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Profit statt Menschenrechte: Wladimir Putin lockt Donald Trump und die USA mit gemeinsamer Ausbeutung der Ukraine | ABC-Z


USA derzeit von China abhängig

Putin lockt Trump mit gemeinsamer Ausbeutung der Ukraine

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Trumps Deal über Seltene Erden mit der Ukraine steht kurz vor der Unterschrift. Zugleich lockt Russlands Präsident Putin öffentlich mit einer Reihe von Angeboten – von der Ausbeutung der besetzten Gebiete bis Aluminium in Sibirien.

Zum ersten offiziellen Treffen mit Donald Trumps Unterhändlern in Saudi-Arabien brachte der Top-Investmentmanager des Kremls eine ausgedruckte Tabelle mit. „Verluste amerikanischer Unternehmen nach Branchen“, stand darauf. Die „Gesamtverluste“ belaufen sich demnach auf 324 Milliarden Dollar – weil US-amerikanische Unternehmen sich nach dem russischen Überfall auf die Ukraine aus Russland zurückzogen hätten. So beschreibt die „New York Times“ die Verhandlungstaktik Moskaus gegenüber der US-Regierung bei ihren Beratungen in der vergangenen Woche.

Der US-Präsident hat mehrfach deutlich gemacht, dass ihm vergangene Bündnisse und Prinzipien ziemlich egal sind. Nicht die Mittel, sondern der Zweck zählt. Und der ist, was am Ende zählbar dabei herauskommt. Das Ende des Ukraine-Krieges sei „der Schlüssel, der die Tür zu potenziell historischer wirtschaftlicher Zusammenarbeit öffnet“, schwärmte US-Außenminister Marco Rubio nach den stundenlangen Gesprächen.

Russlands Präsident Wladimir Putin lockt Trump nun zusätzlich mit Deals: Bessere Beziehungen zu Moskau bedeuten in dieser Logik mehr Profit für die USA. Die stellen wiederum ein Ende ihrer Sanktionen in Aussicht. Über den Angriffskrieg an sich, die Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen wie in Butscha wird nicht öffentlich geredet oder der Ukraine fälschlicherweise die Schuld in die Schuhe geschoben.

Am Montag sagte Trump, es stünden große Geschäfte mit Russland an. Putin traf sich zwei Stunden danach unangekündigt mit seinen Ministern und Wirtschaftsberatern. Dabei machte er deutlich: Russland würde gerne seine Seltenen Erden an US-Unternehmen verkaufen, auch aus seinen besetzten Gebieten in der Ukraine. Zudem könnten diese auch bei der Aluminiumproduktion in Sibirien oder im Energiesektor mit Russland kooperieren. Das klang vor zwei Jahren noch ganz anders. Da warf Putin den USA vor, Russland „zerstückeln“ zu wollen, um an seine Rohstoffe zu kommen. Nun möchte er die kontrollierten Gebiete in der Ukraine gemeinsam mit den Vereinigten Staaten wirtschaftlich ausbeuten. Die haben sich parallel bereits mit Kiew über Rohstoffförderung im nicht besetzten Teil des Landes geeinigt.

China als Hauptkonkurrent

Die neue Regierung in Washington sieht insbesondere China als den größten wirtschaftlichen und damit geopolitischen Konkurrenten, das hat die neue Regierung immer wieder klargemacht. Zugleich importieren die Vereinigten Staaten jedoch fast sämtliche ihrer Seltenen Erden, davon kommen über zwei Drittel aus China. Wichtig sind die Rohstoffe insbesondere für die herstellende Industrie – Chemie, Öl, Technik und Militär. Im Dezember hatte China die Ausfuhren verschiedener Seltener Erden in die USA verboten und erschwert, mit voraussichtlichen Auswirkungen auf die Produktion von Halbleitern, Elektronik, Waffen, Solartechnik und Elektrofahrzeugen. Für ein Industrieland wie die USA sind sie unverzichtbar.

