Posse beim FC Barcelona: Warum Dani Olmo in der Primera Division nicht mehr spielen darf – Sport | ABC-Z
Zum Jahreswechsel werden in Spanien traditionell zum Takt der Glockenschläge zwölf Weintrauben verspeist. Dem Aberglauben zufolge sind allen, die das unfallfrei schaffen, Wohlstand und Glück beschieden. Ausweislich seiner Social-Media-Kanäle, auf denen man ihn im Kreise von Freunden und an der Seite seiner Lebensgefährtin Laura Abla sah, konnte der spanische Fußballer Dani Olmo, 26, die Begrüßung des neuen Jahres genießen. Er strahlte – obwohl er glauben musste, dass es für ihn nicht zwölf, sondern dreizehn geschlagen hatte. Olmo hätte jedes Recht der Welt gehabt, sich zu verschlucken. Denn es ist der vorläufige Höhepunkt einer beispiellosen Posse, dass er zum Start ins Jahr 2025 erneut ohne Spielberechtigung für die erste Mannschaft des FC Barcelona dasteht. Und frei wäre, sich einen neuen Verein zu suchen.
Wenige Stunden vor Mitternacht hatte Spaniens Ligaverband („La Liga“) eine Mitteilung verschickt. Sie war kurz und doch sperrig formuliert– und barg Sprengstoff. Zu lesen war, der FC Barcelona habe dem Dachverband „keine Lösung präsentiert, die es ihm erlauben würde, im Einklang mit den Liga-Vorschriften zur wirtschaftlichen Kontrolle (der Klubs) zum 2. Januar einen Spieler zu registrieren“. Diese Mitteilung betraf Olmo und auch den Stürmer Pau Víctor, 23, der allerdings in Barcelona unter Trainer Hansi Flick bislang keine große Rolle gespielt hat und ohnehin Abschiedsgedanken hegen soll.
Ganz anders ist es bei Olmo, der in seinem Social-Media-Post das neue Jahr in Barcelonas Vereinsfarben willkommen hieß – mit einem blauen und einem roten Herzchen („It’s 2025 time“). Nur: Herzchen zählen nicht. Die Liga strich Olmo zum 1. Januar aus der offiziellen Kaderliste der Katalanen.
Dani Olmo bei der EM
:„Wir sind jetzt etwas direkter und risikobereiter“
Spaniens Nationalspieler Dani Olmo spricht über den neuen Stil unter Trainer Luis de la Fuente, Scherze mit seinen Leipziger Mitspielern – und erklärt, was ihn an der Taktik von Bundestrainer Nagelsmann überrascht.
Olmo war im vergangenen Sommer zu seinem Jugendklub Barcelona gewechselt. Der Bundesligist RB Leipzig hatte den Spanier nach der Europameisterschaft für eine Ablöse von rund 60 Millionen Euro ziehen lassen. Die vereinbarten Raten hat Barça nach SZ-Informationen bisher pünktlich an Leipzig überwiesen. Aber es haperte von Beginn an mit Olmos Registrierung bei der Liga. Denn die Erteilung einer Profilizenz für einen Spieler hängt in Spanien nicht davon ab, ob ein Verein flüssig genug ist, um die Ablöse zu bedienen. Sondern von der Frage, ob sich seine Ausgaben im Rahmen jenes Personalkosten-Limits bewegen, das der Ligaverband für jeden Klub alljährlich aufgrund wirtschaftlicher Kenndaten festlegt.
Neue Sponsorenverträge, neue Vip-Logen-Mieter und Klagen vor Gericht – alle Versuche des Klubs scheiterten bisher.
Verkürzt gesagt, müssen die Ausgaben für Ablösen und Gehälter im Einklang mit den Einnahmen stehen. Das ist bei Barça schon seit Jahren nicht mehr der Fall. Zudem drücken den Verein Schulden von mehr als 1,3 Milliarden Euro, die Kredite für den Stadionumbau (1,4 Milliarden Euro) nicht eingerechnet. Im Falle Olmos zeigte La Liga schon im Sommer zunächst eine Härte, die 2021 bereits zum Abschied Lionel Messis aus Barcelona beigetragen hatte. Olmo, zuvor mit Spanien zum Europameister gekürt und im Sommer der einzige Großeinkauf Barcelonas, saß im August drei Spieltage lang unregistriert auf der Tribüne. Sein persönliches Umfeld, das ihm wegen der Finanzprobleme des Klubs von einem Wechsel nach Barcelona abgeraten hatte, schäumte. Und auch wenn Olmo in der Hinrunde letztlich zeitnah mitspielen durfte, verhandelte seine Entourage nachträglich eine Klausel in den Vertrag, die nun eine Rolle spielen wird. Diese besagt: Sollte Barça Olmo auch mit Ablauf des 31. Dezember nicht ordnungsgemäß registriert haben, würde der Spieler kündigen – und sich die angeblich rund acht Millionen Euro Nettojahreseinkommen bis zum Ende der Vertragslaufzeit ausbezahlen lassen können.
Im August hatte zunächst der ablösefreie Weggang des vormaligen DFB-Kapitäns Ilkay Gündogan zu Manchester City nicht ausgereicht, um Olmo registrieren zu können. Über einen Notbehelf gelang das vorübergehend doch (bis zum 31.12.), weil der Klub seinen länger verletzten Verteidiger Andreas Christensen für ein halbes Jahr aus der Finanzkalkulation herausrechnen durfte. Doch im Dezember musste eine neue Lösung her, weil Christensen wieder als arbeitsfähig gilt. Olmos Planstelle ist demnach wieder besetzt – es sei denn, der Klub könnte Olmos Gehalt gegenfinanzieren. Tatsächlich konnte Barcelona zuletzt seine Einnahmen durch die Verlängerung des Vertrags mit Nike steigern; bis 2038 sollen hier bis zu 1,7 Milliarden Euro fließen. Aber auch das half im Fall Olmo nichts. In die Berechnung der Gehaltsobergrenze für die laufende Saison floss nur jener Betrag des Sponsors ein, der aktuell fällig ist.
