Pete Hegseth vor dem Senat: „Ich liebe dich, mein Schatz“, sagt Trumps designierter Verteidigungsminister | ABC-Z
Vier Stunden und 15 Minuten musste sich Pete Hegseth einer knallharten Anhörung im Senat stellen. Im Vordergrund steht insbesondere der fehlende Respekt des designierten Verteidigungsministers gegenüber Frauen. Trotzdem muss sich der Fox-Moderator wohl nicht um seine Amtsbestätigung sorgen.
Als Pete Hegseth am Dienstagmorgen Ostküstenzeit den Saal G50 im US-Senat betritt, springt ein Dutzend Männer von den Zuhörersitzen. Sie applaudieren begeistert, auf dem Kopf tragen sie Baseballkappen mit der Aufschrift „For Hegseth“. Dann schallen „USA! USA“-Rufe durch den Raum. Von Beginn der Anhörung durch den Verteidigungsausschuss ist klar, dass es hier Emotionen geben wird wegen des Mannes, den Donald Trump zum nächsten US-Verteidigungsminister machen will.
Kein Ministerium ist so groß. Fast drei Millionen Frauen und Männer arbeiten für das Pentagon. Hegseth, sollte seine Nominierung bestätigt werden, wird ein Budget von mehr als umgerechnet 850 Milliarden Euro verwalten. Vor allem wird er Verantwortung mittragen für die Sicherheit Amerikas, Europas und der gesamten Welt.
Vor wenigen Monaten noch saß der 44-Jährige auf dem Studiosofa von Fox News und gab streckenweise krasse Kommentare über den politischen Gegner, die Demokraten, und ihre Regierungspolitik ab. Noch Anfang November sagte Hegseth in einem Podcast, dass Frauen nichts in Kampfeinheiten zu suchen hätten. Dies sind nur zwei der Gründe, warum Hegseth von allen Trump-Kandidaten derjenige ist, dessen Bestätigung durch den Senat am stärksten wackelt. Seit der Wahl im November haben die Republikaner mit 53 Sitzen die knappe Mehrheit im 100-köpfigen Senat.
Als Trump den Irak- und Afghanistan-Veteran eine Woche nach seinem Wahlsieg als Verteidigungsminister nominierte, einte das Pentagon-Establishment eine Mischung aus Unglauben und Schock. Ein Mann, der niemals ein Regierungsamt oder in einer großen Organisation Verantwortung hatte, soll diese Aufgabe übernehmen?
Schnell fanden zudem schwere Vorwürfe gegen den siebenfachen Vater ihren Weg an die Öffentlichkeit. Dass Hegseth Frauen sexuell missbraucht, sich an seiner eigenen Veteranen-Organisation finanziell bereichert und betrunken bei einer Feier mit Kollegen „Tod allen Muslimen!“ gerufen habe. Hegseth hat alle Vorwürfe als substanzlos zurückgewiesen. In einem Fall der mutmaßlichen Vergewaltigung leitete die Justiz 2017 keine strafrechtlichen Schritte ein, weil er erfolgreich argumentierte, betrunken gewesen zu sein und der Sex im gegenseitigen Einverständnis war. Drei Jahre später zahlte Hegseth der Frau ein Entschädigungsgeld im Austausch für einen Stillschweigevertrag.
Zu Beginn seines Statements spricht Hegseth zu seiner Frau
Der Bezichtigte beginnt sein Statement am Dienstag emotional. Er dreht sich zu seiner dritten Frau Jennifer um. „Ich liebe dich, mein Schatz, und danke Gott, dass es dich gibt. Wir beten jeden Morgen zusammen.“ Als Hegseth die Namen seiner sieben Kinder nennt, kommt er ins Straucheln. „Es sind so viele“, fügt er lachend hinzu.
Was in den nächsten vier Stunden und 15 Minuten folgt, ist ein knallhartes Auseinandernehmen des Kandidaten durch die Demokraten im Auswärtigen Ausschuss. Und überbordendes Lob und bedingungslose Unterstützung durch die Republikaner.
