Politskandal in Berlin: Diese drei Vorwürfe gegen Gelbhaar sind wohl aus der Luft gegriffen | ABC-Z

Politskandal in Berlin
Diese drei Vorwürfe gegen Gelbhaar sind wohl aus der Luft gegriffen
22.01.2025, 17:37 Uhr
Im Dezember werden Vorwürfe gegen den Grünen-Politiker Gelbhaar laut. Er beteuert seine Unschuld. Ein wesentlicher Teil der Vorwürfe geht auf eine Parteikollegin zurück. Sie scheinen frei erfunden zu sein. Gelbhaar klärt auf, um welche Behauptungen es sich handelt. Weitere stehen aber noch im Raum.
Der Grünen-Politiker Stefan Gelbhaar wehrt sich juristisch gegen mutmaßlich erfundene Belästigungsvorwürfe: Er hat Strafanzeige gegen eine aktuelle sowie eine ehemalige Parteikollegin erhoben. Wie die „Zeit“ berichtet, geht es in der Anzeige um den Vorwurf der Verleumdung, der üblen Nachrede sowie der falschen Verdächtigung in mittelbarer Täterschaft. Der Zeitung liegt die Anzeige vor.
Bei einer der beiden namentlich benannten Frauen handelt es sich laut „Zeit“ um die bisherige Berliner Grünen-Bezirkspolitikerin Shirin Kreße, die Gelbhaar mutmaßlich unter falschem Namen und mit einer gefälschten eidesstattlichen Erklärung belastet hatte. Sie reagierte weder auf Anfragen des RBB noch der „Zeit“, tauchte regelrecht ab.
„Anne K.“ soll Gelbhaar vorgeworfen haben, sie gegen ihren Willen am Kopf gepackt und geküsst zu haben. Für den RBB, der zuerst über die Fälle berichtete, steht inzwischen fest, dass „Anne K.“ und Shirin Kreße dieselbe Person seien. Zudem sollen zwei weitere schwerwiegende Anschuldigungen durch die 27 Jahre alte Berlinerin erhoben worden sein. Es geht um einen Vorfall, bei dem Gelbhaar angeblich einer Frau K.-o.-Tropfen verabreichte und sie anschließend missbraucht haben soll. Bei dem anderen Vorwurf geht es der „Zeit“ zufolge um angebliches Begrapschen.
Gelbhaar beteuerte in diesen Fällen seine Unschuld und brachte zu Silvester Beweise hervor, die dies belegen sollen. Bezirkspolitikerin Kreße legt zunächst ihr Mandat in der Bezirksverordnetenversammlung Berlin-Mitte nieder und verließ die Grünen im Anschluss. Neben Gelbhaar und dem RBB erstattete auch der Bundesvorstand der Grünen Anzeige gegen sie.
Allerdings soll eine weitere Frau aus der Grünen Jugend Vorwürfe der „sexualisierten Gewalt“ durch Gelbhaar gegenüber Journalisten erhoben haben. Insgesamt halten sieben Frauen weiter an ihren Schilderungen fest. Die Grünen-Spitze erklärte, dass sie den Kontakt zu den Betroffenen suchte und sich die Anschuldigungen bestätigen ließ. Die Partei gab keine Auskunft zur Schwere der Vorwürfe.
Stefan Gelbhaar schildert vergangene Wochen
„Es ging in Wellen. Da ist diese Hoffnung, dass das irgendwie vorbeizieht“, sagte Gelbhaar der „Zeit“ über die vergangenen Wochen seit Beginn der öffentlichen Diskussion um Belästigungsvorwürfe gegen ihn Mitte Dezember. Gelbhaar hatte daraufhin auf seine Kandidatur für den zweiten Platz auf der Landesliste der Berliner Grünen verzichtet und das mit den Vorwürfen begründet, ohne konkreter zu werden. „Für mich war das eine kafkaeske Situation“, sagte er. „Ich sollte mich gegen Vorwürfe verteidigen, die ich quasi nicht kannte.“
Bei einer neu angesetzten Wahl für die Direktkandidatur in seinem Wahlkreis Pankow in der zweiten Januarwoche landete Gelbhaar nur auf dem zweiten Platz. Nach der Bundestagswahl am 23. Februar wird er im Parlament nicht mehr vertreten sein. „Der Politiker wurde zersetzt, der Mensch zutiefst erschüttert. Was noch steht, ist der Anwalt“, sagte Gelbhaar, der selbst Strafverteidiger ist.
Am Freitag zog der RBB Teile seiner Berichterstattung dazu zurück und berichtete über Zweifel an der Identität der Person, die wesentliche Vorwürfe gegen Gelbhaar erhoben hatte. Damit nicht genug, gab die Person sogar eine eidesstattliche Versicherung gegenüber dem Sender ab. Der darf die gegen Gelbhaar erhobenen Behauptungen inzwischen nicht mehr verbreiten – dies entschied das Hamburger Landgericht per einstweiliger Verfügung. Das Gericht untersagte auf Antrag des Grünen-Politikers die Verbreitung mehrerer Behauptungen.
Robert Habeck: „Kriminelle Energie“
Damit seien „alle vier Kernvorwürfe vom Tisch“, erklärte Gelbhaar, ohne konkret zu werden. Er werde dadurch „in den Augen der Öffentlichkeit gerade wieder zum Menschen“, sagte Gelbhaar der „Zeit“. Er sei noch dabei, zu verstehen, was eigentlich passiert sei.
Grünen-Kanzlerkandidat und Vizekanzler Robert Habeck fand am Dienstagabend in der ARD deutliche Worte zu dem Fall. „Das ist ein skandalöser Vorgang, das muss man so hart sagen, da war kriminelle Energie am Werk“, sagte er. Die Beschuldigte habe Gelbhaar und vielen von Belästigung betroffenen Frauen „schweren Schaden zugefügt – und das offensichtlich mit Vorsatz“. Habeck begrüßte es, dass der Grünen-Bundesvorstand „hart dagegen vorgegangen“ sei.
Gelbhaar-Anwalt: „Ombudsverfahren dysfunktional“
Nach Angaben der Bundespartei sind die Vorwürfe gegen Gelbhaar noch nicht vollständig aufgeklärt. „Die Ombudsstelle ist in ihrer jetzigen strukturarmen Form dysfunktional“, sagte Gelbhaars Anwalt Markus Goldbach der „Zeit“. „Sie ist anfällig für Missbrauch und unfähig zur Ermittlungs- und Aufklärungsarbeit.“
Grünen-Chef Felix Banaszak erklärte, die Grünen-Spitze will das innerparteiliche Ombudsverfahren zu dem Fall neu aufrollen. Die frühere schleswig-holsteinische Justizministerin Annemarie Lütkes und der ehemalige Bundestagsabgeordnete und nichtberufliche Richter am Bayerischen Verfassungsgerichtshof Jerzy Montag sollen dazu eine Kommission bilden.