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Plastikflut im Pflanzenhandel: Gibt es nachhaltige Alternativen? | ABC-Z

Schwarze Pflanzentöpfe

Plastikflut im Pflanzenhandel: Gibt es nachhaltige Alternativen?


Mi 12.03.25 | 06:10 Uhr | Von Felix Krüger

IMAGO

Video: Supermarkt | 10.03.2025 | Felix Krüger | Bild: IMAGO

Da will man nur ein paar neue Pflanzen für Balkon oder Garten und hat am Ende palettenweise Müll: Die schwarzen Pflanztöpfe sind ein Problem, auch weil sie nur schwer recycelbar sind. Wie lässt sich das vermeiden?

Die Pflanzenbranche hat ein Plastikmüllproblem: 150 Millionen Einwegpaletten kommen jährlich in Umlauf. Geschätzt das Zehnfache an Plastiktöpfen geht Jahr für Jahr in Deutschland über den Ladentisch. Legt man diese 1,5 Mrd. Kunststofftöpfe aneinander, würden sie dreimal um den Erdball passen. Doch neben dem reinen Müllaufkommen gibt es ein weiteres Problem: „So einen Einweg- Pflanztopf aus Neumaterial herzustellen, ist nicht umweltfreundlich“, erklärt Thomas Fischer von der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Die Produktion des Topfes verbrauche im Gegensatz zu Töpfen aus Recyclingmaterial viel Energie und stoße damit viel mehr CO2 aus.

Plastikmüll im Pflanzenhandel verringern

Aktuell gibt es allerdings nur vereinzelt Bestrebungen von Gärtnereien und Gartenmärkten, auf diese Plastiktöpfe zu verzichten. Auf Anfrage des rbb-Verbrauchermagazins Super.Markt antworten diverse Gartenmärkte ausweichend. Von Hornbach heißt es, derzeit sei man noch in der „Findungs- und Entwicklungsphase“, Toom antwortet „Für unsere Kunden und unsere Lieferanten hat das Thema nachhaltige Alternativen zu Plastiktöpfen im Pflanzenverkauf bisher keine Relevanz“.

Dabei gibt es alternative Pflanzenverpackungen: Mehrweg, kompostierbar oder Recycling – aber was ist sinnvoll?

Symbolbild: Pflanzen in den schwarzen Blumentöpfen. (Quelle: IMAGO/IndividualOne)Schwarze Blumentöpfe aus Plastik: schwer recycelbar

Vielfalt an Verpackungen und Topfgrößen bereitet Probleme

Landgard, eine Großhandelsgenossenschaft, zu der 3.000 Einzelbetriebe gehören, – einige davon auch in der Region – versucht, die Plastikflut in geordnete Bahnen zu lenken. Ein schwieriges Unterfangen, denn bisher gibt es für viele Pflanzen jeweils eigene Verpackungen und Topfgrößen. Dazu kommt ein europaweites Händlernetz mit jeweils eigener Logistik.

„Wir haben 150 verschiedene Transportverpackungen, die wir aus ganz Europa bekommen. Und das Ziel ist, dass alle möglichst weniger Verpackungsmüll haben. Deswegen wollen wir die Vielzahl von den verschiedenen Größen wieder reduzieren auf ein erträgliches Maß“, erläutert Helmut Lenßen von Landgard.

Landgard arbeitet unter anderem mit dem Palettensystem „Tray-C“. Es ist kein echtes Mehrwegmodell, kann aber immerhin zwei- bis dreimal verwendet werden. Das bedeutet allerdings Aufwand: stapeln, sortieren, zum Erzeuger bringen. Um es dann nach der mehrmaligen Benutzung doch zu entsorgen.

Schwarzes Plastik wird häufig aussortiert in Anlagen

Das Plastik landet dann in einer Recyclinganlage. Das Problem: „Schwarzes Plastik wird in den Sortieranlagen besonders häufig aussortiert“, sagt Björn Schwich von Interzero Plastics. Das Unternehmen betreibt unter anderem eine Recyclinganlage in Berlin-Mahlsdorf. Graue Pflanztöpfe seien besser sortierbar für die Anlagen, so Schwich – sie seien heller und somit werde das Infrarot-Licht, das für den Sortier-Vorgang benutzt wird, besser reflektiert. Schwarz hingegen schlucke das Licht, „das heißt, es ist gar nicht erkennbar für die meiste Sortiertechnologie“, so Schwich. Meistens landen die schwarzen Töpfe und Paletten am Ende also doch in der Verbrennungsanlage.

