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Person der Woche: SPD in Aufruhr: Scholz weg, Pistorius Vizekanzler, Klingbeil Fraktionschef? | ABC-Z


Person der Woche

SPD in Aufruhr: Scholz weg, Pistorius Vizekanzler, Klingbeil Fraktionschef?

Die letzten Umfragen signalisieren einen klaren Wahlsieg der Union. Wahrscheinlich wird Friedrich Merz eine Koalition mit der SPD anstreben. Doch wer hat dort das Sagen, wenn Olaf Scholz weg und die Partei mit dem schlechtesten Ergebnis seit 1887 tief erschüttert ist?

Die SPD steht nicht nur vor einer Niederlage, ihr droht ein historisches Drama. Die letzten Umfragen sagen der Partei nur noch 14 bis 16 Prozent voraus. Das wäre das schlechteste Ergebnis der deutschen Sozialdemokratie seit 138 Jahren, genau seit 1887. Bei den Reichstagswahlen 1890 erreichten die Sozialdemokraten dann bereits 19,7 Prozent, und sie blieben fortan im Kaiserreich, in der Weimarer Republik und in der gesamten Geschichte der Bundesrepublik immer über der Marke von 20 Prozent. Jahrzehnte lang sogar doppelt so hoch.

SPD-Chef Klingbeil und Verteidigungsminister Pistorius kamen am Sonntag ins TV-Studio, um sich das RTL/ntv-Quadrell anzusehen. SPD-Chef Klingbeil und Verteidigungsminister Pistorius kamen am Sonntag ins TV-Studio, um sich das RTL/ntv-Quadrell anzusehen.

SPD-Chef Klingbeil und Verteidigungsminister Pistorius kamen am Sonntag ins TV-Studio, um sich das RTL/ntv-Quadrell anzusehen.

(Foto: picture alliance/dpa/dpa-Pool)

Das Ausmaß des drohenden Debakels wird auch im kurzen Zeitrahmen deutlich. Im Vergleich zur letzten Bundestagswahl (25,7 Prozent) hätte die SPD damit 40 Prozent ihrer Wählerschaft verloren. Blickt man auf die 25 Jahre andauernde Phase, in der die SPD seit 1998 fast durchgängig mitregiert, dann hätte die SPD fast zwei Drittel ihrer Wählerschaft verloren. Gerhard Schröder gewann seinerzeit die Bundestagswahl mit 40,9 Prozent.

Am Wahlsonntag droht der SPD also eine tiefe Erschütterung – mit drei unmittelbaren Folgen:

  • Erstens steht ein Austausch der Führungsriege an. Bundeskanzler Olaf Scholz wird ab Sonntagabend schlagartig entmachtet. Er wird Verantwortung übernehmen und sich wahrscheinlich aus der Politik zurückziehen. Scholz hat bereits angekündigt, dass er nicht für ein Kabinett Merz zur Verfügung steht. Damit wird er nicht einmal mehr die Koalitionsverhandlungen führen dürfen. Auch die Karrieren von Parteichefin Saskia Esken und Fraktionschef Rolf Mützenich dürften nach dem Wahltag weitgehend auslaufen. Bei Esken wird die offizielle Entmachtung noch bis zum ordentlichen Parteitag dauern, bei Mützenich könnte schon die konstituierende Fraktionssitzung bereits seinen Abstieg besiegeln.
  • Zweitens wird die kommende SPD-Fraktion ein völlig anderes Gesicht bekommen. Sie wird in ihrer Größe – auch wegen des neuen Wahlrechts – glattweg halbiert sein. Zugleich dürfte in ihr das Bewusstsein herrschen, dass es für die SPD fortan ums nackte Überleben geht und sie in einer neuen Regierung sachliche Probleme wirklich lösen, im Politsprech also „liefern“ muss. Das könnte für die Regierungsbildung mit der Union hilfreich sein. Partei-Insider kündigen bereits an: Die neue Fraktion dürfte sich den pragmatischen Linien ihrer Ministerpräsidenten von Brandenburg bis Hamburg, vom Saarland bis nach Niedersachsen anschließen und in der Migrationsfrage eine echte Wende herbeiführen.
  • Drittens stehen mit Lars Klingbeil und Boris Pistorius zwei starke Führungsgestalten nun an der Rampe der neuen Macht. Beide kommen aus Niedersachsen, beide sind mittig orientierte Realpolitiker, beide haben hohe Akzeptanz in der Partei. Aber beide sind auch sehr machtbewusst. Darum wird der erste Machtkampf der neuen SPD und auch der Regierungsbildung unter diesen beiden ausgetragen werden. Klingbeil dürfte nächster Fraktionsvorsitzender werden und die Koalitionsgespräche führen. Doch geht er auch in eine neue Regierung? Überlässt er möglicherweise Pistorius die Vizekanzlerschaft? Oder wird dieser damit zu mächtig? Einig sollen sich beide darin sein, den dritten Niedersachsen in der SPD-Führung, Hubertus Heil, nicht mehr in die erste Reihe zu lassen.

Schon in dieser Wahlwoche hört man aus der SPD ziemlich lautes Rumoren zum anstehenden Stühlerücken. Die Schuld für das erwartbare Wahldebakel wird dabei allseitig Olaf Scholz zugesprochen. Denn der sei nicht nur der unbeliebteste Kanzler seit 1949, er habe auch verhindert, dass mit Boris Pistorius der populärste Politiker Deutschlands gegen Friedrich Merz antreten durfte. Das Fanal von 1887 prange im Kanzleramt an den Wänden, nicht im Willy-Brandt-Haus, heißt es aus der Parteiführung.

Vielleicht gelingt Scholz aber auch eine Last-Minute-Mobilisierung und er bringt die SPD doch noch auf 20 Prozent, zumindest über die legendären 19,7 Prozent von 1890. Dann wäre es nur das schlechteste Ergebnis seit 135 Jahren.

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