Wirtschaft

NDR sucht nach gescheiterter Wahl weiter einen Intendanten | ABC-Z

Eine neue Intendantin oder ein neuer Intendant muss gefunden werden. Das weiß man beim Norddeutschen Rundfunk (NDR) schon seit längerem. Im Herbst 2024 hatte der Amtsinhaber Joachim Knuth angeboten, seinen Posten im Sommer 2025 zu räumen. Wegweisende Entscheidungen sollten, sagte Knuth seinerzeit, von Leuten gefällt werden, die kommen – nicht von Leuten, die gehen.

So begann ein Prozess, der für die Öffentlichkeit, die ja immerhin die finanzielle Grundlage für die Arbeit des NDR liefert (7,25 Milliarden Euro aus dem Rundfunkbeitrag entfielen im Jahr 2024 auf die ARD und ihre neun Anstalten) wenig transparent ist.

NDR-Staatsvertrag, Paragraph 29, Absatz 1 besagt, dass der „Intendant oder die Intendantin und der Stellvertreter oder die Stellvertreterin“ vom „Rundfunkrat auf Vorschlag des Verwaltungsrats“ gewählt werden. Die Wahl soll „innerhalb der letzten sechs Monate“ der Amtszeit des amtierenden Intendanten stattfinden, „bei vorzeitigem Ausscheiden unverzüglich, spätestens innerhalb von sechs Monaten“.

Harzer-Kux bekam 30 von 50 Stimmen

Die von Verwaltungsrat eingerichtete Findungskommission, in der neben dem Rundfunkratsvorsitzenden Nico Fickinger der Verwaltungsratsvorsitzende Rüdiger Hülskamp und laut „Süddeutscher Zeitung“ die Justizministerin a.D. von Mecklenburg-Vorpommern, Uta-Maria Kuder sowie die Kieler Anwältin Karola Schneider und der niedersächsische Gewerkschaftssekretär Detlef Ahting sitzen, einigte sich mit dem Verwaltungsrat überraschend darauf – es steht stets nur ein Kandidat zur Wahl –, die frühere Bertelsmann-Managerin Sandra Harzer-Kux vorzuschlagen. Die allerdings verfehlte am 4. April bei der Wahl im Rundfunkrat knapp die nötige Zweidrittelmehrheit. Harzer-Kux bekam 30 von 50 Stimmen, 34 hätte sie gebraucht.

Weiter geht es nun gemäß NDR-Staatsvertrag, Paragraph 29, Absatz 2: „Findet ein Wahlvorschlag nicht die erforderliche Zustimmung im Rundfunkrat, ist der Verwaltungsrat berechtigt, jeweils innerhalb eines weiteren Monats einen neuen Wahlvorschlag zu machen.“ Bis zum 4. Mai muss also ein neuer Vorschlag her.

Nicht nur beim NDR fragen sich nun viele: Was soll das und wie geht es weiter? Redaktionsausschuss und Personalräte haben sich in einer Erklärung an die Aufsichtsgremien gewandt und fordern mehr Transparenz. Es gebe einen großen „Reparaturbedarf“. Geprüft werden solle unter anderem, so eine Forderung der Personalvertretungen, ob der NDR-Staatsvertrag nur so auszulegen sei, dass nur eine Kandidatin oder ein Kandidat vorgeschlagen werden kann.

Verwaltungsrat „an Recht und Gesetz gebunden“

Unsere Fragen an den Rundfunkratsvorsitzenden Nico Fickinger dazu beantwortet wie heißt „auf Bitten“ Fickingers, der Verwaltungsratschef Rüdiger Hülskamp. Zu der Frage, wie es nun weitergeht, sagt dieser: „Aus Sicht des Verwaltungsrates hat der Rundfunkrat damit gute Weiterentwicklungschancen für den NDR vergeben.“ Der Verwaltungsrat wolle nun „mit der gebotenen Verantwortung und Gründlichkeit“ beraten, „wie das weitere Vorgehen im Rahmen der bestehenden Regularien aussehen kann, soweit es das Gremium Verwaltungsrat betrifft“. Was den Zeitplan angeht, habe „der Verwaltungsrat einen Save the date-Termin“ für den 28 April „für eine mögliche Verwaltungsratssitzung reserviert“. Was auf dieser Sitzung passieren soll, darüber berate man „aktuell“. Sobald ein Ergebnis vorliege, werde, „wie es üblich ist“, die Tagesordnung veröffentlicht. Zu den Forderungen der Personalvertretungen in Sachen Wahlverfahren sagt Hülskamp, der Verwaltungsrat sei „an Recht und Gesetz gebunden“. Insoweit sehe sich dieser nicht als Adressat solcher Forderungen. Zur Forderung der Personalvertretungen, zu prüfen, inwiefern der Staatsvertrag nur so interpretiert werden kann, dass nur ein Kandidat vorgeschlagen werden darf, sagt der Verwaltungsratschef: Auf Grundlage des NDR-Staatsvertrages müsse es aktuell beim Vorschlag einer Person bleiben.

Die am Rundfunkrat gescheiterte Kandidatin Sandra Harzer-Kux äußerte sich kurz nach der Wahl auf dem Netzwerk „LinkedIn“: „Wie geht es dir, Sandra?“, das sei „die am häufigsten gestellte Frage der vergangenen Tage“ gewesen. Ihre Antwort schiebt Harzer-Kux gleich hinterher: „Es geht mir gut“ Es sei eine „Ehre“ gewesen. Für das „entgegengebrachte Vertrauen“ bedankt sie sich sowohl beim Verwaltungsrat als auch beim Rundfunkrat des NDR – obgleich dieser es ihr ultimativ versagt hatte. Immerhin: „Der Verwaltungsrat hat mich einstimmig als Kandidatin für die NDR-Intendanz vorgeschlagen.“ Das mache sie „tatsächlich sehr stolz“. Als „fordernd, professionell und wertschätzend“ habe sie das Auswahlverfahren empfunden. Zu dem Umstand, der „in der Öffentlichkeit und bei den Mitarbeitenden aufmerksam verfolgten Wahl“, in der sie die Mehrheit um vier Stimmen verpasste, schreibt sie: „So kann es gehen bei Wahlen.“

Offen bleibt, was aus Harzer-Kux Scheitern aus Sicht der Gremien folgt. Sollen die bei der Vorauswahl der Findungskommission aus dem Feld geschlagenen Kandidaten nachrücken? Dass Harzer-Kux es selbst es noch einmal versucht, gilt als unwahrscheinlich. Wahrscheinlicher ist, dass es wie schon bei der Wahl von Joachim Knuth im Jahr 2019 auf jemanden aus den Reihen des NDR hinausläuft. Ob für den NDR damit etwas gewonnen ist, ist die Frage. Dass die Transparenz des Vorgangs zu wünschen übrig lässt und sich die den NDR beauftragenden Länder Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein einmal über den NDR-Staatsvertrag beugen sollten, dürfte wohl jedem einleuchten.

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