Erneute Jagd auf „Drachenlord“: 4000 Hasser des Internet-Prolls belagern Dorf | ABC-Z

Der „Drachenlord“ – bürgerlich Rainer Winkler – hat sein Heimatdorf längst verlassen. Dennoch pilgerten am Wochenende Tausende seiner Gegner nach Franken, um ihren Hass auf den früheren YouTube-Star zu zeigen.
Als „Drachenlord“ veröffentlichte er jahrelang Videos auf YouTube. Dabei zeigte er sich ungefiltert als freakiger Video-Gamer und beim ungestümen Headbangen zu Heavy-Metal-Musik. Manchmal erzählte er vor laufender Kamera einfach nur, was ihm gerade durch den Kopf schoss – in breitem fränkischem Akzent.
Dabei fabulierte er über extreme Sexualpraktiken, verharmloste Terroranschläge und zog wirre Vergleiche zur NS-Zeit. Regelmäßig beleidigte er Frauen und Minderheiten.
Der “Drachenlord” ist bis heute eine unfassbare Reizfigur
Der stets schmuddelig und vulgär wirkende „Drachenlord“, dem ein Gerichtsgutachten „verminderte Intelligenz“ bescheinigte, polarisierte wie kein zweiter Videoblogger. In dem Maße, wie er herumpöbelte und seine Zuschauerschaft beleidigte, stieg die Wut seiner Kritiker. Sie ließen sich zu einer beispiellosen Hasskampagne hinreißen, die nicht nur auf wüste Beschimpfungen im Internet beschränkt war.
Die „Hater“ des dicklichen YouTubers verfolgten ihn auch im realen Leben, sie belästigten, bedrohten und schikanierten ihn. Manche seiner Gegner warfen Steine, Eier, Böller und Müll auf sein Haus. Das Grab seines Vaters wurde geschändet, Aufnahmen davon ins Netz gestellt. 2018 verabredete sich der Hassmob zum sogenannten „Schanzenfest“. Bis zu 800 Menschen strömten ins fränkische Altschauerberg um dem „Drachenlord“ einzuheizen.
4000 “Hater” pilgern in Heimatdorf des Ex-Internetstars
Sieben Jahre später, an diesem Wochenende, war es wieder so weit: Mehrere Tausend Menschen folgten am Samstag dem Aufruf zur Neuauflage des „Schanzenfestes“ und versammelten sich in und um Altschauerberg, einem Ortsteil von Emskirchen in Mittelfranken. Laut Polizei strömten zeitweise rund 4000 Menschen zusammen. Sie wollten zum früheren Wohnhaus des „Drachenlords“, was die Polizei aber unterband.
Der Markt Emskirchen hatte den Ansturm der „Drachenlord“-Hasser erwartet und eine Allgemeinverfügung erlassen. In den Gemarkungen von Emskirchen und Schauerberg wurden größere Menschenansammlungen, Lärm und Feuerwerkskörper verboten.
Die Polizei war mit zahlreichen Kräften, einer Reiterstaffel und einem Unterstützungskommando vor Ort. Aufgrund der Menschenmassen waren die Beamten nicht immer Herr der Lage, berichteten Augenzeugen.
Pyrotechnik, Beleidigungen, Widerstand gegen Beamte
Ein Polizeisprecher bezeichnete die Lage am Samstag als weitgehend friedlich. Es sei aber zu einer Beleidigung, einer Sachbeschädigung und in einem Fall zum Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte gekommen. Zudem sei in einem Waldstück Pyrotechnik gezündet worden. Von rund 160 Menschen nahm die Polizei die Personalien auf.
Im Laufe des Abends zogen die meisten Teilnehmer wieder ab. Rund 250 blieben demnach bis in die Nacht im Ort und wurden von der Polizei auf Abstand zu Altschauerberg gehalten. Größere Zwischenfälle blieben dabei aus.
Seit Jahren streitet sich der „Drachenlord“ mit seinen Gegnern im Internet. In der Vergangenheit tauchten diese immer wieder vor seinem Anwesen im Dorf Altschauerberg auf, um ihn zu provozieren. Die Polizei musste über Jahre zumeist mehrmals täglich wegen Ruhestörung, Sachbeschädigung, Körperverletzung und anderer Anzeigen ausrücken.
Mehrere der „Hater“ wurden in den vergangenen Jahren wegen Straftaten gegen den Videoblogger verurteilt oder wegen Ordnungswidrigkeiten bestraft. Auch der „Drachenlord“ selbst wurde nach gegenseitigen Beschimpfungen gewalttätig und musste sich wegen mehrerer Fälle vor Gericht verantworten. 2022 verurteilte ihn das Landgericht Nürnberg-Fürth zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr.
„Drachenlord“ hat aufgegeben, der Hass gegen ihn bleibt
Das Haus in Altschauerberg hat der YouTuber inzwischen verkauft und ist weggezogen. 2023 gab der „Drachenlord“ seinen Rückzug aus der Öffentlichkeit bekannt. Er wolle endlich wieder ein normales Leben führen und sich frei bewegen können.
Im November 2022 beschrieb Rainer Winkler im „Spiegel“, wie er unter den Angriffen seiner Hater leidet. Er erzählte, „wie er aus seinem Haus getrieben und obdachlos wurde. Wie er seitdem durch Deutschland irrt, von Unterschlupf zu Unterschlupf, selten länger als zwei Tage am selben Ort. Auf der Flucht vor dem Mob.“
Doch der Mob gibt offenbar nicht auf. Er macht weiter. Immer weiter.