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Panik nach dem TV-Duell: Könnten die Demokraten Biden noch permutieren? | ABC-Z

Ja, es wäre tatsächlich möglich – das ist die Antwort auf die Frage, die sich nun viele stellen. Könnten die Demokraten US-Präsident Biden von seiner Kandidatur noch abbringen? Einfach wird das allerdings nicht und es gibt auch gute Gründe dagegen. Fragen und Antworten dazu.

Wie könnte Biden gestoppt werden?

Eigentlich gar nicht – Biden müsste freiwillig auf die Kandidatur verzichten. Denn er hat sich bei den Vorwahlen der Demokraten klar durchgesetzt. Der nächste Schritt wäre nun die offizielle Nominierung auf dem Parteitag der Demokraten vom 19. bis zum 22. August in Chicago. Diese Nominierungsparteitage sind eigentlich nur eine Formsache. Bisher ist es noch nie vorgekommen, dass ein Kandidat dort noch gestrauchelt wäre. Das hat einen klaren Grund: Die Delegierten, die Biden in den Vorwahlen gewonnen hat, sind im Wesentlichen an ihn gebunden. Sie müssen ihn zumindest im ersten Wahlgang wählen. Deswegen kann Biden auch niemand die Kandidatur wegnehmen. Erst im zweiten Wahlgang dürften ungebundene Delegierte mitabstimmen – dabei handelt es sich um gewählte Amtsträger, also Senatoren, Abgeordnete, Gouverneure und Parteiführer.

Wer könnte Biden davon überzeugen, aufzuhören?

Die Antwort darauf ist letztlich Spekulation. Die beste Person wäre wohl seine Frau Jill. Sie hat allerdings seine Kandidatur bislang energisch unterstützt. Nach dem TV-Duell gegen Trump jubelte sie: “Joe, du hast einen so tollen Job gemacht! Du hast jede Frage beantwortet! Du hast alle Fakten gewusst!” Das heißt nicht, dass sie nicht auch ihre Meinung ändern könnte. Die andere Variante wäre: Parteigrößen wie Chuck Schumer, Nancy Pelosi oder Ex-Präsident Barack Obama reden ihm ins Gewissen. Aber: Biden gilt als stur und ist überzeugt davon, der am besten qualifizierte Kandidat zu sein.

Was würde passieren, wenn Biden verzichtet?

Zunächst einmal würden voraussichtlich mehrere Demokraten ihre Kandidatur erklären. Vizepräsidentin Kamala Harris wäre die natürliche Nachfolgerin. Da sie ebenfalls nicht besonders populär ist, hätten wohl auch andere Chancen. Als mögliche Bewerber gelten Gretchen Whitmer, Gouverneurin von Michigan, und ihr Amtskollege in Kalifornien, Gavin Newson. In den Wochen bis zum Demokraten-Parteitag würden diese Kandidaten um die Zustimmung der Delegierten werben. Neue Vorwahlen würde es nicht geben. Auf dem Parteitag müssten die Delegierten dann abstimmen – möglicherweise in mehreren Runden, bis jemand eine absolute Mehrheit bekommt.

Hat es so etwas schon einmal gegeben?

Nein, in dieser Form noch nicht. Es gibt aber zwei historische Beispiele, die an die aktuelle Situation erinnern. Das eine ist der Demokraten-Parteitag von 1968. Damals hatte der amtierende demokratische Präsident Lyndon B. Johnson nach einem enttäuschenden Vorwahlergebnis seine Kandidatur aufgegeben. Ein anderer Bewerber, Robert F. Kennedy, war ermordet worden. Daher sollte über die Nominierung erst auf dem Parteitag entschieden werden. Dort setzte sich der damalige Vizepräsident Herbert Humphrey durch. Er verlor dann gegen den Republikaner Richard Nixon.

Nixon betrifft auch das zweite Beispiel – nach dem Watergate-Skandal war der republikanische Präsident politisch erledigt. Seine Partei entzog ihm im August 1974 die Unterstützung, woraufhin Nixon zurücktrat und damit auch einem Amtsenthebungsverfahren entging. Dagegen wirkt ein schwacher Auftritt in einem TV-Duell zugegebenermaßen banal.

Damals übernahm Vizepräsident Gerald Ford die Präsidentschaft und stellte sich erst turnusgemäß zwei Jahre später zur Wahl. Wer auch immer auf Biden folgt – er oder sie hätte nur gut zwei Monate Zeit.

Wäre es überhaupt klug, Biden zur Aufgabe zu bewegen?

Das ist im Moment die alles entscheidende Frage. Womöglich geht es hier nur noch um das kleinere Übel. Zu erkennen, was das sein könnte, ist aber nicht so einfach. Natürlich, man könnte sagen: lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Doch ein neuer Kandidat hätte nur rund zweieinhalb Monate Zeit, sich bei den Amerikanern bekannt zu machen. Es wäre ein Himmelfahrtskommando, denn Trump hat nun eindeutig Oberwasser.

Ein Austausch des Kandidaten würde bei den Demokraten für Unruhe, wenn nicht Chaos sorgen – und Trump könnte ganz gelassen zusehen und sich als einzig wahre Alternative inszenieren. Eines ist sicher: Die möglichen Ersatzkandidaten Bidens kalkulieren ihre Chancen kühl. Sie könnten auch nach einer möglichen zweiten Amtszeit Trumps antreten.

Andererseits sind die Zeiten – gelinde gesagt – ungewöhnlich. Die US-Politik funktioniert schon seit Jahren nicht mehr so, wie das die Experten gewohnt waren. Die Ablehnung Trumps ist bei den Demokraten und vielen Unabhängigen extrem. Viele von ihnen würden jeden einigermaßen akzeptablen Kandidaten wählen, um Trump zu verhindern.

Kann Biden diesen Abend wieder ausbügeln?

Nichts ist unmöglich, aber klar ist: Das wird schwer. Sein Alter war bislang schon sein größter Schwachpunkt. Seine Performance war keine Überraschung, sondern bestätigte diese Befürchtungen. So gesehen hatte der Abend etwas vom Märchen “Des Kaisers neue Kleider”. Bisher hieß es oft: Biden ist zwar alt, aber er ist voll auf der Höhe. Nun haben alle gesehen: Daran gibt es erhebliche Zweifel. Der Kaiser ist nackt.

Wenn Substanz wichtiger als Wahrnehmung wäre, hätte Biden noch eine Chance. Doch überall in der Politik, aber besonders in den USA, ist die Wahrnehmung mittlerweile wichtiger als die Fakten. “Gefühle sind Fakten”, sagte Ex-Kanzlerin Merkel darüber. Als alt und klapprig wahrgenommen zu werden, hilft keinem Präsidentschaftsbewerber, so viel dürfte sicher sein.

Zudem könnte Trump Biden einfach ein zweites Duell verweigern. So würde er dem Demokraten die Chance nehmen, es besser zu machen. So hat er es auch schon bei den republikanischen Vorwahlen gemacht. Mit überwältigendem Erfolg.

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