Politiker-Reaktionen auf Großdemo in München – München | ABC-Z

Zwischen Euphorie und Kritik: Der große Andrang auf der Theresienwiese am Samstag lässt kaum einen kalt. Die Hauptrolle spielte am Samstag eindeutig die Zivilgesellschaft mit ihren selbst gemalten Plakaten. Nur wenige schwangen Parteifahnen. Doch besonders zwei Wochen vor der Bundestagswahl stellt sich die Frage: Wie stehen die Politiker der Stadt zu der Kundgebung, einer der größten des vergangenen Jahrhunderts?
Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) zeigt sich „absolut beeindruckt“ von der Teilnehmerzahl. Auch das breite Spektrum aus Vereinen und Organisationen ist ihm positiv aufgefallen. Er selbst konnte zwar „leider nicht dabei sein“, wie er auf Instagram mitteilte, weil seine Mutter ihren 95. Geburtstag feierte, aber er freue sich sehr über „das tolle Zeichen“, dass die Münchner mit dieser Demo gesetzt hätten. „München steht zusammen, wenn es darauf ankommt.“
Von einem „Zeichen“ spricht auch die Vorsitzende der stärksten Fraktion im Stadtrat, Mona Fuchs von den Grünen. Die Veranstaltung sei ein „klares Signal des Zusammenhalts“ gewesen, „wir sind viele und wir lassen uns nicht spalten“. Auf der Theresienwiese habe sich „die breite Mitte der Münchner Stadtgesellschaft“ gezeigt, meint sie. Und nicht etwa Linksextreme oder Radikale. Nun müssten alle darauf achten, diesen Schwung in den Alltag mitzunehmen, um die Zivilgesellschaft zu stärken.
Für Grünen-Stadträtin Anja Berger hat die Versammlung eine wichtige Funktion: „Sie gibt allen Kraft, die da sind. Zu wissen, dass man nicht allein ist.“ Sie habe Tränen in den Augen gehabt, als sie die Zahl der Teilnehmenden hörte, sagt Berger. Ihr sei aufgefallen, wie viele von der jungen Generation dagewesen seien, um „Haltung zu zeigen, für Demokratie und Zusammenhalten und gegen Ausgrenzung, Hass und Spalten“. „Schade“ fand es Berger dagegen, „dass die CSU sich eher zurückgehalten hat, oder gar nicht gekommen ist“. Ihre Angst, dass sie in den Reden zu negativ vorkommen könnten, sei nicht berechtigt gewesen.
Christian Vorländer hofft darauf, „dass sich die Konservativen wieder besinnen“ angesichts der großen Strahlkraft der Demo auf der Theresienwiese. Er spricht in Doppelfunktion als stellvertretender Vorsitzender der SPD/Volt-Fraktion im Stadtrat und als stellvertretender Vorsitzender des Vereins „München ist bunt“, der die Kundgebung federführend organisiert hat. Vorländer formuliert einen Appell: „Die demokratischen Kräfte dürfen sich nicht auseinanderdividieren lassen.“ Die Union gehöre da natürlich dazu.
Dass eine gewisse Division bereits stattgefunden hat, muss er allerdings einräumen, er spricht von einem spürbaren „Riss“ in der politischen Mitte nach der Abstimmung im Bundestag Ende Januar, bei der ein Unions-Antrag nur mit Stimmen der AfD beschlossen werden konnte. „Da ist natürlich was kaputtgegangen“, sagt der SPD-Mann Vorländer. Aber er sei überzeugt, das ließe sich wieder heilen. Man dürfe nicht aufgeben, miteinander im Gespräch zu bleiben.
Prominente CSU-Mitglieder bleiben fern
Bereits einen Tag vor der Demonstration kündigten zwei prominente CSU-Mitglieder an, nicht auf die Versammlung gehen zu wollen: der München-Chef der CSU und Justizminister im bayerischen Landtag Georg Eisenreich sowie der Antisemitismusbeauftragte Ludwig Spaenle. Beide waren für eine Stellungnahme am Sonntag nicht zu erreichen.
Auch Manuel Pretzl, Fraktionsvorsitzender der CSU/Freien Wähler im Stadtrat analysiert angesichts der Teilnehmerzahlen, „dass sich viele Menschen aufgrund der politischen Zustände Sorgen machen“. Er kritisiert allerdings auch Demo-Schilder wie „Merz halt’s Maul“ oder „FCK CSU“, diese seien „mehr als befremdlich“.
Pretzl sieht die Ursache für das Erstarken der AfD „in der verfehlten Asyl- und Migrationspolitik der letzten Jahre“. Wenn Vertreter von Grün und Rot nun eine Demo gegen die AfD und auch die Union feierten, „ist das reine moralische Selbstvergewisserung im eigenen politischen Spektrum, die AfD wird deshalb keine Stimme weniger bekommen“.
Bei all der Freude über die Teilnehmerzahlen sollte man eins nicht vergessen, sagt Stefan Jagel, Vorsitzender der Fraktion Die Linke/Die Partei: „Der Rechtsruck ist kein Zufall – er wurde über Jahre hinweg durch soziale Kürzungen politisch genährt.“ Die sozialen Probleme, etwa steigende Mieten und Lebensmittelpreise, müssten von der Politik gelöst werden, um ein weiteres Abdriften nach rechts zu verhindern.