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Ottobrunn klagt gegen Windräder im Höhenkirchner Forst – Landkreis München | ABC-Z

Die Gemeinde Ottobrunn hat beim Münchner Verwaltungsgericht Klage gegen den Bau der drei Windräder im Höhenkirchner Forst eingereicht. Bürgermeister Thomas Loderer (CSU) begründete den Schritt am Dienstag bei einer Pressekonferenz damit, dass mit dem Bau der Rotoren durch die Gemeinden Höhenkirchen-Siegertsbrunn, Egmating und Oberpframmern auf Siegertsbrunner Flur die Trinkwasserversorgung der Gemeinde Ottobrunn gefährdet werden könnte. Ziel der Klage sei die Rücknahme des Genehmigungsbescheids, sagte Loderer, „und dies bezieht sich auf alle drei Anlagen“.

Die Klage der Gemeinde gegen den interkommunalen Windpark im Höhenkirchner Forst kommt zu einem Zeitpunkt, zu dem das Projekt bereits weit vorangeschritten ist. Im Oktober erteilte das Münchner Landratsamt – wie auch den drei Windrädern der Gemeinden Sauerlach, Aying und Otterfing im Hofoldinger Forst – nach langer Planungszeit die Genehmigung. Mittlerweile laufen die Vorarbeiten für den Bau. Bereits vor fünf Jahren hatten sich die drei Kommunen Höhenkirchen-Siegertsbrunn, Oberpframmern und Egmating in der Arbeitsgemeinschaft (Arge) Höhenkirchner Forst zusammengetan, um den Bau von Rotoren im Staatswald auf den Weg zu bringen. Wirklich Fahrt nahm das Projekt aber erst mit dem sogenannten Wind-an-Land-Gesetz aus dem Hause von Bundeswirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck (Grüne) sowie der Novelle des Gesetzes für den Ausbau erneuerbarer Energien (EEG) auf. Damit wurde auch im Freistaat die Errichtung von Rotoren zur Stromerzeugung deutlich erleichtert.

Vor allem Paragraf 2 des EEG hat den Ausbau der Windenergie an Land deutlich beschleunigt. Denn dieser besagt, dass Bau und Betrieb von Rotoren „im überragenden öffentlichen Interesse liegen“ und „der öffentlichen Gesundheit und Sicherheit dienen“. Bis Deutschland nahezu treibhausgasneutral ist, sollen die erneuerbaren Energien „als vorrangiger Belang in die jeweils durchzuführenden Schutzgüterabwägungen eingebracht werden“, heißt es weiter. Diese Priorisierung hat auch Tempo in die Planungen der Anlagen im Höhenkirchner und Hofoldinger Forst gebracht – und genau daran stört sich Ottobrunns Bürgermeister Loderer.

Die Gemeinde Ottobrunn fördert ihr Trinkwasser im Höhenkirchner Forst nicht selbst, sondern bezieht es über die Wasserwerke Hohenbrunn, denen die beiden Brunnen am nördlichen Ende des Wasserschutzgebietes gehören. Allerdings ist die Gemeinde Ottobrunn der größte Kunde dieses Versorgers – etwa 68 Prozent des geförderten Trinkwassers gelangen in Ottobrunner Haushalte. Und diese Menge wird von 2026 an noch steigen. Denn dann wird die Gemeinde auch die Versorgung der Menschen auf dem östlich der S-Bahn gelegenen Gemeindegebiet übernehmen, das bisher von den Stadtwerken München beliefert wird. Diese aber dürfen aufgrund einer Verfügung des Landratsamtes Garmisch-Partenkirchen Kommunen im Landkreis München nicht mehr mit Wasser aus der Loisach beliefern.

