Ostmark: Rochade zwischen Wien und Salzburg – Politik | ABC-Z
Während am Donnerstagabend in Wien Zehntausende Menschen zusammenströmten, um gegen die Aussicht einer FPÖ-geführten Bundesregierung zu demonstrieren, waren es in Salzburg immerhin mehrere Hundert. Und der Unmut der Protestierenden richtete sich auch gegen jene traditionsreiche konservative Volkspartei, die sich nach allerlei Ausschließereien nun doch mit den Rechtspopulisten in Verhandlungen begibt, um möglicherweise eine Regierung unter deren Führung als Juniorpartner mitzutragen. Auf den Plakaten, die in Salzburg hochgehalten wurden, standen Parolen wie: „Die ÖVP hat das Rückgrat einer Qualle“.
Ausgerechnet in ebenjenem Salzburg zeichnet sich nun Knatsch zwischen den beiden Parteien ab, die dort auf Landesebene seit Juni 2023 gemeinsam regieren. Dass der Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) sich zurückziehen würde, war bereits bekannt, als er am Donnerstagmittag an die Öffentlichkeit trat. Sein Nachfolger soll nun allerdings nicht, wie erwartet, der bisherige Verkehrslandesrat Stefan Schnöll werden. Der junge Vater verkündete kurzerhand, er wolle lieber mehr Zeit mit der Familie verbringen. Stattdessen soll die bisherige Bundesministerin für EU und Verfassung, Karoline Edtstadler (ÖVP), von Wien nach Salzburg wechseln und von Juli an neue Landeshauptfrau werden.
Auch sie hatte eigentlich offiziell vorgehabt, sich aus der großen Politik zurückzuziehen. Noch im November hatte sie angekündigt, in einer künftigen Regierung kein Ministeramt mehr anzustreben. Stattdessen wolle sie Nationalratsabgeordnete bleiben und zudem eine Anwaltskanzlei in ihrer Heimat Salzburg eröffnen.
Salzburgs designierte Landeshauptfrau gilt in Wien als selbstbewusste Gegenspielerin zur FPÖ
Dass sie nun als neue Landeshauptfrau designiert ist, darf man als Signal der Stärke der ÖVP gegenüber dem kleineren Salzburger Koalitionspartner interpretieren. Karoline Edtstadler gilt in Wien als selbstbewusste Gegenspielerin zur FPÖ. Auf Bundesebene mit deren Chef Herbert Kickl zusammenzuarbeiten, hat sie kategorisch ausgeschlossen, auf Landesebene allerdings sieht sie das weniger streng. Über die Salzburger FPÖ-Chefin Marlene Svazek sagte sie am Donnerstag: „Wir sind zwei starke Frauen, die gut miteinander können.“
Ob Letzteres auf Dauer beide Seiten so sehen, ist zumindest fraglich. Svazek verwies darauf, dass man sich mit dem noch amtierenden Haslauer eigentlich bereits auf Stefan Schnöll als Nachfolger geeinigt habe. Sie werde deshalb nun „übers Wochenende die Parteigremien einberufen, um die neue Situation grundsätzlich zu bewerten“. Zur Landeshauptfrau muss Karoline Edtstadler noch vom Salzburger Landtag gewählt werden. Sollte ihr die FPÖ-Fraktion die Zustimmung verweigern, wären in dem Bundesland Neuwahlen möglich.
Unterdessen verhandelt in Wien seit Donnerstag die FPÖ, die bei der Nationalratswahl im September mit 28,85 Prozent die meisten Stimmen erzielt hatte, mit der ÖVP über die mögliche Bildung einer gemeinsamen Bundesregierung. Diese war mit 26,27 Prozent Zweite geworden und konnte sich mit keiner der anderen demokratischen Parteien auf eine Koalition einigen.
Am Freitagvormittag ernannte Bundespräsident Alexander Van der Bellen Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) zum Übergangskanzler. Er soll so lange die Regierungsgeschäfte führen, bis eine neue Regierung ernannt wird.