Österreichs Industrie setzt auf das Gewissen von Kickl | ABC-Z
In Österreich setzen die Industriellen ihre Reformhoffnungen auf die mögliche Kanzlerpartei FPÖ. Die wichtige Lobbying-Organisation Industriellenvereinigung (IV) hält eine Regierungsvereinbarung zwischen den Freiheitlichen und den Christdemokraten bis Februar für möglich. Ihr Präsident Georg Knill erteilt allen europakritischen Stimmen in der FPÖ eine Abfuhr für die künftige Koalitionsarbeit. Bei aller teils berechtigten EU-Kritik – die FPÖ kokettierte auch schon mit dem Austritt – sei die Mitgliedschaft für Österreich essenziell.
Schließlich hänge der Wohlstand der kleinen offenen Volkswirtschaft vom internationalen Handel ab: „Österreich lebt vom Export, das muss sich auch im Koalitionsprogramm der neuen Regierung ganz klar widerspiegeln“, sagte Knill am Donnerstag. Weltoffenheit sei für eine offene Volkswirtschaft, die insgesamt sechs von zehn Euro im Export verdient, von grundlegender Bedeutung. FPÖ-Vorsitzender Herbert Kickl schien das bisher – vielen seiner Aussagen zufolge – aber nicht recht zu tun.
Wie sehr die FPÖ wo sparen will, ist unklar
Der Rechts-außen-Vertreter gilt als Sympathisant Russlands und hatte die EU in seiner Rede vor der Einladung der ÖVP zu Gesprächen nicht einmal erwähnt. Kickl kenne man bisher einzig als Oppositionspolitiker, nun müsse dieser zeigen, ob er auch Verantwortung übernehmen kann. Das wiederum werde die Industriellenvereinigung genau beobachten und sich auch weiterhin einbringen, sagte auch deren Generalsekretär Christoph Neumayer.
Bei der Notwendigkeit der Konsolidierung von sechs Milliarden Euro allein fürs laufende Jahr im Staatsbudget gehe es nur um drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Das sei machbar, ohne die schwache Konjunktur abzuwürgen, sagte der IV-Präsident sinngemäß.
Wie sehr die FPÖ wo sparen will, ist unklar. Knill wies darauf hin, dass es allein bei Förderungen ein Konsolidierungspotential von 8,5 Milliarden Euro gebe. Dann würden Förderungen von den derzeitigen etwa 7,5 Prozent des BIP auf den EU-Durchschnitt von 5,7 Prozent gekürzt. Mittelfristig gehe es auch um den zu ausgeprägten Föderalismus angesichts von Kompetenzüberschneidungen, und langfristig gehe es ebenso um Schritte im umlagefinanzierten Rentensystem.
Knill verwies auf eine äußerst ernste Lage in der Wirtschaft und die Rezession in der Industrie, die nun in das dritte Jahr gehe. Auch das erkläre, warum es die einmal mehr geforderten Entlastungen etwa bei Lohnnebenkosten und Energiepreisen brauche. Denn Österreich nehme am Weltwachstum nicht mehr teil, habe sich „herausgepreist“. In den zurückliegenden zwei Jahren wurden fast sieben Prozent der industriellen Wertschöpfung verloren. Also gehörten die Wirtschaft und die Wettbewerbsfähigkeit gestärkt, während Kosten gesenkt würden. Ein Bürokratieabbau koste nichts, spare den Unternehmen aber hohe Kosten, so der IV-Chef. In Österreich gehen zweieinhalb Prozent des Umsatzes von Unternehmen im Schnitt der Unternehmen für Bürokratieaufwand auf.