Kultur

„Pfau – Bin ich echt?“ mit dem fantastischen Albrecht Schuch | ABC-Z

Diesen Mann kann man mieten:. Matthias, attraktiver Miteigentümer und Star der Agentur „My Companion“, steht zahlungskräftigen Kunden zur Verfügung – nicht etwa als Callboy für sexuelle Dienste, sondern für die besten Notlügen oder andere überlebenswichtige Situationen. An der Haustür ist jedenfalls Schluss, trotz manch verführerischer Angebote, aber im Vertrag steht Sex nicht drin.

Das Geschäft boomt, ob er als kultivierter Begleiter beim Konzert klug über Musik parliert, als witziger Partner eine schicke Party adelt, als geliehener Papa mit Pilotenschein beim Elternabend glänzt oder als Sparringpartner für eine Frau dient, die Streiten lernen will, um ihrem Mann Paroli zu bieten. Egal wo, er macht immer eine „bella figura“. Nur wo liegt die Grenze zwischen Fake und real?

Wie funktionier das Leben, wenn er ein mietbarer Typ für alle Fälle ist? Albrecht Schuch und Julia Franz Richter).
© NGF CALA
Wie funktionier das Leben, wenn er ein mietbarer Typ für alle Fälle ist? Albrecht Schuch und Julia Franz Richter).

von NGF CALA

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Seine Bewertungen auf der Webseite sind toll, aber er ist ein Chamäleon, hat bei all dem Rollenwechsel sein eigenes Ich verloren und behandelt seine Freundin (Julia Franz Richter) mit gefälligen Worten wie eine Kundin. Selbst als die einen riesigen Köter heranschleppt, um eine Reaktion zu provozieren, traut er sich nicht, zu protestieren. „Du bist nicht mehr echt“, stellt die Frau genervt fest und verlässt ihn wegen seiner aalglatten Gefühllosigkeit. Ein schwerer Schlag, der eine Identitätskrise auslöst.

Ist alles und jeder käuflich, wenn der Preis stimmt?

Der Österreicher Bernhard Wenger legt als Regisseur ein Langfilmdebüt vor, das sich streckenweise mit Ruben Östlunds Gesellschaftssatire „Triangle of Sadness“ messen kann, ohne laut auf die Pauke zu hauen. Matthias erinnert an Maria Schraders Protagonist in „Ich bin Dein Mensch“ – der war ein persönlicher Roboter. Das Geschäft „Rent a Friend“ steht in „Pfau – Bin ich echt?“ für die Auswüchse des Turbokapitalismus, in dem alles und jeder käuflich ist, wenn nur der Preis stimmt.

Ein herrlicher Coup ist das furiose Finale, wenn beim Mann ohne Eigenschaften die servile Nettigkeit plötzlich nicht mehr auf Knopfdruck funktioniert und er mitten in seinem Gala-Auftritt als gebildeter Sohn, der seinen konservativen Vater am Ehrentag hochleben und ihm durch seine Perfektion Geschäftsfreunde sichern soll, ausrastet und die bürgerliche Bagage beschimpft, dass beim Tobsuchtsanfall die Gläser klirren. Die feinen Gäste interpretieren dann aber – und das ist das Perverse – sein schamloses Verhalten als Kunstperformance. Was nicht passt, wird passend gemacht.

In diesem tragikomischen Film stimmen Bissigkeit, Situationskomik, Timing und Bildsprache, allein der Bungalow, in dem Matthias lebt, wirkt im sterilen Design wie aus dem Katalog „Schöner Wohnen“, wird zum stylischen Gefängnis, in dem nur der virtuelle Sprachassistent „Alexa“ Leben suggeriert.

Poser und Opfer der Tragikomödie

Es ist aber wieder mal Albrecht Schuch („Lieber Thomas“, „Berlin Alexanderplatz“, „Schachnovelle“), der als Poser und Opfer dieser bitteren und gleichzeitig amüsanten Tragikomödie den letzten Schliff gibt, der seine opportunistische, emotional leere und gleichzeitig verletzbare Figur bis in die letzte Pore hinein überzeugend darstellt: in Verzweiflung, Angst, Selbstentfremdung und Frustration. Typisch bösen österreichischen Humor gibt’s vom Regisseur noch als Zugabe.


Kinos: Monopol, ABC,
R: Bernhard Wenger
(D, A, 102 Min.)

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