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Alexander Bublik ist der vielleicht größte Chaot im Profi-Tennis | ABC-Z

Ein guter Tag beginnt für Alexander Bublik immer gleich. Zwischen neun und zehn Uhr klingelt der Wecker, dann steht er langsam auf, macht sich einen Kaffee, spielt ein bisschen mit seinem Sohn, und irgendwann gegen Mittag geht es auf den Tennisplatz. „So um zwölf gehe ich vielleicht aus der Wohnung“, sagt Bublik: „Vielleicht. Nicht einmal sicher.“

Doch bei Grand-Slam-Turnieren wie den French Open müssen die Spieler bisweilen deutlich früher raus aus den Federn. Die ersten Matches beginnen um elf Uhr. „Unmöglich für mich“, sagt Bublik. Und trotzdem steht er, der vielleicht größte Chaot im Tenniszirkus, nach seinem Sieg im Spiel gegen den Top-Ten-Spieler Alex de Minaur, das für elf Uhr angesetzt war, in der dritten Runde.

„Heute ist jeder super professionell“

Sorgen macht Bublik sich dennoch: Dass es Typen wie ihn, die lieber ausschlafen als morgens laufen zu gehen, bald nicht mehr geben könnte. Als er anfing zu spielen, habe es in den Top 100 und sogar in den Top 50 noch Spieler gegeben, die ihre Zeit genossen hätten. Spieler ohne Physiotherapeuten. Spieler ohne eigenen Coach.

„Heute ist jeder super professionell. Das ist besorgniserregend“, sagt Bublik: „Ich glaube, wir sollten mehr Raum für Spaß lassen.“ Was er meint: Raum für Typen wie Bublik, der von sich selbst sagt, dass er „natürlich nicht der professionellste Spieler auf dem Planten“ ist und deshalb stets einen Weg finden müsse, „Leute zu schlagen, obwohl sie in ihren Routinen zweimal besser sind als ich.“

Es gibt mehrere Wege, wie man ein Tennismatch gewinnen kann: mit der besseren Taktik oder der besseren Fitness zum Beispiel. Bublik gewinnt sie mit seiner Unberechenbarkeit, dem Vorteil, dass niemand weiß, was als nächstes kommt, weil er es wahrscheinlich selbst nicht weiß. Der 27-Jährige hat mal ein eigenes Aufschlagspiel beim Stand von 0:40 noch für sich entschieden, in dem er sechs Mal von unten servierte.

Der Wahnsinn ist Programm: Auf lange Selbstgespräche und Wutausbrüche folgt nicht selten ein Kunststück, nur um dann das nächste Aufschlagspiel völlig unkonzentriert abzugeben. Gegen Bublik spielt niemand gern. Mit seinen Mätzchen kann er das Publikum auf seine Seite ziehen oder völlig gegen sich aufbringen. Manchmal bekommt er dafür viel Hass ab.

„Der Schlüssel war es, aufzuwachen“

Doch ohne Typen wie ihn wäre der Tennissport wohl nur halb so interessant, weil Matches mit Bublik immer eine Show sind – und manchmal zu großen Dramen werden wie nun in Paris, als er den Australier De Minaur nach 0:2-Satzrückstand noch schlug. „Es gibt kein Geheimnis. Ich war ein bisschen verschlafen in den ersten beiden Sätzen“, sagte Bublik: „Der Schlüssel war es, aufzuwachen.“

Zwischendurch sei er gedanklich schon die Flugoptionen in die Heimat durchgegangen. Die Sandplatzsaison habe Kraft gekostet, weil er mehr Matches gewonnen hat als sonst. Auch deshalb sei er etwas müde gewesen. „Wenn ich verloren hätte, wäre ich nicht traurig gewesen, sondern froh, um 21.00 Uhr in Monaco zu sein.“ Bublik sprach hinterher vom vielleicht besten Grand-Slam-Match seiner Karriere. „Ich weiß, dass ich solche Spieler schlagen kann.“

Für mehr als ein Achtelfinale bei einem Grand-Slam-Turnier hat es für die einstige Nummer 17 der Welt trotzdem noch nie gereicht. Mit Chaos gewinnt man Matches, aber keine großen Titel. Er spiele wegen des Geldes, hat Bublik mal gesagt. Tennis sei nur ein Job. An diesem Samstag geht es wieder zur Arbeit. In der dritten Runde steht Bublik diesmal nur der Portugiese Henrique Rocha im Weg – und nicht der Wecker. Das Match dürfte nicht vor 15.00 Uhr beginnen.

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