Olaf Scholz setzt Taurus nur im Wahlkampf ein | ABC-Z
Der Kanzler habe sich klar festgelegt und werde seine Haltung auch nicht mehr ändern: Was wie eine Auskunft des Regierungssprechers zur Kanzlerkandidatur klang, bezog sich auf eine andere Frage, die Scholz schon seit langer Zeit mit einem klaren Nein beantwortet – ob Deutschland der Ukraine den Marschflugkörper Taurus liefern wird. Das Thema kam nun abermals auf, weil Washington Kiew erlaubt, mit amerikanischen Raketen militärische Ziele auf russischem Boden tief hinter der Frontlinie anzugreifen.
Scholz hatte bisher die Linie verfolgt, den Ukrainern nichts zu liefern und nichts zu gestatten, was ihnen nicht auch von den Amerikanern geliefert und gestattet worden ist. Sich in der Konfrontation mit der Atommacht Russland an der Linie der Führungsmacht des Westens und der Schutzmacht Deutschlands zu orientieren war und ist nicht verkehrt. Dann müsste der Kanzler jetzt aber auch sein kategorisches Nein aufweichen.
Putin hält die Zeit für gekommen
Für die Entscheidung Bidens, die Einsatzbeschränkungen zu lockern, gibt es Gründe. Putin bombt die Ukraine in Schutt und Asche, um nach tausend Tagen Krieg den Widerstandsgeist des überfallenen Landes zu brechen. Auch an der Front ist die Lage für die Ukraine prekär; zehntausend nordkoreanischen Soldaten und Drohnen aus China verschieben das Kräfteverhältnis weiter zugunsten der russischen Invasoren.
Offensichtlich hält Putin die Zeit für gekommen, mit einer Orgie der Gewalt die ausgeblutete Ukraine in Richtung jenes Diktatfriedens zu zwingen, den es auch aus Berliner Sicht nicht geben darf. Darauf hat der Kanzler sich auch klar festgelegt.
Der Taurus ist aber nicht nur ein Waffensystem, das den Ukrainern helfen und Putin eine Botschaft aus Berlin überbringen würde. Dem Kanzler dient das Nein zum Marschflugkörper dazu, jene „Besonnenheit“ zu demonstrieren, die er den Deutschen auch für den Fall seiner Wiederwahl verspricht. Selbst wenn CDU und CSU, Grüne und FDP schon jetzt für die Lieferung des Taurus an Kiew sind: Scholz setzt ihn nur im deutschen Wahlkampf ein.
