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Olympia-Bewerbung: Nach Bürgervotum – Tückischer Rückenwind aus München | ABC-Z

Stand: 27.10.2025 13:20 Uhr

Münchens klares “Ja” zur Olympiabewerbung hat Folgen für die Konkurrenz. Zwar sprechen Berlin und Co. von Rückenwind, sie könnten aber auch schnell weggeweht werden.

Es stand viel auf dem Spiel am Sonntag in München. Wenn selbst der Favorit unter den hiesigen Olympia-Anwärtern am Bürgerentscheid gescheitert wäre, hätte es schlecht gestanden um Deutschlands Ambitionen um Olympische Sommerspiele 2036, 2040 oder 2044. Noch nie zuvor war ein Olympia-Bürgervotum hierzulande positiv ausgegangen. Auch dieses Mal gab es eine Gegenbewegung und Zweifel.

Doch die nötige einfache Mehrheit kam zustande. Mehr noch: 66,4 Prozent Ja-Stimmen bei einer Rekord-Wahlbeteiligung von 42 Prozent bedeuteten einen unerwartet deutlichen Erfolg für die Pro-Olympia-Fraktion. Die Gegner mahnten zwar ein unfaires Verfahren mit öffentlich finanzierter Werbekampagne an, doch es gibt auch andere Gründe für den Stimmungswandel.

Söder: “Jetzt fluten wir den DOSB mit unseren Argumenten”

Lutz Thieme, Sportwissenschaftler an der Universität Koblenz, führt das Ergebnis unter anderem darauf zurück, dass die Münchner in den vergangenen Jahren gute Erfahrungen mit Sportgroßveranstaltungen gemacht hätten – etwa mit den European Championships 2022. “Deshalb scheinen nun viele ein gutes Gefühl bei der Frage zu haben, was Olympia mit der Stadt machen kann”, sagte Thieme der Sportschau.

In München war die Erleichterung groß und vermischte sich schnell mit forschen Tönen. “Ich glaube, das wird auch Eindruck hinterlassen beim DOSB”, sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder. “Jetzt fluten wir den DOSB mit unseren Argumenten.”

München treibt die Konkurrenz vor sich her

Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) organisiert das Auswahlverfahren, hat schon mehrere Zeitpläne verlängert und gibt den Anwärtern noch bis Mitte 2026 Zeit, Referenden durchzuführen – falls gewünscht. Während Berlin keine bindende Bürgerbefragung plant, lassen Nordrhein-Westfalen erst am 19. April und Hamburg am 31. Mai 2026 abstimmen. Die Bayern sind dagegen vorgeprescht und können die Konkurrenz jetzt vor sich hertreiben.

“München ist erst einmal in der Pole-Position, was die Aufgabe für die anderen schwerer macht”, sagte Thieme. Zwar gratulierte die Konkurrenz aus Hamburg, Berlin und Nordrhein-Westfalen (Rhein-Ruhr-Region) einhellig und sprach von Rückenwind für die eigenen Bestrebungen. Aber aus München kommen schon erste Forderungen, das Prozedere abzukürzen.

Oberbürgermeister Reiter will vorzeitige Entscheidung

Laut Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) sei mit dem DOSB zu klären, “wie wir jetzt weiter damit umgehen mit der Challenge innerhalb von Deutschland, ob man das wirklich ein Jahr macht oder nicht macht, das werden wir sehen”.

Freut sich: Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter

Besagte Challenge, also der Wettbewerb zwischen den vier Kandidaten, steht in der Kritik. Er sollte ursprünglich vermieden werden und sorgt für hohe Kosten. Allein die Bürgerbeteiligungen sind mehrere Millionen Euro teuer.

NDR-Umfrage zeigt Olympia-Skepsis in Hamburg

Dass andere dabei an die Münchner Zustimmungswerte erreichen können, erscheint fraglich. Im schuldengeplagten n Berlin gilt die Olympiaskepsis als groß. Nordrhein-Westfalen müsste in jeder einzelnen beteiligten Kommune ein positives Votum erreichen. Und in Hamburg hat eine aktuelle, nicht repräsentative Umfrage des Norddeutschen Rundfunks eine breite Ablehnung von 60 Prozent ergeben.

München dürfte nun darauf drängen, dass sich Deutschland hinter einer Bewerbung, nämlich der Münchner, vereint. So war es ursprünglich auch einmal geplant, um einen giftigen Konkurrenzkampf mit mehreren Verlierern zu vermeiden.

DOSB-Mitgliederversammlung bestimmt Verfahren

Der DOSB-Vorstandsvorsitzende Otto Fricke hielt in einer ersten Reaktion am geplanten Verfahren fest. “Ich sehe das ganz sportlich. Der Erste von Vieren hat die Qualifikation geschafft.” Der DOSB werde “ganz demokratisch” auf seiner Mitgliederversammlung im September 2026 entscheiden, “wer von den Vieren das beste Ergebnis ist – nach all den Kriterien, die dann notwendig sind, um dann auch auf internationaler Ebene zu überzeugen”.

Allerdings steht vorher auch noch die Mitgliederversammlung 2025 an, am 6. Dezember in Frankfurt am Main. Und Fricke hatte auch betont, dass diese Versammlung entscheidend sei für das weitere Vorgehen.

Signal ans IOC

Die Details, wie die Bewerbungen bewertet werden sollen, sind ohnehin noch offen. Ebenfalls völlig unklar ist, wann und wie das Internationale Olympische Komitee (IOC) die Sommerspiele 2036, 2040 und 2044 vergeben wird. Das IOC wird aber das Wahlergebnis von München zur Kenntnis nehmen und notieren, dass Deutschland nach vielen kläglich gescheiterten Anläufen wieder ein Konzept mit breitem Rückhalt in der Bevölkerung vorzuweisen hat.

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