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Pro Sieben Sat.1 weist Vorwürfe zurück | ABC-Z

Die Ankündigung von ARD und ZDF, gegen die „Einbettung“ ihrer Mediatheken in die Streamingplattform von Pro Sieben Sat.1, Joyn, rechtlich vorzugehen, hat in dem Münchner Medienhaus Staub aufgewirbelt. In einem kurzfristig anberaumten Pressegespräch verteidigte Markus Breitenecker, Vorstandsmitglied und Chief Operating Officer bei Pro Sieben Sat.1, das Vorgehen seines Senders. Es entspreche europarechtlichen Regelungen und dem Entwurf des Medienstaatsvertrags, der eine Verlinkung öffentlich-rechtlicher Angebote auf privaten Plattformen ausdrücklich gutheiße. Man tue nur, so Breitenecker, was erlaubt und politisch erwünscht sei.

Der Pro-Sieben-Sat.1-Vorstand will das Einbetten von ARD und ZDF als Dienst an der Gesellschaft verstanden wissen. Die Dominanz globaler Plattformen habe zu einem neuen Verhältnis zu den beitragsfinanzierten Sendern geführt. Man setze auf Kooperation statt Konkurrenz. Insgesamt 26 Gespräche habe man in den vergangenen zwei Jahren mit Intendanten von ARD und ZDF über das geplante Embedding geführt. Da habe es zwar Wünsche über das Wie gegeben, aber kein klares Nein. Zudem habe man ARD und ZDF sechs Wochen vor dem Start davon unterrichtet, dass es mit dem „Embedding“ losgehe.

Dem Betatest haben ARD und ZDF nicht zugestimmt

Breitenecker räumte auf Nachfrage aber ein, dass ARD und ZDF dem Betatest, wie er bei Joyn gerade läuft, in der jetzigen Form nicht ausdrücklich zugestimmt haben. Die Öffentlich-Rechtlichen widersprechen wohl vor allem deshalb, weil ihre Mediatheken bei Joyn nicht eins zu eins verlinkt sind, sondern kuratiert werden. Das ließe sich aber alles ändern, hieß es im Pressegespräch. Pro Sieben Sat.1 hatte gehofft, dass das, wie schon in Österreich, geduldet würde. Dort gibt es seit drei Jahren ein vergleichbares Embedding, gegen das der ORF nicht protestiert. Man habe erwartet, dass ARD und ZDF den Vorteil für sich sähen. Breitenecker hofft, dass im nächsten Gespräch, Ende Februar, mögliche Probleme ausgeräumt werden. Er schließe nicht aus, den Betatest auch abzubrechen, wenn beide Sender bei ihrer Position blieben: ARD und ZDF hatten in den vergangenen zwei Tagen rechtliche Schritte gegen den Coup von Joyn angekündigt.

Mark D. Cole, Direktor des Europäischen Instituts für Medienrecht in Saarbrücken, begründete in dem Gespräch das seiner Meinung nach rechtmäßige Handeln von Pro Sieben Sat.1 mit Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und dem Entwurf des Reformstaatsvertrags. Die Verlinkung sei die DNA des Internets. Müssten Einbettungen genehmigt werden, funktioniere das Internet nicht, so die europarechtliche Sicht. Das Embedding berühre keine Urheberrechtsfragen, wenn der Link öffentlich zugängig sei. Zustimmen müssten ARD und ZDF auch nicht, das stelle der neue Reformstaatsvertrag fest. (Die Frage der Urheberrechte ist indes durchaus umstritten, Urheber und Produzenten sehen es kritisch, dass ihre Inhalte auf immer und ewig auf den Plattformen laufen.)

Und was denkt die Medienpolitik? Wie die Umfrage der F.A.Z. bei einigen Staatskanzleien zeigt, ist die Einschätzung differenziert. Heike Raab (SPD), Staatssekretärin in Rheinland-Pfalz und Koordinatorin der Rundfunkpolitik der Länder, hält „das Einbetten von Inhalten oder gesamter Mediatheken für nicht vertretbar“. Embedding von Inhalten oder Angeboten könne zu einer öffentlich-rechtlich-privaten Zusammenarbeit nur ­gehören, wenn die Beteiligten entsprechende Vereinbarungen träfen. Einseitig Fakten zu schaffen, sei für das gemeinsame Ziel nicht zuträglich.

Nathanael Liminski (CDU), Chef der Staatskanzlei in NRW, erklärt, Kooperation setze voraus, „dass man etwas gemeinsam und in Abstimmung tut“. Er wünsche sich gute Zusammenarbeit. Dazu brauche es Offenheit aller Beteiligten für Neues – „etwas, in dem sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk sicherlich noch üben muss“. „Es geht nicht um das Ob, sondern um das Wie, das im vorliegenden Fall aus meiner Sicht ein Problem ist“, sagt Carsten Brosda (SPD), Senator für Medien und Kultur in Hamburg. Öffentlich-Rechtliche und Private müssten sich auf gemeinsame Modalitäten verständigten. Dirk Schrödter (CDU), Chef der Staatskanzlei Schleswig-Holstein, sagt, die Politik habe mit Blick auf das Funktionieren der demokratischen Grundordnung ein großes Interesse daran, dass Public-Value Inhalte „einem breiten Publikum auf verschiedenen Wegen verlässliche und seriöse Informationen zur Verfügung stellen“. Dies schließe das Embedding öffentlich-rechtlicher Inhalte bei den Privaten ausdrücklich ein.

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