Péter Nádas: “Dann haben Sie ja noch etwas vor sich” | ABC-Z

Einer der besten
Romane, die es gibt, ist einer, den ich nicht kenne. Der ungarische
Schriftsteller Péter Nádas hat ihn mir empfohlen, nach einer Lesung in Weimar.
Es war eine dieser professionellen Begegnungen, die der Zufall schafft. Péter
Nádas gilt seit vielen Jahren als Anwärter auf den Literaturnobelpreis. Sein
2012 auf Deutsch erschienener Roman Parallelgeschichten ist kein Buch, das man einfach liest; er ist ein
Geflecht aus unterirdischen Gängen, die sich durch die Gewaltgeschichten des
20. Jahrhunderts ziehen.
Da standen wir also
zufällig an einem Knotenpunkt dieser Geschichten, auf dem Frauenplan, Goethes
Wohnhaus nebenan, die KZ-Gedenkstätte Buchenwald nicht weit, vor uns das
Gasthaus Zum weißen Schwan. “Nach Ihnen.” – “Nein, nach Ihnen.” – “Nein,
verzeihen Sie, ich werde es nicht zulassen, dass …” So spielten wir das
Spiel noch einige Runden, bis Péter Nádas mich plötzlich fragte, ob ich die
Erzählung Die
toten Seelen des russischen
Schriftstellers Nikolaj Gogol (1809 bis 1852) kenne. Dort gebe es eine Szene, in
der zwei Männer vor einer Salontür stehen, um sich gegenseitig den Vortritt zu
lassen.