Pager von Hisbollah-Kämpfern explodiert – Steckt Israel nach? | ABC-Z
Berlin/Beirut. Plötzlich explodieren im Libanon die kleinen Geräte, die die Miliz zur Kommunikation nutzt. Handelt es sich um einen geplanten Angriff?
Wie aus dem Nichts explodierten am Dienstag die Hosentaschen zahlreicher Menschen im Libanon. Augenzeugen berichteten von Panik in den Straßen Beiruts. Zahlreiche Krankenwagen waren im Einsatz. Der Grund: Am Körper der betroffenen Menschen befanden sich sogenannte Pager, also kleine Geräte, die die Kämpfer der Hisbollah zur Kommunikation nutzen.
In Folge kam es in Vororten der Hauptstadt Beiruts und im Süden des Landes zu chaotischen Szenen. In Videos von Überwachungskameras war zu sehen, wie es etwa in Supermärkten zu kleineren Explosionen kam. Teils lagen Menschen danach am Boden.
Pager explodiert: Tausende Verletzte und acht Tote
Wie die Deutsche-Presseagentur aus Kreisen eines Krankenhauses erfuhr, seien allein in dieser Einrichtung 300 Verletzte aufgrund explodierender Pager eingeliefert worden. Aus Kreisen der Hisbollah hieß es, dass zahlreiche Mitglieder der Schiiten-Miliz verletzt worden seien. Die Nachrichtenagentur AFP meldet bislang acht Tote, darunter ein Mädchen. Rund 2750 seien verletzt worden, der Zustand von 200 Menschen sei kritisch, sagte der libanesische Gesundheitsminister Firas Abiad.
Unter den Verletzten soll sich Medienberichten zufolge auch Irans Botschafter im Libanon, Modschtaba Amani, befinden. Der Pager habe einem Leibwächter gehört, berichtete die iranische Nachrichtenagentur Tasnim. Zur Beobachtung sei Amani in ein Krankenhaus gebracht worden, hieß es. Die Hisbollah ist der wichtigste nicht-staatliche Verbündete der Islamischen Republik Iran.
Auch Mitglieder der Radwan-Truppe, einer Eliteeinheit der Hisbollah, und ein hochrangiger Vertreter der Terrororganisation seien verwundet, wie eine der Miliz nahestehende Quelle bestätigte. Das libanesische Gesundheitsministerium rief alle Krankenhäuser zu höchster Alarmbereitschaft auf und forderte die Menschen auf, keine Funkgeräte zu benutzen. Die Gründe für die zeitgleichen Explosionen würden untersucht, erklärte die Miliz.
Derweilen blieb der mutmaßlich gezielte Angriff nicht nur auf den Libanon beschränkt: In Syrien soll es zu ähnlichen Vorfällen gekommen sein. Die dortige Beobachtungsstelle für Menschenrechte bestätigte, dass mehrere Mitglieder der Hisbollah durch explodierende Kommunikationsgeräte in der Nähe der Hauptstadt Damaskus verletzt wurden. Aus syrischen Sicherheitskreisen hieß es, ein Pager sei unter anderem in einem Auto in der Hauptstadt Damaskus explodiert.
Hisbollah kündigt Vergeltung an
Die Terrormiliz Hisbollah kontrolliert vor allem den Süden des Libanon und die Vororte Beiruts, also die Orte, an denen die Pager explodierten. Im Raum stand die Vermutung, dass Israel die Geräte als Angriff auf Hisbollah-Kämpfer womöglich gezielt zur Explosion gebracht haben könnte. Israels Armee kommentierte die Vorfälle im Libanon zunächst nicht. Die Hisbollah hingegen sieht Israel in der Verantwortung für die Pager-Explosionen: Der „israelische Feind“ sei voll verantwortlich für die „kriminelle Aggression“, hieß es in einer Erklärung der proiranischen Schiiten-Organisation auf Telegram. Israel werde eine „gerechte Vergeltung“ für diese „sündige Aggression“ erhalten, hieß es weiter.
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Das „Wall Street Journal“ berichtet unter Berufung auf nicht namentlich genannte Quellen, dass die Hisbollah die Geräte erst kürzlich erhalten habe. Die Zeitung zitiert die Quelle mit der Spekulation, eine Schadsoftware habe sie explodieren lassen.
Die Hisbollah wird unter anderem von Deutschland als Terrororganisation bezeichnet und kontrolliert den Libanon. Seit dem Anschlag der radikalislamischen Hamas am 7. Oktober 2023 spitzte sich auch der Konflikt zwischen Israel und der Hisbollah zu. Fast täglich kommt es zu Zwischenfällen im Grenzgebiet. Auf beiden Seiten gab es infolge des Beschusses Tote – die meisten von ihnen waren Mitglieder der Hisbollah.
Hauptstadt Inside von Jörg Quoos, Chefredakteur der FUNKE Zentralredaktion
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Erst am Dienstag wurden nach israelischen Angaben bei einem Angriff auf einen Ort im Südlibanon drei Hisbollah-Kämpfer getötet. Die proiranische Schiitenmiliz handelt nach eigenen Angaben aus Solidarität mit der islamistischen Hamas im Gazastreifen. Unmittelbar vor den Explosionen hatten israelische Medien über „dramatische Konsultationen“ der politischen Führung berichtet.
mit dpa, afp