Die klaren Gegner des Kandidaten sind die Frauen im Ausschuss. „Sie haben keinen Respekt für Frauen, die bereit sind, für unser Land zu sterben“, geht die demokratische Senatorin Kirsten Gillibrand Hegseth an. Fast 20 Prozent des US-Militärpersonals sind Frauen. Darum gehe es nicht, entgegnet er. Es gehe darum, dass die Standards von Kampfeinsätzen durch die Beteiligung von Frauen gesunken seien.
Gillibrands Parteifreundin, Senatorin Tammy Duckworth, wird bei ihrer Befragung vor Emotion laut. Duckworth hat wie Hegseth im Irak gedient. Ihr Hubschrauber wurde von einer Rakete getroffen, sie verlor beide Beine. „Sie wollen die Standards in unserem Militär herunterschrauben, weil sie ein Freund von Donald Trump sind. Der übrigens nicht, wie Sie behaupten, einer der erfolgreichsten Geschäftsmänner der Welt ist. Er musste sechs Mal Konkurs anmelden.“
Die schärfste Attacke kommt von Senator Tim Kaine
Mit den schärfsten persönlichen Attacken geht Senator Tim Kaine Hegseth an. Wie der Kandidat einen Treueid ableisten könne, wenn er „Sex hatte mit einer Frau, während er noch mit Ehefrau Nummer zwei verheiratet war und gerade ein Kind gezeugt hatte mit der künftigen Ehefrau Nummer drei“.
„Ich habe in meinem Leben Fehler gemacht, aber ich bin dankbar, dass mein Herr und Retter Jesus Christus mich erlöst hat“, sagt Hegseth mehrfach zu den Vorwürfen. Seine republikanischen Alliierten unterstützen ihn in dieser Strategie. Niemand sei frei von Sünde, schmettert der Republikaner Markwayne Mullin. Auch er habe nur dank seiner Frau von der Alkoholsucht zurück ins Leben gefunden.
Als der demokratische Senator Mark Kelly ein halbes Dutzend Ja-Nein-Fragen stellt, ob Hegseth in Gegenwart von Kollegen komplett betrunken und sexuell ausfallend geworden sein soll, antwortet der Beklagte stoisch mit: „Anonyme Schmierkampagnen.“ Es passe nicht zusammen, so Kelly, dass Hegseth auf der einen Seite proklamiere, er sein ein geläuterter Mann. Und andererseits konkrete Vorwürfe kategorisch als Kampagnen abtue. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Mann ohne jede Ehrlichkeit unser Verteidigungsminister sein könnte“, so Kelly.
Hegseth ist knappe Mehrheit so gut wie sicher
Trotzdem können sich die Republikaner so gut wie sicher sein, dass Hegseth kommenden Montag beim Votum im Ausschuss mit großer Wahrscheinlichkeit die knappe Mehrheit bekommt. Danach ist die Abstimmung im Senat normalerweise nur noch Formsache. Sie können sich sicher fühlen, weil eine Widerständlerin in den eigenen Reihen eingeschert ist. Joni Ernst, Senatorin und ebenfalls Irak-Veteranin, hatte öffentlich ihre Zweifel an Hegseths Eignung bekannt. Woraufhin sie Riesendruck aus den eigenen Reihen bekam.
Nun hält sich Ernst kurz. Ob Hegseth zusage, dass er als Minister die Teilnahme von Frauen bei Kampfeinsätzen unterstützen werde – „wenn die entsprechenden Standards eingehalten werden“? Damit gibt Ernst genau die Sprachregelung wider, die Hegseth für das Risikothema verwendet.
Kaum ein Wort fällt über die Themen, für die Hegseth sehr bald zuständig sein könnte. Die Kriege in der Ukraine, im Nahen Osten und im Sudan. Trump wolle „ein Ende des Krieges sehen. Wir wissen, wer hier der Gute ist. Wir wollen, dass die Ukraine in die für sie vorteilhafteste Lage versetzt wird.“ Bekannt ist jetzt zumindest, dass Trumps Kandidat vor dem Hearing fünf Sets à 47 Liegestützen gemacht hat. Auch das wird ihm nützen.