Pistorius warnt vor „hybrider Kriegsführung“ Russlands – „Putin weiß, wie er Nadelstiche bei uns setzen muss“ | ABC-Z
Deutschland müsse sich auf eine hybride Kriegsführung Wladimir Putins vorbereiten, fordert Verteidigungsminister Boris Pistorius: „Wenn wir die Bedrohung ignorieren, wird sie nicht kleiner, sondern größer.“ Mit einem militärischen Angriff Russlands auf die Nato rechnet er aktuell allerdings nicht.
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat vor einer hybriden Kriegsführung von Russlands Präsident Wladimir Putin gegen Deutschland gewarnt. „Putin greift hybride an, und Deutschland ist dabei besonders im Fokus. Er kennt uns gut, Putin weiß, wie er Nadelstiche bei uns setzen muss“, sagte Pistorius den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Pistorius betonte, es sei wichtig, dass sich Deutschland hierfür wappne. „Wir müssen uns vorbereiten, um uns Putins Bedrohung selbstbewusst entgegenstellen zu können. Wenn wir die Bedrohung ignorieren, weil sie uns Unbehagen bereitet, wird sie nicht kleiner, sondern größer.“
Als Beispiele führte Pistorius Angriffe auf Infrastruktur und Energieversorgung sowie Aktivitäten wie Sabotage in Nord- und Ostsee und Regelverstöße im Luftraum auf. Hinzu kämen Kampagnen in den sozialen Medien und „die Beeinflussung von Wahlkämpfen“, sagte der SPD-Politiker. Dabei gehe es auch um „die Finanzierung von Stimmen, die wie AfD und BSW behaupten, uns ginge es nicht um den eigenen Schutz, sondern wir würden auf einen Krieg mit Russland zusteuern“. „Das gehört alles zu Putins Strategie, unsere Gesellschaft zu verunsichern und auseinanderzutreiben“, sagte Pistorius. „Wir müssen alles dafür tun, um zu verhindern, dass Putins Strategie aufgeht.“
Das Bundesverteidigungsministerium definiert hybride Kriegsführung als „Kombination aus klassischen Militäreinsätzen, wirtschaftlichem Druck, Computerangriffen bis hin zu Propaganda in den Medien und sozialen Netzwerken“. Ziel der Angreifer sei es, „nicht nur Schaden anzurichten, sondern insbesondere Gesellschaften zu destabilisieren und die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Offene pluralistische und demokratische Gesellschaften bieten hierfür viele Angriffsflächen und sind somit leicht verwundbar.“
Mit einem militärischen Angriff Russlands auf die Nato sei aktuell allerdings nicht zu rechnen, so Pistorius. „Aber wir können nicht ausschließen, dass Russland in wenigen Jahren Nato-Territorium angreift.“
Putin habe aber konsequent auf Kriegswirtschaft umgestellt. Russland produziere in wenigen Monaten mehr Waffen und Munition als alle Länder der Europäischen Union zusammen in einem Jahr, betonte Pistorius. „Ab 2029 oder 2030 könnte Putin so aufgerüstet haben, dass Russland zu einem Angriff auf die Nato in der Lage wäre.“ Der Minister warnte: „Wir müssen auch damit rechnen, dass Putin in den nächsten Jahren durch einen Vorstoß an der ein oder anderen Stelle des Bündnisgebiets testen könnte, wie geschlossen die Nato wirklich ist.“
AFP/dpa/jr