Gesundheit

Pflege im Heim wird immer teurer |ABC-Z

Die demographische Entwicklung und die schwindende Zahl an Fachkräften führt absehbar zu großen Problemen bei der Versorgung alter und kranker Menschen. „Wenn man die Zahlen betrachtet, dann werden die Pflegeplätze in den nächsten Jahren nicht ausreichen. Es fehlen Fach- und Hilfskräfte, und in zehn bis 15 Jahren wird angesichts der Ge­burtenrate auch kein Nachwuchs da sein für Menschen, die dann pflegebedürftig sein werden.“ So fasst Anne Fischer, Geschäftsführerin der Caritas Landesarbeitsgemeinschaft Altenhilfe und Pflege, die Situation zusammen.

Die Kosten für pflegebedürftige Menschen in hessischen Pflegeheimen sind nach Angaben der Krankenkasse AOK weiter gestiegen. Der wissenschaftliche Dienst der Kasse hat jüngst ermittelt, dass die Gesamtkosten für einen Heimplatz in Hessen Ende vergangenen Jahres bei 4835 Euro im Monat lagen.

Zum Vergleich: 2017 waren es noch 3205 Eu­ro. Wohlgemerkt: Das ist nur ein Durchschnittswert, teils liegt der Preis auch deutlich darüber. Einen festen Preis gibt es nicht, denn jeder Betreiber eines Heims kalkuliert die Kosten selbst, muss sie jedoch von den Pflegekassen und den Sozialbehörden genehmigen lassen.

Viele Pflegebedürftige werden zu Hause versorgt

Die Pflegeversicherung gibt einen Zuschuss und übernimmt so einen Teil der Kosten, dadurch fällt der Eigenanteil der Betroffenen geringer aus. Dieser Zuschuss erhöht sich außerdem, je länger man im Heim lebt. Doch nach einer Erhebung der Caritas hat sich der Aufenthalt im Heim weiter verkürzt. Waren es sonst vier, fünf Jahre, bleiben die älteren Menschen nur etwa zwei Jahre im Heim. Somit zahlen sich die höheren Zuschüsse gar nicht mehr aus.

Grund für den kürzeren Aufenthalt dürften die gestiegenen Kosten sein, vermutet Anne Fischer von der Caritas. Damit erhöht sich aber die Last für Ange­hörige und ambulante Dienste. Das Statistische Landesamt hat jüngst ermittelt, dass im Jahr 2023 mehr als 80 Prozent aller Pflegebedürftigen in Hessen zu Hause versorgt wurden.

Doch irgendwann geht das nicht mehr: Wenn ältere Menschen einen Pflegegrad von 4 oder gar 5 erreicht haben, benötigen sie eine Versorgung rund um die Uhr. Das ist von Angehörigen meist nicht mehr zu leisten. Hessenweit sind 18,0 Prozent der Personen, die Pflegeleistungen erhalten, vollstationär untergebracht. Der Anteil ist in Frankfurt deutlich niedriger (11,8 Prozent) als etwa im Werra-Meissner-Kreis (22,3 Prozent).

2029: 3812 Euro pro Monat für einen Pflegeplatz

„Wir werden auch in Zukunft nicht ohne Pflegeheime auskommen“, sagt Sonja Driebold, die die Abteilung Gesundheit, Alter, Pflege bei der Diakonie Hessen leitet. Der Bedarf ist hoch: Laut Caritas und Diakonie, beide große Träger von Pflegeeinrichtungen im Bundesland, führen alle ihre Einrichtungen Wartelisten.

Der durchschnittliche Eigenanteil, den ein Pflegebedürftiger jeden Monat für einen Heimplatz zahlen muss, liegt laut der AOK-Analyse in Hessen derzeit bei etwa 2433 Euro. Nur in Nordrhein-Westfalen, in Baden-Württemberg, dem Saarland und Rheinland-Pflanz liegen die Kosten noch höher. Der Eigenanteil ist in den vergangenen Jahren fast kontinuierlich gestiegen.

Grund dafür sind unter anderem die steigenden Kosten für Löhne, sowie Energie- und Verpflegungspreise und Investitionskosten, die an die Heimbewohner weitergereicht werden. Das wissenschaftliche Institut der AOK sagt für das Jahr 2029 einen durchschnittlichen Eigenanteil von 3812 Euro pro Monat für einen Pflegeplatz voraus. Für die meisten Senioren ist das nicht mehr aus der eigenen Rente zu finanzieren.

Reserven der Bewohner sind vielerorts aufgebraucht

Schon jetzt ist die Zahl der Menschen, die deshalb auf finanzielle Unterstützung durch die öffentliche Hand angewiesen sind, hoch. Da die Kosten in den Heimen variieren, ist auch der Anteil der Sozialhilfeempfänger unterschiedlich hoch.

Caritas und Diakonie haben ermittelt, dass in manchen ihrer Ein­richtungen bis zu 55 bis 60 Prozent der Bewohner finanzielle Unterstützung beantragen, weil ihre Reserven aufgebraucht sind. „Wir können erkennen, dass aufgrund der steigenden Eigenanteile in der stationären Pflege immer mehr Menschen auf Sozialhilfe angewiesen sind“, sagt Sonja Driebold von der Diakonie.

Nicht nur den Betroffenen und ihren Angehörigen, auch den Trägern von Pflegeeinrichtungen brennt das Thema unter den Nägeln. Ein breites Bündnis schlägt Alarm: Unter dem Hashtag #StarkfürPflege haben zahlreiche Organisationen von AWO bis Verdi eine Pe­tition gestartet, um eine breite gesellschaftliche Diskussion über die Zukunft der Pflege anzustoßen. Am Tag der Pflege, am 12. Mai 2025, soll die Petition an Politiker übergeben werden.

Angesichts der vorgezogenen Bundestagswahl fordert Sonja Driebold von der Diakonie, Pflege bereits jetzt zum Wahlkampfthema aller Parteien zu machen, damit entsprechende Schritte endlich angepackt werden. Vom Land Hessen wünscht sie sich einen höheren Zuschuss für Investitionen in den Pflege­einrichtungen, um einerseits den An­stieg der Eigenanteile zu begrenzen und an­dererseits Insolvenzen unter den Ein­richtungen zu verhindern. Grundsätzlich hält sie eine grundlegende Finanz- und Strukturreform der Pflege für nötig, um sie dauerhaft bezahlbar zu machen.

„Mit dem jetzigen System werden wir es nicht schaffen, zukünftig alle Pflegebedürftigen adäquat zu versorgen“, sagt auch Anne Fischer von der Caritas Hessen. Die von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) angeschobene Pflegereform, die unter anderem die Deckelung der Eigenbeiträge vorsah, kann nach dem Bruch der Ampelkoalition nicht mehr beschlossen werden. Eine auskömmliche Pflege bleibt daher eine Mammutaufgabe für Bund und Land.

Back to top button