Pistorius kritisiert Unions-Verhandler wegen Migration scharf: „Sie haben kein Gewissen“ | ABC-Z

„Sie haben kein Gewissen“
Pistorius kritisiert Unions-Verhandler scharf
10.03.2025, 20:42 Uhr
Zwischen Union und SPD entbrennt ein Streit über die Auslegung der gemeinsamen Sondierungsvereinbarungen zur Migrationspolitik. SPD-Chefin Esken widerspricht CDU-Vize Spahn wegen der Zurückweisung von Asylsuchenden an den Grenzen. Nun zieht Verteidigungsminister Pistorius über die Union her.
Verteidigungsminister Boris Pistorius hat scharfe Kritik an den Verhandlern der Unionsseite zum Thema Migration geübt. „Ich sag’s Euch wie es ist: Diese Gesprächspartner waren die mit Abstand unangenehmsten. Humanität und Verantwortung für andere Menschen? Null komma null“, sagte Pistorius nach Informationen des „Stern“ in der Sitzung des SPD-Bundestagsfraktion.
Er nannte dabei ausdrücklich zwei der Top-Verhandler der Union, CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt und den Parlamentarischen Geschäftsführer Thorsten Frei. „Ich sage es Euch: Dobrindt und Frei, sie sind wirklich unangenehm. Sie haben kein Gewissen“, so Pistorius weiter. Die Zitate finden sich in einem Protokoll der Sitzung, das dem „Stern“ vorliegt. Sie wurden von mehreren Teilnehmern bestätigt.
Pistorius verteidigte die Asyl-Ergebnisse der Sondierungsgespräche. Man habe die schlimmsten Sätze aus dem Sondierungspapier „rausgekegelt“, berichtet er vor der Fraktion. Zwar habe die Union erreicht, dass der Begriff der Begrenzung wieder ins Aufenthaltsgesetz aufgenommen werden soll, dabei handele es sich jedoch um ein „Placebo“, so Pistorius. „Das hat null Wirkung. Gar keine.“ Gemessen am 16-Prozent-Wahlergebnis habe man herausragende Erfolge erzielt. „Wir haben sie nicht eine Sekunde in unseren Vorgarten gelassen.“
Streit über Auslegung der Einigung bei Migrationspolitik
Zwischen Union und SPD ist ein Streit über die Auslegung der gemeinsamen Sondierungsvereinbarungen zur Migrationspolitik entbrannt – vor allem bei der Zurückweisung an den Grenzen. SPD-Chefin Saskia Esken widersprach vehement Äußerungen aus der CDU, wonach Deutschland künftig Asylsuchende an den Grenzen auch ohne Einverständnis der betroffenen Nachbarländer zurückweisen könne. CDU-Vize Jens Spahn hatte zuvor dem Portal Table.Briefings gesagt: „Wir machen uns nicht abhängig von der Zustimmung der anderen Länder.“
Der Streit dreht sich um den Passus in dem gemeinsamen Sondierungspapier von Union und SPD, wonach Zurückweisungen künftig „in Abstimmung“ mit den europäischen Nachbarländern vorgenommen werden könnten. „Da steht nicht zustimmen, sondern in Abstimmung“, sagte Spahn dazu. „Wir sehen alle Rechtsgrundlagen da, um es so oder so durchzusetzen“, führte Spahn aus.
CDU-Chef Friedrich Merz hatte bereits am Sonntag deutsche Alleingänge nicht ausgeschlossen. Zwar sei sein Ziel ein gemeinsames europäisches Vorgehen, aber „an erster Stelle steht für mich die Sicherheit unseres eigenen Landes“, sagte er. Ähnlich äußerte sich Unions-Parlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei in der „Bild“. „Wir wollen in Europa keine unnötigen Konflikte heraufbeschwören und zu gemeinsamen Lösungen kommen“, sagte er. „Klar ist dabei aber auch: Die Sicherheit unseres Landes steht für uns an erster Stelle. Sie zu garantieren ist oberste Pflicht des Staates.“
Die Organisation Pro Asyl kritisierte die Ergebnisse der Sondierungen als „Angriff auf Menschenwürde und Menschenrechte“ und warnte vor rechtswidrigen Zurückweisungen an der Grenze. Auch die geplante Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte sei „für die Betroffenen dramatisch und menschenrechtlich inakzeptabel“. Statt der anvisierten Ausweitung der Liste sicherer Herkunftsstaaten müsse eine Einzelfallprüfung gewährleistet werden.