Barça versuchte daher einen anderen Weg und zerrte La Liga vor Gericht. 2023 hatte das im Fall des Nachwuchsspielers Gavi Erfolg gebracht. Seinerzeit hatte ein Richter per einstweiliger Verfügung für die Registrierung von Gavi gesorgt, weil er dessen Recht auf Arbeit ein höheres Gewicht beimaß als den Spielregeln der Liga. Bei Olmo jedoch fiel das Urteil umgekehrt aus – unter anderem, weil die Liga vor Gericht erläutert hatte, weshalb Olmos Registrierung verweigert werde.
Barcelona zog vor die nächsthöhere Instanz – und scheiterte erneut; unter anderem mit dem Versuch, die für die Festlegung der Budgetregeln verantwortliche Kommission für unzuständig zu erklären. Der Richter fand das hanebüchen. Er hielt Barça vor, dieser Zuständigkeit einst ausdrücklich zugestimmt zu haben. Überdies förderte die mündliche Verhandlung einige bisher unbekannte Details zutage. Etwa die besagte Zusatzvereinbarung des Klubs mit Olmo, die belege, dass der Klub sich der Risiken bei der Registrierung bewusst war. Zudem kam heraus, dass Barça die für diese Saison festgesetzte Obergrenze für Personalkosten schon im August um 81 Millionen Euro überschritten hatte – und inzwischen sogar 153 Millionen Euro über dem Durst liegt.
Olmos Liebe zum Klub ist groß – aber nicht groß genug für ein halbes Jahr auf der Tribüne
Barcelona versuchte es danach in einem verzweifelten Kampf gegen die Uhr mit einem Plan C. Klubpräsident Joan Laporta verramschte in Dubai einen Teil der Vip-Tribünen des derzeit im Umbau steckenden Camp-Nou-Stadions an „arabische Investoren“. Gegen eine sofortige Überweisung von 100 Millionen Euro sollten sie die teuren Plätze auf 20 Jahre hinaus nutzen dürfen. Nur: Kurz nachdem Laporta dem Trainer Flick versichert hatte, dass sich alles schon regeln werde, lehnte es die Liga abermals ab, Olmo grünes Licht zu erteilen. Angeblich, weil sich die Liga nicht mit Absichtserklärungen von Investoren zufriedengeben, sondern den Eingang konkreter Zahlungen sehen will. Katastrophaler Stand der Dinge damit an Neujahr: Für einen Top-Spieler, den man nicht einsetzen darf, aber bezahlen muss, sind zudem weiterhin die vereinbarten Ablösezahlungen an Leipzig fällig.
Leipzig-Stürmer Dani Olmo
:“Es gibt in der Bundesliga Mannschaften, die dich nicht atmen lassen”
Vor dem Topspiel gegen Bayern erklärt Leipzigs Angreifer Dani Olmo sein spezielles Positionsspiel als falsche Neun oder echte Zehn – und warum er mit 16 Jahren Barça verließ, um in Kroatien zu kicken.
Für den Bundesligisten könnte indes ein – überschaubarer – Kollateralschaden entstehen. Denn wenn Olmo nicht für Barcelona spielen kann, kann er auch nicht die im Transfervertrag festgelegten Boni erstreiten. Die Sockelablöse soll, wie in Leipzig zu hören war, nahe der 55 Millionen Euro gelegen haben; weitere Zahlungen bis zu einem Betrag von zusätzlichen zehn Millionen Euro sind an Erfolge Barcelonas als Team sowie an persönliche Erfolge Olmos geknüpft.
Ein Ende des Hickhacks ist jedenfalls nicht in Sicht. Der Olmo-Partei wurde am Silvesterabend vom Verein signalisiert, dass alles unter Kontrolle sei. Zugleich brachte Barcelona öffentlich einen weiteren Akteur ins Spiel. Der Klub teilte in einem Kommuniqué mit, dass man den spanischen Fußball-Verband RFEF um eine „neue“ Registrierung von Olmo und Pau Víctor ersucht habe. Das warf neue Fragen auf. Unter anderem, weil ein Spieler während einer Saison statutengemäß nur einmal, aber nicht zweimal vom gleichen Klub registriert werden darf. Offenbar wollte Barça Genehmigungen für Olmo für ein Pokalspiel und den Supercup einholen, diese Wettbewerbe stehen im Januar an. Laut der Zeitung As hat der Verband aber schon abgewinkt. Und die Erteilung von Spielgenehmigungen für die Primera División obliegt klar dem Ligaverband.
Die Zeitung Sport mutmaßte, dass der Klub Zeit gewinnen wollte. Theoretisch müsste der Liga daran gelegen sein, den Nationalspieler Olmo in Spanien zu halten. Aber Konkurrenten Barcelonas – allen voran Atlético Madrid, Bilbao und der FC Sevilla – lobbyieren im Hintergrund offenbar gegen eine Vorzugsbehandlung. Gibt noch ein Schlupfloch? Angeblich soll das Geld der Araber angewiesen worden sein – aufgrund der Feiertage ist der fristgerechte Eingang aber noch nicht belegt. Olmos Wille, zu bleiben, steht außer Frage. Nur: So groß ist seine Liebe zum FC Barcelona auch wieder nicht, dass er dafür ein halbes Jahr auf der Tribüne verbringen würde. Und klar ist, dass Anfragen anderer Klubs bei Olmo eingehen. Der Ausgang der Posse bleibt also ungewiss.