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Plötzlich kamen die großen Rockbands: Wie München zur Musikstadt wurde | ABC-Z

München – Spätestens seit diesem Sommer, in dem Megastars wie Taylor Swift, Adele und Coldplay zu Gast waren, ist jedem klar: München ist eine Musikstadt. Schon seit Jahrzehnten lockt die bayerische Landeshauptstadt Musiklegenden an. Seien es die Stones, Queen oder Prince – sie alle kamen in die bayerische Metropole. In seinem Buch “Munich Sounds Better With You” geht DJ und Produzent Jens Poenitsch mithilfe von persönlichen Anekdoten der Geschichte Münchens als Musikstadt auf den Grund. Im Gespräch mit der AZ erzählt er, wie die damalige Musikszene die heutige prägt, wie einflussreich der “Munich Sound” ist und erzählt die eine oder andere Anekdote mit Queen-Sänger Freddie Mercury.

München als Musikstadt: “Es gab schon immer internationalen Zufluss”

“München ist auf eine sehr charmante und besondere Art und Weise eine Musikstadt”, sagt Jens Poenitsch in der AZ. “München ist einerseits dörflich, andererseits gibt es hier sehr viele Kunstaktionen. Es gibt hier Mode, Film und die Wiesn. Ein tolles Umfeld, das natürlich nicht alle Städte so haben. Das führt dazu, dass die Musik hier in München schon immer sehr durchlässig und gemischt war. Es gab schon immer internationalen Zufluss.” Die Folge davon sei, dass sich in der Landeshauptstadt klassische Musik, Popmusik und Volksmusik “manchmal sehr abenteuerlich und kreativ vermischen und inspirieren und zusammen Produktionen erzeugen, die anderswo nicht möglich wären”, so der DJ.

Jens Poenitsch geht in seinem Buch “Munich Sounds Better With You” der Geschichte der Münchner Subkultur auf den Grund
© Ben Sagmeister
Jens Poenitsch geht in seinem Buch “Munich Sounds Better With You” der Geschichte der Münchner Subkultur auf den Grund

von Ben Sagmeister

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Legendäre Orte in München: Die Musicland Studios

In seinem Buch listet der Produzent zahlreiche Orte auf, die Münchens Subkultur prägten. Dazu zählt das Café Größenwahn, “wo sich Funk, Disco, Elektronik, Elektropop, Punk, New Wave und Avantgarde während eines Abends miteinander vermischt” haben. Oder das Olympiagelände, wo seit fünf Jahrzehnten zahlreiche Musiklegenden auftreten. 

Ein weiterer wichtiger Schauplatz der Münchner Musikgeschichte waren laut Poenitsch die legendären Musicland Studios, die sich bis Ende der 80er Jahre im Keller des Arabella-Hochhauses befanden. Internationale Musiklegenden wie die Rolling Stones, Queen, Led Zeppelin, Falco und viele mehr nahmen hier einige ihrer bekanntesten Alben auf. Das Studio brachte aber auch regionale Stars hervor, so etwa Donna Sommer, erzählt Poenitsch. 

Die legendären Musicland Studios befanden sich im Keller der Arabellahauses
© imago
Die legendären Musicland Studios befanden sich im Keller der Arabellahauses

von imago

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Der Munich Sound

Die Musicland Studios sind die Geburtsstätte des “Munich Sounds”, einer “Spielart der Disco-Musik, die ab Mitte der 1970er-Jahre vor allem in München produziert wurde”, schreibt Poenitsch in seinem Buch. Der Musikproduzent Giorgio Moroder gilt dabei als Urvater des Genres. Im Gespräch mit der AZ erklärt Poenitsch das Genre genauer: “Munich Sound bedeutet für mich eine Mischung aus Minimalismus und Opulenz, eine Mischung aus Elektronik, Rock, Funk und Disco. Die erste große Variation des Munich Sounds Ende der 70er, Anfang 80er war schon revolutionär, weil es extrem tanzbar war. Es war auch kommerziell, aber gleichzeitig war es avantgardistisch. Da waren auch viele elektronische und minimalistische Elemente, die es vorher im Pop noch nicht gab.” Der Munich Sound sollte damals schon die Blaupause für House und Techno werden, so Poenitsch. 

