Penzberg: Gedenken an die Penzberger Mordnacht 1945 – Bad Tölz-Wolfratshausen | ABC-Z

Der 28. April 2025 ist ein wunderbarer Frühlingstag. „Es scheint auch die Sonne, wenn der Faschismus wiederkommt, wenn Transmenschen, Behinderte, Juden oder linke Journalisten ihre Rechte verlieren“, sagt der SPD-Ortsvorsitzende Clemens Meikis. „Und niemandem ist klar, wann es eigentlich zu spät wurde.“ Etwa 80 Bürgerinnen und Bürger haben sich am Montag am Mahnmal An der Freiheit versammelt, um der Opfer der Penzberger Mordnacht vom 28. April 1945 zu gedenken. An jenem Ort, an dem vor 80 Jahren sieben von insgesamt 16 Menschen von fanatischen Nationalsozialisten ermordet wurden.
Eigentlich waren es 17, denn auch das ungeborenen Kind der Eheleute Xaver und Agathe Fleißner, die erhängt wurden, stirbt. Männer und Frauen, darunter Bürgermeister Johann Rummer, den die Nazis 1933 abgesetzt hatten. Er hört im Radio am Morgen des 28. April 1945 die Durchsage der „Freiheitsaktion Bayern“, in der Arbeiter und Vorkriegsbürgermeister aufgefordert werden, Betriebe vor Sabotageakten der Nationalsozialisten zu schützen. Rummer handelt und verhindert mit Gleichgesinnten die Sprengung des Bergwerks. Noch am Abend desselben Tages werden die Männer von einem Trupp des Sonderkommandos „Werwolf“ erschossen. In den folgen Stunden geht das Morden weiter, das sich als nie verheilende Wunde in das Gedächtnis der Stadt eingebrannt hat.
Seit 1946 wird jedes Jahr an die „Penzberger Mordnacht“ erinnert. Traditionell lädt die SPD zur Gedenkveranstaltung beim Mahnmal ein, die bis 2020 den Bürgermeister respektive die Bürgermeisterin der ehemaligen Bergarbeiterstadt stellte. Am 80. Jahrestag sind am Montag als Ehrengäste die Vorsitzende der Landes-SPD, Ronja Endres, gekommen, Altbürgermeister Hans Mummert, die frühere Bürgermeisterin Elke Zehetner, die Familien der Opfer Hans Dreher und Michael Schwertl, die an diesem Ort den Tod fanden.
Die evangelische Pfarrerin Anna Hertl findet in einem interreligiösen Gebet berührende Worte. Auch Bürgermeister Stefan Korpan (CSU) ist unter den Ehrengästen. Wegen der im Gefolge der jüngsten Anschläge verschärften Sicherheitsvorschriften findet im Anschluss kein gemeinsamer Friedensmarsch zum Friedhof statt, was von einigen bedauert wird. Ruhig stehen die Anwesenden vor dem eindrucksvollen Mahnmal, die meisten sind dunkel gekleidet. Der evangelische Posaunenchor spielt getragenen Lieder. „Wehret den Anfängen: Nie wieder Faschismus – Nie wieder Krieg“ steht auf einem Banner.
Es ist eine würdevolle Veranstaltung, die die Sinnlosigkeit und Unmenschlichkeit der Ereignisse des 28. April 1945 eindringlich vor Augen führt. Denn der Krieg ist längst verloren; bereits 1944 sind die Alliierten in der Normandie gelandet. Zwei Tage nach der Penzberger Mordnacht begeht Hitler Selbstmord, die Stadt wird von US-amerikanischen Truppen befreit. Am 8. Mai 1945 erfolgt die bedingungslose Kapitulation der deutschen Wehrmacht.

Das Gedenken an die grauenhaften Ereignisse dürfe niemals enden, sagt SPD-Landesvorsitzende Endres, die im Wechsel mit Meikis die Namen der Ermordeten nennt. „Es ist unsere Pflicht, die Geschichte immer und immer wieder zu erzählen.“ Die 38-Jährige ist selbst in Penzberg aufgewachsen und mit den historischen Ereignissen bestens vertraut. Eigentlich sei in den vergangenen Jahrzehnten darüber schon alles gesagt worden. Was ihr wichtig sei: den beispielhaften Mut von Bürgermeister Rummer und seinen Helfern hervorzuheben. Einfache Bürgerinnen und Bürger, die in Freiheit leben und miterleben wollten, „was wir aus dieser Ruine Deutschland machen können“. Sie hatten keine Zukunft. „Es sind so viele Schüsse gefallen, dass die Bäume hier in Fetzen standen“, sagt Endres.
Anschließend hätten sich die Mörder betrunken und weitere Bürger aus politischen Gründen, teils aufgrund von Denunziationen, aufgehängt, „damit alle es sehen können.“ 17 Täter, die 1948 verurteilt wurden. Die Begründung lautete: „Wer politisch Andersdenkende als Menschen zweiter Klasse ansieht, auf deren Leben es nicht so genau ankommt, handelt aus niedriger Gesinnung.“ Vollstreckt wurden die Urteile, darunter zwei Todesurteile und langjährige Haftstrafen, nicht. Denn nach diversen Revisionsprozessen wurden alle Täter 1956 freigesprochen.

Sie sei stolz auf ihre Heimatstadt, „weil das Erinnern hier immer einen Raum hatte“, sagt Endres. Penzberg sei eine offene Stadt mit vielen Nationen. „Lasst uns stark sein und gemeinsam Unrecht benennen“, fordert sie. Wie wichtig Zivilcourage ist, betont auch der SPD-Ortsvorsitzende Meikis. Denn drei Generationen nach der Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten „erwacht der Ungeist des Völkischen wieder“. Angesichts dieser Entwicklungen stelle sich die Frage: „Was hätten wir schon längst gelernt haben müssen?“ Eine Antwort könnten die Worte der Holocaust-Überlebenden Eva Szepesi sein, die Meikis zitiert. „Die Shoah begann nicht mit Auschwitz. Sie begann mit dem Schweigen und dem Wegschauen der Gesellschaft.“