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Pau Babot vom Hanauer SC spielt für Andorra | ABC-Z

Pau Babot ist selten um eine Antwort verlegen, doch bei dieser Frage muss er erst einmal in Ruhe nachdenken: Was passiert eigentlich, falls seine Mannschaft am Wochenende gewinnt? „Tatsächlich habe ich mir darüber noch keine Gedanken gemacht. Aber wenn es passiert, kann ich guten Gewissens meine Karriere beenden“, lautet sein nicht ganz ernst gemeinter Kommentar zu einem Szenario, an das wohl selbst in Andorra nur die kühnsten Optimisten glauben. Wenn die Auswahl des kleinen Pyrenäenstaates an diesem Samstag im Rahmen der WM-Qualifikation auf die englische Nationalmannschaft trifft (18.00 Uhr live bei DAZN), wird auch der junge Defensivspieler aus Frankfurt mit von der Partie sein.

Sein Auftrag: Harry Kane und Bukayo Saka stoppen. Vielleicht aber auch Jude Bellingham. Je nachdem, ob Babot in der Abwehr oder im defensiven Mittelfeld aufläuft. Superstars in Diensten von Bayern München, Arsenal London und Real Madrid also – viel größer könnte der Kontrast zum sportlichen Alltag des 21-Jährigen kaum sein. Dieser läuft ansonsten in der fünftklassigen Hessenliga auf; zuletzt für den Hanauer SC, künftig für Rot-Weiss Walldorf. „Von der Intensität und Qualität her fühlt es sich manchmal an wie in einer anderen Sportart“, sagt er über seine Ausflüge in die Glitzerwelt des Fußballs.

Seine Mutter stammt aus Andorra

Begonnen hat alles mit einem Traumtor im Jahr 2019. Das seinerzeit für die B-Jugend des Karbener SV aktive Talent traf aus großer Distanz gegen Kickers Offenbach. Ein Video des spektakulären Treffers erreichte über seine Verwandtschaft Verantwortliche des andorranischen Fußballverbands. Babot, dessen Mutter aus Andorra stammt, wurde zum Lehrgang eingeladen.

Es folgten 26 Einsätze für die U-Teams – und im November 2024 schließlich das Debüt für die A-Nationalmannschaft. Beim 0:0 gegen Malta wurde der robuste Abräumer eingewechselt. Im März stand er dann gleich zweimal in der Startelf. Sowohl gegen Lettland (0:1) als auch Albanien (0:3) zog sich der Underdog gut aus der Affäre.

Auch dank dem Frankfurter, der nun vor dem „größten Spiel der Karriere“ steht: „Unsere offensiven Aktionen können wir wahrscheinlich an einer Hand abzählen. Aber wir wollen es so spannend wie möglich machen, so gut wie möglich davonkommen“, sagt er über das ungleiche Duell, das in der Heimspielstätte des spanischen Erstligaklubs Espanyol Barcelona ausgetragen wird.

„Pau war bei uns eine absolute Säule“

Längst hat er die ihm zur Verfügung stehenden Tickets an Familie, Freunde und Hanauer Mannschaftskollegen verteilt. Andorra, aktuell 173. der FIFA-Weltrangliste, müsse nicht nur gegen England „leiden und hinterherrennen“. Prominente Namen finden sich im von Trainer Koldo Alvarez nominierten Kader nicht – der „bekannteste“ Akteur, Iker Alvarez, steht für die Reserve des FC Villarreal in der dritten spanischen Liga im Tor. „Es ist ein riesiger Unterschied zu unseren Gegnern. Aber unsere Strukturen werden professioneller und die Ergebnisse sind ordentlich“, betont Babot.

Über den Spagat zwischen gehobenem Amateurfußball und Länderspielen konnte er sich in den vergangenen Monaten mit Abassin Alikhil austauschen. Der Trainer des Hanauer SC, einst unter anderem für Eintracht Frankfurt II im Einsatz, bestritt 38 Einsätze für die Auswahl Afghanistans. „Surreal“ sei ihm etwa 2011 sein Debüt vor großer Kulisse gegen Nepal vorgekommen: „Da schaust du schon in den ersten Minuten. Aber wenn der erste Pass dann ankommt, vergisst du das Drumherum.“

Ein „Kindheitstraum, der wahr wird“

Alikhil lobt Zweikampfstärke, Technik und Ruhe Babots: „Pau war bei uns eine absolute Säule. Ich traue ihm die Regionalliga locker zu. Und warum sollte er nicht noch höher spielen?“. Genau das ist das Ziel des künftigen Walldorfers, der aber Beruf und Fußball in Einklang bringen will.

Momentan absolviert er die Ausbildung zum Schreiner in einem Frankfurter Betrieb. „In erster Linie möchte ich in Deutschland so hochklassig wie möglich spielen, mittelfristig in der Regionalliga. Und natürlich will ich weiter bei der Nationalmannschaft dabei sein.“

Mit dieser folgt drei Tage nach der England-Partie eine weitere Herausforderung. Am Dienstag (20.45 Uhr live bei DAZN) trifft Andorra auf den nächsten scheinbar übermächtigen Gegner; schon am Sonntag fliegt Babot nach Belgrad. In Serbien warten möglicherweise Duelle mit Juventus-Stürmer Dusan Vlahovic auf ihn. Ein „Kindheitstraum, der wahr wird“ seien diese Auftritte. „Meine Gefühlslage bewegt sich zwischen Ehrfurcht, Respekt und Freude.“

Dass er durch die Länderspielreisen einen sportlichen Höhepunkt in der Heimat verpasst, wird er verschmerzen können – ganz unerwähnt lassen will es Babot aber nicht: Am Pfingstmontag trifft der Hanauer SC im Kreispokalfinale auf Nachbar Hanau 93.

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