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Geretsried eröffnet ersten inklusiven Spielplatz – Bad Tölz-Wolfratshausen | ABC-Z

Ja, sagt eine junge Frau, es lebten in den Häusern rundum auch Kinder, die im Rollstuhl sitzen. Gekommen ist an diesem besonderen Tag für die Stadt Geretsried jedoch keines von ihnen – was sehr gut verständlich ist, denn ausgerechnet zur Eröffnung des Inklusionsspielplatzes regnet es beständig.

Dieser Spielplatz am Schlierseeweg im südlichen Geretsried ist weithin einzigartig. Bürgermeister Michael Müller (CSU) hebt dies nach dem Durchschneiden des roten Bands stolz hervor: Seine Stadt setze hier einen Meilenstein, erklärt er. Im ganzen Landkreis sei dies der erste Spielplatz, der von Anfang an inklusiv geplant wurde.

Das fängt beim Behindertenparkplatz an und geht über die barrierefreien gepflasterten Wege weiter zu den speziell angefertigten Elementen, die mit Rollstuhl be- oder unterfahrbar sind: ein Sandbacktisch mit Sandaufzug, Schüttröhre und Spielschüssel, ein in den Boden eingelassenes robustes Trampolin zum sanften Wippen, ein integratives Klettermikado, eine Nestschaukel mit extra großem Korb und ein integratives Spielhaus, zu dem eine lange Rampe führt. Dazu sind alle Ein- und Aufstiege übergangslos oder sehr niedrig gehalten.

Trotz Regens sind am Eröffnungstag Stadträtinnen mit ihren Enkeln und aus der Nachbarschaft zwischen Richard-Wagner-Straße und Steiner Ring Eltern mit ihren Kindern gekommen. Einige von ihnen haben sich an der Entstehung des Spielplatzes beteiligt, wozu die Stadt ausdrücklich aufgerufen hatte. Der Bürgermeister dankt namentlich Stephanie und Malte Stapel, Marco und Leon Teubert, Ute Ittner und Klaus Mayr. Fachlich wurde der Platz von Robert Schmidt-Ruiu und seinem Team von „Gemeinsam gestalten“ sowie Lukas Hamm und der Forst- und Landschaftspflege GmbH entworfen und realisiert.

Zur Eröffnung kommen trotz des Regens viele Kinder mit ihren Eltern. (Foto: Manfred Neubauer)

Eine solche Bürgerbeteiligung hatte die Stadt schon 2022 am Johannisplatz angeboten. Und ursprünglich kommt die Anregung, die Spielplätze im Stadtgebiet neu zu gestalten, auch aus der Bürgerschaft, und zwar aus der ganz jungen. Felix Leipold, einst Jugendrat und heute als Stadtrat der Freien Wähler Jugendreferent, erinnert daran: Der Jugendrat habe nach einer Rundreise zu den öffentlichen Spielplätzen ein „Update“ empfohlen, besonders die älteren Anlagen seien doch „ein wenig monoton“. Inzwischen seien der Spielplatz am Johannisplatz erneuert und der am Schlierseeweg sogar inklusiv gestaltet worden. Das dritte Projekt sei bereits in Planung, sagt Andreas Rottmüller, im Rathaus in der Abteilung Verkehr und Umwelt beschäftigt. Ende Oktober finde ein Workshop für den Spielplatz an der Johann-Sebastian-Bach-Straße statt.

Im Gespräch mit der SZ vor der Eröffnung hat der Bürgermeister auch die Probleme erwähnt, die es nicht selten mit der Anlage von Spielplätzen gebe. Manche Nachbarn beschwerten sich über lärmende Kinder. Müller hält dagegen: „Jedes Quartier braucht einen Spielplatz. Der gehört in die Mitte, dahin, wo Mama und Papa, Oma und Opa zu Fuß gehen können.“ Und speziell Inklusion bedeute, „dass niemand ausgeschlossen wird“.

Dass Inklusion auf Spielplätzen allerdings „ein Standard wird“, wie der Geretsrieder Bürgermeister es sich wünscht, ist noch längst nicht abzusehen. Der nächste Inklusionsspielplatz von Geretsried aus liegt in Miesbach; Olching und Kirchheim haben einen; in Dachau gibt es ein mit Rollstuhl befahrbares Karussell.

Spaß für alle: Fabio und Finn, drei und fünf Jahre alt, erproben die neue Nestschaukel.
Spaß für alle: Fabio und Finn, drei und fünf Jahre alt, erproben die neue Nestschaukel. (Foto: Manfred Neubauer)
Drei Generationen am und auf dem Trampolion: die zweieinhalbjährige Lina hüpft mit Oma Ute und Mama Andrea Ittner schaut zu.
Drei Generationen am und auf dem Trampolion: die zweieinhalbjährige Lina hüpft mit Oma Ute und Mama Andrea Ittner schaut zu. (Foto: Manfred Neubauer)

Nach einer Studie der Aktion Mensch mit dem Forschungsinstitut für Inklusion durch Bewegung und Sport (FIBS) der Deutschen Sporthochschule Köln aus dem Jahr 2023 sind 80 Prozent der Spielplätze nicht barrierefrei. „Besonders dramatisch“ sei die Beschaffenheit der Böden. „Gerade einmal ein Prozent der Spielplätze verfügt über befahrbare Zuwege, die zu allen Geräten führen, und sogar weniger als ein Prozent über Leitsysteme oder andere taktile Hilfen.“

Der Geretsrieder Bürgermeister sagt, seine Stadt habe nun „die Verantwortung übernommen, diese Thematik in den Mittelpunkt zu stellen“. Man lebe hier schließlich in einer Region, die es sich leisten könne. Der Inklusionsspielplatz am Schlierseeweg hat 160 000 Euro gekostet. „Ausgrenzung kostet mehr Geld“, sagt Müller.

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