Ottobrunns Bürgermeister Thomas Loderer sieht die Trinkwasserversorgung seiner Gemeinde gefährdet und klagt gegen den Bau von Windrädern im Höhenkichner Forst. (Foto: Claus Schunk)

Loderer argumentiert daher, die Trinkwasserversorgung Ottobrunns und auch Hohenbrunns dürften nicht gefährdet werden. „Es geht ausschließlich um die Qualität des Trinkwassers, das ist uns heilig“, so der Bürgermeister. „Und wir sehen in Windrädern die Gefahr, dass unsere hohen Schutzstandards des Wassers gefährdet werden.“ Nicht zuletzt durch das EEG, das er als „juristische Allzweckwaffe“ bezeichnet, um die Gefahren und Risiken durch den Bau und Betrieb von Windkraftanlagen herunterzuspielen. Die Versorgung der Menschen mit sauberem Trinkwasser und somit auch deren Gesundheit wird nach Ansicht Loderers dem bundesweiten Ausbauziel der erneuerbaren Energien systematisch untergeordnet.

Bettina Winkelmann, die Werkleiterin des Ottobrunner Wasserversorgungsbetriebs, verweist auf die Risiken, die aus ihrer Sicht allein der Bau von Windrädern mit sich bringe. Für einen Wasserversorger sei die Lage der Brunnen im Wald wegen dessen Funktion als natürlicher Filter der Idealzustand, so Winkelmann, durch Rodungen aber würden Nährstoffe freigesetzt und der Nitratgehalt des Wassers steige an. Vor allem die Lage des nördlichsten der drei Windräder nur etwa 80 Meter von den Brunnen entfernt stelle eine Gefahrenquelle dar. „Aus unserer Sicht ist es das Minimalziel, dass dieses Windrad nicht gebaut wird“, sagt Bürgermeister Loderer.

Die von der Gemeinde mit der Klage beauftragte Münchner Rechtsanwältin Kerstin Funke wollte sich am Dienstag nicht zu den Erfolgsaussichten der Klage beim Verwaltungsgericht äußern. Sie sagte aber, sie gehe von einer „formellen Rechtswidrigkeit“ der Genehmigung der Windräder durch das Münchner Landratsamt aus. Da Klagen gegen Windkraftanlagen seit der Novelle des EEG nicht mehr automatisch eine aufschiebende Wirkung, also einen sofortigen Baustopp, nach sich ziehen würden, habe sie zudem beim Verwaltungsgericht einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt. Über diesen werde das Verwaltungsgericht in acht bis zehn Wochen entscheiden, schätzt Funke. Bis dahin können die bereits begonnen vorbereitenden Arbeiten für die drei Windkraftanlagen weiter laufen.

Loderer hat den Gemeinderat nicht über die Klage abstimmen lassen

Bürgermeister Loderer hat sich im Vorfeld der Klage kein Mandat des Gemeinderates eingeholt, wie er auf Nachfrage bestätigte. Er habe das Gremium lediglich in einer nicht öffentlichen Sitzung über sein Vorgehen informiert. Grünen-Gemeinderat Dietrich Zeh kritisierte am Dienstag auf Anfrage der SZ, dass Loderer nicht früher beim Landratsamt nach den Rahmenbedingungen gefragt habe. „Der ganze Prozess ist ja nicht in wenigen Tagen passiert, sondern hatte einen langen Vorlauf.“

Die Ottobrunner SPD-Gemeinderätin Ruth Markwart-Kunas äußerte sich zurückhaltend. Dass Loderer den Gemeinderat nicht über die Klage habe abstimmen lassen, liege wohl daran, dass er eine solche als „Geschäft der laufenden Verwaltung“ angesehen habe. Sie hätte sich aber gewünscht, dass früher zum Landratsamt und den beteiligten Gemeinden Kontakt hergestellt worden wäre. „Ich bin nicht glücklich über die ganze Sache“, so Markwart-Kunas.

Loderer räumte in der Pressekonferenz ein, dass er und auch seine Verwaltung „die Brisanz“ der Angelegenheit unterschätzt hätten. „Wir sind spät in das Thema reingekommen und haben zunehmend Zweifel bekommen.“ Als Vorwurf an das Landratsamt als Genehmigungsbehörde, die Gemeinde nicht angehört zu haben, will er das nicht verstanden wissen: „Bedenken, die sie dort nicht kennen, können sie nicht einbeziehen.“ Das Landratsamt wollte sich am Dienstag nicht zu der Klage äußern. Eine Sprecherin teilte mit, man habe bisher keine Kenntnis davon.

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