Schwimmbad, einfach Raum zu leben“, sagt Beneke. Sie spricht von einer „lebensfeindlichen Fläche“, die hier gebaut worden sei. „Jeder, der sie zu Fuß betritt, wird getötet“, sagte sie.

Vieles, was traditionell zu einer Autobahneröffnung gehört, findet heute allerdings nicht statt. Das Durchschneiden des roten Bandes wurde im Vorfeld komplett abgesagt, nun findet es doch in kleinem Rahmen statt. Streng abgesichert durch die Polizei und mit minimaler Beteiligung. Von einem großen Volksfest, das Autobahneröffnungen in der Vergangenheit oft waren, ist nichts zu spüren.

Stattdessen findet der große Festakt unter Ausschluss der Öffentlichkeit im Estrel-Hotel statt – aus Angst vor den Protesten der Autobahngegner:innen. Erst in der Nacht wird doch noch ein Pressetermin vor Ort angekündigt, wohl inklusive des Bundesverkehrsministers Patrick Schnieder und Bürgermeister Kai Wegner. Am Treptower Park sammeln sich mittags Personenschützer des LkA.

Die Aktivist:innen, die hier eigentlich nur für einen kurzen Fotostunt am Vormittag gekommen sind, entscheiden sich hierzubleiben, um den neuen improvisierten Festakt zu begleiten.

Nächtliche Aktion erfolglos

Bereits in der Nacht hatte die Polizei mögliche nächtliche Aktionen von Ak­ti­vis­t:in­nen weitgehend verhindern können. In den frühen Morgenstunden glich das Areal in dem neuen Autobahnabschnitt einer Hochsicherheitszone. Auffällig viel Polizei ist in den Straßen unterwegs, aber auch Kleingruppen von vermummten jungen Leuten auf Fahrrädern, die sichtlich auf eine Möglichkeit warten, noch in Aktion treten zu können.

Doch auf allen Brücken über dem neuen Abschnitt steht Polizei bereit und fotografiert aus ihren teils zivilen Autos jede:n, der es wagt, auf einer Brücke anzuhalten. Ganz verhindern kann die Polizei die Aktionen der Au­to­bahn­geg­ne­r:in­nen aber nicht.

In der Brücke an der Dieselstraße schaffen es ein paar Farbbomben auf den Asphalt, die aber sofort von Sonderreinigungstrupps der BSR entfernt werden.

Der offizielle Festakt der Autobahneröffnung startet um 14 Uhr im Estrel. Bereits ab 13 Uhr hat das Bündnis A100 wegbassen Proteste vor dem Hotel angekündigt. Auch hier das selbstbewusste Motto: „Das ist das Ende der Klimazerstörung und der Anfang der Mobilitätswende“.

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