Präsident droht mit Polizei – Demonstranten kontern mit Kniff | ABC-Z

Washington/Annapolis. Während der US-Präsident sich mit Militärparade feiern lässt, rebellieren am Samstag Millionen Amerikaner gegen den Möchtegern-Monarchen.
Die Szene, die sich am Samstagmorgen am ältesten Parlamentsgebäude der USA ereignete, steht beispielhaft für einen Tag, der in der Geschichtsschreibung vielleicht einmal als riesiger Mittelfinger gegen einen Mann namens Donald Trump gewürdigt wird: Auf den Treppen des 1779 in Betrieb genommenen Kapitols von Annapolis, wo der Kongress des Bundesstaates Maryland tagt, ließen Freizeit-Schauspieler vor Hunderten Demonstranten die berühmten Worte des allerersten Präsidenten Amerikas wiederauferstehen, der an dieser Wirkungsstätte tiefe Spuren hinterließ.
George Washington, nahezu vergöttert von seinen Anhängern, hatte es Ende des 17. Jahrhundert abgelehnt, mit quasi-monarchischen Vollmachten ausgestattet zu werden. Nach dem Sieg über die Briten legte der Revolutionsgeneral die Macht über das Militär wieder zurück in die Hände der Zivilisten. „We the People“ – einen König brauche es nicht mehr.
„Kein Könige“ – das Motto der größten dezentralen Protestaktion in den USA war auch in Atlanta/Georgia zu sehen.
© Mike Stewart/AP/dpa | Mike Stewart
Washingtons Haltung bildet das ideelle Fundament von rund 2000 Veranstaltungen zwischen Nome/Alaska und Key West/Florida, bei denen nach Angaben der Veranstalter laut Anmeldungen am Samstag über Millionen Amerikaner einen gigantischen Kontra-Akzent zur umstrittenen Militär-Parade setzen wollten, die am Abend des 79. Geburtstag von Präsident Donald Trump im Herzen der Hauptstadt Washington DC beginnen sollte.
Proteste gegen Trump – darum fanden sie nicht in Washington statt
Nicht nur in Großstädten wie New York, Philadelphia, Chicago, Atlanta, Dallas und Denver trat das Anti-Maga-Amerika auf den Plan. Auch in vielen Klein- und Mittelstädten wie Moab (Utah) oder Pinedale (Wyoming) fanden sich Bürger zusammen, um am „Tag des Widerstands“ eine Duftmarke zu setzen gegen die als autoritär empfundenen Übergriffe des 47. US-Präsidenten gegen Opposition, Justiz, Medien und die eigene Bevölkerung.

Bis nach Deutschland reichte der Protest: In Frankfurt am Main hält eine Frau ein Schild mit dem ironischen Abbild Trumps als Heiligen und dem Wortspiel „St. Upid „in den Händen. Stupid gleich dumm.
© Boris Roessler/dpa | Boris Roessler
Organisiert von Graswurzelbwegungen wie „Indivisible“, „50501“ und „American Civil Liberties Union“ gingen die dezentralen Bündnisse auf die Straße, um der „Demonstration der Dominanz“, die Trump mit der rund 50 Millionen Dollar teuren Militaria-Show aus Anlass des 250-jährigen Bestehens der US-Armee an den Tag legte, etwas entgegenzusetzen.
Weil Trump damit gedroht hatte, Demonstranten gegen seine Air-und-Panzer-Schau gegebenenfalls mit Polizeigewalt zu begegnen, ließen die Organisationen der „No King“-Bewegung die Hauptstadt bewusst aus. „Wir wollen zeigen, dass ziviler Protest ein mächtiges Signal dafür ist, dass eine Mehrheit der Bevölkerung mit den fortgesetzten Tabubrüchen dieses Präsidenten nicht einverstanden ist“, sagt Ezra Levin von „Indivisible“. Levin berichtete, man habe die Teilnehmer in Deeskalationstaktiken geschult und werde freiwillige Ordner einsetzen, um die Sicherheit in der Menge zu gewährleisten. Allein in New York wurden bis zu 100.000 Menschen erwartet.

Auch in Paris schlossen sich Hunderte der „Keine Könige“-Bewegung an.
© Aurelien Morissard/AP/dpa | Aurelien Morissard
Bei der zentralen Protestaktion in Philadelphia/Pennsylvania, wo die amerikanische Unabhängigkeitserklärung unterzeichnet wurde, ging der Protestmarsch vom „Love Park“ zu den Treppen des „Museum of Art“, wo einst „Rocky“ im gleichnamigen Kultfilm die Siegerfaust reckte. Auf der Rednerliste unter anderen: Martin Luther King III., der Sohn der schwarzen Bürgerrechts-Ikone.
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Fernsehbilder sollen „dem anderen Amerika gehören“
Strategie der Organisatoren war es, bevor am Abend in Washington die ersten Panzer rollen und Apache-Hubschrauber über dem festungsähnlichen abgesperrten Areal kreisen, „sollen die Fernsehbilder dem anderen Amerika gehören“, wie es in Annapolis der frühere Marine-Offizier Gary Webster sagte. „Die Welt wird dann sehen, dass es das große Mandat für einen radikalen Staatsumbau, das Trump für sich in Anspruch nimmt, überhaupt nicht gibt.“

Das hässliche Gesicht Amerikas? US-Präsident Donald Trump bekam vor der großen Militärparade in Washington landesweit sein Fett weg.
© Mike Stewart/AP/dpa | Mike Stewart
Trump selber hatte versucht, der Protestwelle mit jovialen Sprüchen die Spitze zu nehmen. „Ich fühle mich nicht wie ein König“, sagte er im Weißen Haus, „ich muss durch die Hölle gehen, um Dinge genehmigt zu bekommen“. Mit Hölle war der Kongress, die Justiz und ein großer Teil der Medien gemeint.
Hauptstadt Inside von Jörg Quoos, Chefredakteur der FUNKE Zentralredaktion
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Elisa McGowan, eine pensionierte Lehrerin aus Annapolis, die am Morgen vor dem Kapitol stand, will das nicht hinnehmen: „Ich bin zutiefst empört sind, dass Trump sich wie ein König aufführt. Er beschämt das Erbe von George Washington.”