Öl-Schattenflotte, LNG und Akw: So können wir Putins Geldhahn weiter zudrehen | ABC-Z
Öl-Schattenflotte, LNG und Akw
So können wir Putins Geldhahn weiter zudrehen
15.12.2024, 09:23 Uhr
Immer lauter werden die Stimmen in Deutschland, die Sanktionen gegen Russland ablehnen. Dabei braucht es dringend mehr davon – denn Moskaus Exporte von Gas, Öl und Uran nach Europa finanzieren weiter den Krieg gegen die Ukraine.
Bald drei Jahre führt Russland seinen erbarmungslosen Angriffskrieg in der Ukraine. Seit fast drei Jahren verteidigt die ukrainische Armee mit unserer Hilfe ihr Land, ihre Freiheit und Kultur. Die jüngsten Nachrichten über das langsame, aber stetige Vorrücken der russischen Armee – insbesondere im Osten und Süden der Ukraine – machen deutlich, dass die Ukraine noch stärkere Unterstützung benötigt. Gleichzeitig zeigt das russische Regime keinerlei Verhandlungsbereitschaft und greift gezielt Krankenhäuser und die Energieversorgung an.
Umso seltsamer mutet eine Debatte an, die AfD, BSW und ostdeutsche Teile von SPD und CDU seit Monaten befeuern. Die Stimmen, die eine Aufhebung der Sanktionen gegen Russland fordern, finden sich jetzt sogar im Koalitionsvertrag des sozialdemokratisch regierten Brandenburgs wieder. Dabei verschweigen die Verantwortlichen bewusst, was die sogenannte Normalisierung der Wirtschaftsbeziehungen zu Russland bedeutet würde. Deutschland würde Russlands Kriegskasse weiter auffüllen und könnte nach Aufhebung der Sanktionen sogar Bauteile für russische Raketen, Panzer und Drohnen liefern. Wir würden Putin aktiv beim Aufrüsten unterstützen, der Krieg würde weiter eskalieren und wir uns damit auch selbst in Gefahr bringen.
Dass der neue SPD-Generalsekretär Miersch den ehemaligen Bundeskanzler und Öl- und Gas-Lobbyisten rehabilitiert, unterstreicht diesen gefährlichen Trend. Doch um Putin zu stoppen und Frieden für die Ukraine zu erreichen, brauchen wir keine Rückkehr Gerhard Schröders, sondern eine Politik, die dem russischen Regime weiter den Geldhahn zudreht. Die aktuellen Wirtschaftsdaten aus Russland zeigen, dass die Sanktionen wirken. Das russische Regime muss enorme Anstrengungen unternehmen, um Handelsbeschränkungen zu umgehen. Wichtige westliche Bauteile für die Waffenproduktion fehlen.
Schattenflotte bekämpfen, auf Russen-LNG verzichten
Dennoch wird deutlich, dass die Sanktionen Lücken haben. Deshalb ist so entscheidend, dass sie immer wieder nachgeschärft werden. Die Europäische Kommission hat für kommende Woche ein wichtiges neues Paket vorgelegt. Dabei soll die russische Schattenflotte ins Visier genommen werden. Öl ist weiterhin die Haupteinnahmequelle des russischen Regimes. Mithilfe einer Schattenflotte, die aus Schiffen in desolatem Zustand und mit verschleierten Besitzverhältnissen besteht, umgeht Russland die bestehenden Sanktionen. Diese Tanker fahren zu einem großen Teil durch die Ostsee und schalten häufig ihr Satelliten-Ortungssystem aus, um nicht entdeckt zu werden. Das wiederum erhöht die Gefahr einer Umweltkatastrophe an unseren Küsten. Es ist in unserem Kerninteresse, die russische Schattenflotte durch härtere Sanktionen und letztlich auch konsequentere Sanktionsdurchsetzung endlich stillzulegen.
Auch im Gasbereich ist eine Verschärfung der Sanktionen notwendig, um Putins Kriegskasse zu leeren. Einige EU-Mitgliedsstaaten importieren weiterhin russisches Gas – über Pipelines oder als LNG. Einer Analyse der EU-Kommission zufolge werden wir 2024 in der Europäischen Union acht Milliarden Kubikmeter russisches Gas mehr importiert haben als 2023. Ein Problem ist insbesondere russisches LNG. Auch Deutschland importiert weiterhin circa 5 Prozent des deutschen Gasverbrauchs aus russischem LNG über den belgischen Hafen Zeebrugge – obwohl unsere Gasspeicher gefüllt sind. Der russische Gas-Konzern Novatek, der von Putin-Freunden geführt wird, war in dieser Woche sogar zu Gast beim World LNG Summit in Berlin. Anstatt neue Abhängigkeiten zu schaffen, muss Deutschland in Europa vorangehen und den Import von russischem LNG umgehend beenden. Wir dürfen beim LNG nicht die Fehler wiederholen, die wir beim Pipeline-Gas gemacht haben.
Schluss mit den Akw-Geschäften!
Ein dritter Bereich wird bei den Sanktionen bislang vollständig ausgespart, obwohl er große Risiken für uns birgt. Im Bereich der Atomenergie gibt es bislang keinerlei Handelsbeschränkungen. In vielen EU-Mitgliedsstaaten sind russische Nuklearunternehmen wie Rosatom weiterhin tätig. Selbst in Deutschland soll es im niedersächsischen Lingen ein gemeinsames Nuklearprojekt vom französischen Nuklearkonzern Framatome und dem russischen Staatskonzern Rosatom geben. Das vertieft nicht nur bestehende Abhängigkeiten, sondern spült weiterhin Geld in die russische Kriegskasse. Es ist ein bizarrer Zustand, dass man mit einem Land, das fast täglich mit dem Einsatz seiner militärischen atomaren Kapazitäten droht, im zivilen Bereich weiterhin Geschäfte macht – als hätte man es mit einem ganz normalen Handelspartner zu tun. Was wir brauchen, ist ein europäischer Exit-Plan, um auch im Bereich der Nuklearenergie die europäische Energiesicherheit zu stärken.
Es ist höchste Zeit, uns aus den noch bestehenden Abhängigkeiten von Russland zu lösen. Dafür brauchen wir einen noch stärkeren Ausbau der Erneuerbaren Energien und des europäischen Wasserstoffnetzes. Wir stärken damit nicht nur die europäische Souveränität, sondern schränken gleichzeitig auch die Möglichkeiten des russischen Regimes ein, den Angriffskrieg in der Ukraine fortzuführen und auf weitere Staaten auszuweiten.