“Grad das Stück ‘I feel love’ von Donna Summer – das sind im Prinzip nur zwei, drei Spuren –  klingt heutzutage immer noch so frisch, als wäre es erst gestern produziert worden. Das ist schon etwas Besonderes”, sagt der DJ.  Der Munich Sound habe auch dazu geführt, dass Rockbands wie Queen oder die Rolling Stones,  “die schon so ein bisschen vor sich hin gammelten, plötzlich nach München kamen”. Laut Poenitsch erfuhren sie in München in den Musicland Studios von Giorgio Moroder “eine Frischzellenkur”.

Discoqueen Donna Summer lebte in München und schaffte hier den Durchbruch zum Weltstar
© United Archives / kpa via www.imago-images.de (www.imago-images.de)
Discoqueen Donna Summer lebte in München und schaffte hier den Durchbruch zum Weltstar

von United Archives / kpa via www.imago-images.de (www.imago-images.de)

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“Die finden sich selbst so geil”: Freddie Mercury über München

Poenitsch selbst arbeitete als junger Mann in den Musicland Studios. Während dieser Zeit traf er auch auf Bandmitglieder von Queen. “Die ganze Band war sehr zugänglich, man traf sich dann auch in der Stadt, weil die sich hier ganz zwanglos bewegten”, erinnert sich der Produzent. Einmal habe er Freddie Mercury gefragt, warum er München so toll finde. Dieser habe scherzhaft geantwortet: “Die Münchner finden sich selbst so geil, selbst wenn sie mich erkennen, würden sie es niemals zugeben, weil sie sich selbst viel toller finden. Und mir macht das gar nichts aus, weil mir gefällt es ja.” 

München als Disco-Stadt

Die meisten Leute verbinden Techno wahrscheinlich eher mit Städten wie Berlin. Während elektronische Musik in den 90er Jahren im Rest der Republik eher etwas düsterer war, “war München damals auch wieder ‘glam’”, so der DJ. “Es gab sexy Sängerinnen. Der ganze öffentliche Auftritt war hedonistischer und fröhlicher”, erinnert er sich. Die 90er seien “ein zweites großes Aufbäumen des Munich Sounds” gewesen. “Und ich würde sagen, dass beide Epochen bis zum heutigen Tage noch nachglitzern”, fügt er hinzu.

Stirbt die Subkultur in München aus?

Ist Münchens Subkultur auch heute noch so “glam” und opulent? “Nein”, sagt Poenitsch. Heute würde die Subkultur nicht mehr so florieren wie damals. “Ich glaube, das ist ein weltweites Phänomen. Klingt bisschen traurig, aber das ist einfach der Gang der Zeit. Die Welt hat heutzutage andere Themen.” Popmusik und Subkultur würde es zwar immer geben, “aber diese hohen Phasen, the golden age of Rock and Roll, Disco und Underground” seien nicht mehr ganz so präsent, sagt Poenitsch. Trotzdem werde Subkultur ihre “Relevanz nie verlieren, weil die Menschen ja immer noch zusammenfinden wollen, Spaß haben und tanzen wollen”, findet der DJ.  

“Das Recht von jungen Leuten ist es, eigene, neue Plätze zu erfinden und zu entdecken und zu machen. Gleichzeitig ist es immer schwerer, neue Clubs zu machen”, sagt Poenitsch in der AZ. Damals habe es nicht so viele Auflagen gegeben, da konnten Clubs “mit drei, vier Unterschriften” eröffnen. Trotzdem gibt es auch heute noch Menschen in München, die die Subkultur am Leben halten, so Poenitsch. Zwar sei es laut dem DJ keine Revolution mehr, aber immerhin.

Wo Münchens Subkultur noch lebt

Wo floriert die Subkultur in München also noch? Poenitsch nennt die Betreiber vom Harry Klein, die mittwochs in der Roten Sonne die queere Partyreihe “Gary Klein” anbieten. Das Fat Cat im Gasteig sei ein Ort, an dem “die Fackel noch weiter flackert”. “Dann gibt es aus der queeren Szene das Prosecco, das ist klein und sexy, so zwischen House, Disco und Hits”, so Poenitsch.  Auch die Glockenbachwerkstatt sei in München ein Ort, wo sich Menschen vor allem aus der Hip-Hop- oder Punkszene austoben können.

Auch der diesjährige Konzertsommer in München habe an die damalige Zeit erinnert. Die großen Massen an Fans auf dem Olympiaberg oder auch Veranstaltungen wie der CSD seien mit dem damaligen Geist der Stadt zu vergleichen. “Die Lust der Menschen zusammenzukommen, sich liebzuhaben und Musik zu feiern, wird nie erlöschen”, sagt Poenitsch.

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