Kompostierbares Plastik ist oft keine Lösung

Im Rosengut Langerwisch, einem regionalen Pflanzenfachmarkt im Landkreis Potsdam-Mittelmark, wird weitgehend auf schwarze Plastiktöpfe verzichtet. Die Leiterin des Unternehmens, Kati Bräutigam, hat sich stattdessen für Plastiktöpfe aus hundertprozentigem Recyclingmaterial entschieden. Die Töpfe tragen das „Blaue Engel“-Siegel. Sie sollen nur ein Zwischenschritt sein, denn im Grunde geht es der Unternehmerin darum, voll kompostierbare Pflanztöpfe zu benutzen. Eine Lösung wären Produkte aus kompostierbarem Biokunststoff, die allerdings wieder schwarz wären.

Bei der DUH sieht man diese Biokunststoffe allerdings trotz ihrer Öko-Anmutung eher kritisch. Nach der Bioabfallverordnung gibt es nämlich strenge Kriterien, was in die braune Tonne darf. „Die dürfen gar nicht in der braunen Tonne entsorgt werden. Und von daher stelle ich mir die Frage: Was soll dieser Topf?“, sagt Experte Thomas Fischer.

Echtes Mehrweg-Pfandsystem müsste her

Bleibt eigentlich nur eine wirklich nachhaltige Variante übrig: Ein Mehrweg-Pfandsystem, das den Namen auch verdient.  Der Bau und Gartenmarktriese Obi, der jährlich immerhin 80 Millionen Topfpflanzen verkauft, will in diesem Frühjahr mit dem Pfandsystem loslegen. Das heißt, stabile Töpfe und Paletten, die bis zu hundertmal wiederverwendet werden. Der sogenannte Bring-Back-Pot für ein Pfand von 15 Cent wird laut Angaben des Unternehmens bereits von Lieferanten genutzt, um die Pflanzen anzuziehen.

Heide Schulte-Beckhausen, Nachhaltigkeitsbeauftragte bei Obi, erläutert die Idee: „Der Kunde kann den Topf bei uns kaufen, wieder zurückbringen und dann holt der Lieferant das wieder bei uns ab. So geht das dann eben in den Kreislauf rein.“

In der Testphase wird allerdings nur jeder 800. Pflanzentopf als Pfandmodell ausgeliefert. Insgesamt 100.000 Stück – und auch nur in 30 Märkten bundesweit.  Der Grund dafür sei, dass die dahinterliegenden Prozess „natürlich erstmal auf so ein Pfandsystem oder auf ein Mehrweg-System umgestellt werden“ müssen, so Schulte-Beckhausen.

Mit wenigen Schritten Plastik-Müll vermeiden

Wer demnächst neue Pflanzen kaufen möchte, kann mit seinem Kauf zumindest versuchen, Müll zu vermeiden. Dazu gehört als erstes, keine Pflanzen in schwarzen Plastikblumentöpfen zu kaufen. „Schwarz verhindert das Recycling.  Von daher ist die Farbgebung wichtig für die Recyclingfähigkeit“, daran erinnert Thomas Fischer. Der zweite Punkt: auf recyceltes Material zu achten. Auch wer dort kauft, wo schon Pfandsysteme existieren, kauft nachhaltig. Und zuletzt hilft es, die Töpfe und Paletten zurückzubringen, wenn diese Möglichkeit von den Händlern angeboten wird.

Doch grundsätzlich ist klar: Es muss sich etwas an der aktuellen Situation ändern. Schon allein, weil die EU-Verpackungsverordnung, die vor wenigen Wochen in Kraft getreten ist, für die Zukunft Mehrweg im Transportbereich vorschreibt.

Sendung: Super.Markt, 10.03.2025, 20:15 Uhr

Beitrag von Felix Krüger


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