Etwa ein Drittel der europäischen Lithiumvorkommen lagern in der Ukraine, aber auch vergleichsweise große Mengen an Erdgas, Mangan- und Eisenerzen, Quecksilber, Titanium, sowie die größten Uranvorkommen Europas. Nach Angaben des ukrainischen Wirtschaftsministeriums existieren Vorkommen von 22 der 34 Rohstoffe, die von der EU als kritisch eingestuft werden. Auch hat das Land riesige landwirtschaftliche nutzbare Flächen, exportiert Mais, Weizen, Sonnenblumenprodukte und andere Erträge. Dies geschieht größtenteils über die Häfen; etwa 87 Prozent der Ernte wurden im vergangenen Jahr über den Seeweg ausgeführt.

Die Erschließung der Bodenschätze sei sehr schwierig und teuer, sagte Iryna Suprun, Geschäftsführerin der Geological Investment Group, einer Bergbauberatungsfirma mit Sitz in der Ukraine, zu BBC. „Wir werden Technologien bekommen, die unserer Bergbauindustrie so sehr fehlen“, wird sie über die Vorteile eines solchen Abkommens zitiert: „Wir werden Kapital erhalten. Das bedeutet mehr Arbeitsplätze, Steuerzahlungen. Wir werden Einnahmen aus der Erschließung der Bodenschätze erzielen.“

Vorschlag zu kolonialer Unterwerfung

Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte schon vor der US-Wahl im Rahmen seines „Siegesplans“ im September die Idee ins Spiel gebracht, Kiew könne weitere US-Militärhilfen oder Sicherheitsgarantien gegen den russischen Angriffskrieg mit Bodenschätzen an die Vereinigten Staaten bezahlen. Das war Musik in Trumps Ohren, der einen Plan ausarbeiten ließ, der jedoch die Idee zum eigenen Vorteil auf den Kopf stellte. 500 Milliarden Dollar sollten von der Ukraine in die USA fließen, schlug das Weiße Haus vor. Aber nicht für zukünftige Sicherheitsgarantien gegen Russland. Sondern als Rückzahlung bereits geleisteter Hilfen.

Öl und Gas, Seltene Erden, Kontrolle über Häfen – die vorgeschlagenen Beteiligungen, die einer kolonialen Unterwerfung nahe kämen, waren umfassend. Selenskyj lehnte ab. „Zehn Generationen von Ukrainern“ hätten so dafür zahlen müssen, kritisierte er; etwa 250 Jahre. „Ich kann unser Land nicht verkaufen.“ Der erste Vorschlag sah aufgeteilte Erträge auf Rohstoffe vor, ein folgender sogar die komplette Kontrolle der USA. Die beiden Staatschefs gifteten sich danach öffentlich an, aber die Verhandlungen liefen weiter.

Eine Einigung könnten beiden Seiten laut eigenen Angaben sehr bald unterschreiben. Die 500 Milliarden waren eine Fantasiezahl angeblich bereits geleisteter US-Hilfen, die Trump mehrfach nannte. Tatsächlich sind es laut des Kiel Instituts etwas mehr als 110 Milliarden Euro, fast ebenso viel, wie die EU und ihre Mitgliedsstaaten aufbrachten. Die US-Hilfen wurden nicht als Kredit gezahlt, sondern im vorherigen Eigeninteresse geleistet. Trumps Vorgänger Joe Biden sah die Ukraine im globalen Konflikt zwischen Demokratien und Autokratien als ersten Dominostein, der nicht an Russland fallen durfte.

Nun hat sich Lage komplett verändert. Als der neue US-Verteidigungsminister Pete Hegseth vor zwei Wochen das erste Mal eine Pressekonferenz bei der Nato gab, sagte er: „Werte sind wichtig.“ Für militärische Stärke gebe es jedoch keinen Ersatz. „Werte kann man nicht schießen.“ Dieses Prinzip verfolgt auch Putin in der Ukraine. Er und Russland könnten für ihren Angriffskrieg und die Menschenrechtsverletzungen belohnt werden; die USA unter Trump mit profitieren. Ob das der Ukraine und Europa mehr Sicherheit bringt?

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