Pianist Cateen Hayato Sumino begeistert im Rheingau | ABC-Z

Für viele Klassik-Nachwuchsstars ist neben einer intensiven Konzerttätigkeit die authentische Selbstdarstellung in sozialen Medien fast ebenso wichtige Voraussetzung einer erfolgreichen Karriere. Einer, der die Verbindung beider Gebiete perfekt beherrscht, ist der japanische Pianist Hayato Sumino, auf Youtube bekannt als „Cateen“. Im Laiendormitorium von Kloster Eberbach zeigte er auf Einladung des Rheingau Musik Festivals sein Profil als Universalmusiker im Programm „Reimagine“, für das er Musik verschiedener Epochen und Stile mit Improvisationen und Eigenkompositionen kombinierte.
Im Initialwerk des Abends, Johann Sebastian Bachs Italienischem Konzert BWV 971, zeigte Sumino indes zunächst keinen besonders differenzierten Zugriff, allzu glatt und mechanisch wirkte seine Lesart. Überzeugender gerieten die beiden folgenden „Études for Solo Piano“ des amerikanischen Minimalisten Philip Glass: Mit zwingender Sogwirkung realisierte Sumino das graduelle Anschwellen der Dynamik in der ersten Etüde, feinjustierte Repetitionstechnik demonstrierte er im zweiten Stück. Bachs häufig in Konzertprogrammen anzutreffende Chromatische Fantasie und Fuge d-Moll BWV 903 stellte der Pianist in erhellenden Zusammenhang, indem er zu der von Bach auskomponierten Fantasie mit eigenem Improvisieren überleitete.
Jazzige Etüden
Eine echte Entdeckung boten im zweiten Programmteil die Konzertetüden op. 40 des 2020 verstorbenen russisch-ukrainischen Komponisten Nikolai Kapustin. Stilsicher erweckte Sumino die den Etüden eingeschriebenen Jazz-Elemente zum Leben, etwa in dem groovenden „Prelude“. Flexibel wechselte er zudem zwischen den Stimmungen der einzelnen Charakterstücke, so etwa in einer Nocturne-ähnlichen „Rêverie“, einer motorischen Toccatina und einer idyllischen Pastorale.
Unter Kapustins Etüden mischte Sumino ausgewählte zweistimmige Inventionen Bachs, wobei er die häufig als Geläufigkeitsübung zu hörende C-Dur-Invention BWV 772 in sezierend langsamem Tempo nahm. Der wiederholte Wechsel zwischen den Welten von Barock und Moderne ging mehrheitlich auf – nur manchmal, wenn Kapustins donnernd exaltierte Virtuosität vermittlungslos in fließend beschwingtes Bach’sches Passagenwerk überging, mutierte das Konzept zum abenteuerlichen Stilmix.
Die Zugaben des Japaners waren eine delikat-chopineske Improvisation, gefolgt von fantasieartigen Veränderungen über das französische Volkslied „Ah! vous dirai-je, maman“ auf der Grundlage von Mozarts Variationswerk über dasselbe Thema KV 265. Der tosende Schlussapplaus gab den Veranstaltern recht, die mit dem Pianisten laut Festival-Programmchef Timo Buckow bereits „große Pläne“ für die Zukunft haben. Der Youtube-Star als Publikumsmagnet dürfte mühelos auch den Thiersch-Saal des Wiesbadener Kurhauses füllen.