Österreicher Ilzer wird Trainer bei der TSG Hoffenheim – Sport | ABC-Z
Irgendwann wird man diese Holzbank in Puch bei Weiz noch in ein Museum bringen müssen, solch eine mystische Bedeutung wird ihr manchmal in der Steiermark beigemessen. Christian Ilzer selbst hat sie immer wieder erwähnt, als unscheinbaren Ursprungsort seiner Fußballtrainer-Karriere, die vor 18 Jahren in der achten österreichischen Liga begann. 1. Klasse Ost B nannte sich damals der Bewerb, in dem er erst als Spielertrainer fungierte und sich später dauerhaft auf die Holzbank setzte, weil mehrere Verletzungen seine aktive Teilnahme am Spiel nicht mehr zuließen. Vom steirischen Unterklasse-Fußball aus machte er sich einen Namen, es folgte eine zehnjährige Odyssee durch den österreichischen Fußball, immer weiter bergauf – bis er Jahre später im steirischen Oberklasse-Fußball zu einer höchst angesehenen Figur wurde.
Als einer der erfolgreichsten Trainer in der stolzen Fußballgeschichte seines Heimat-Bundeslandes verlässt Ilzer nun den SK Sturm Graz in Richtung Hoffenheim. Drei Titel hat er mit den Grazern in den vergangenen Jahren gewonnen, den übermächtigen Salzburgern gar die Meisterschaft entrissen und damit die Champions League in die Steiermark zurückgebracht. Dort sind die Grazer zwar noch punktlos, dafür führen sie die heimische Liga schon wieder an und haben RB Salzburg zuletzt 5:0 geschlagen. Graz steht auf einem soliden Fundament, weshalb man Ilzer verstehen kann, bei seiner Aussage zum Abschied: „Es gibt keinen richtigen Zeitpunkt, aber der Moment scheint gut.“
Ab Montagnachmittag wird Ilzer sich erstmals außerhalb Österreichs beweisen müssen. 47 Jahre alt ist der Nachfolger von Pellegrino Matarazzo und neue Cheftrainer bei der TSG. Eigentlich hätte man den Schritt ins Ausland schon früher von ihm erwartet. Aufstrebende Fußballtrainer hält es meist nicht allzu lange in der kleinen österreichischen Liga, das war schon bei Peter Stöger, Oliver Glasner oder auch Marco Rose der Fall. Bemerkenswert ist es insofern, dass Ilzer viereinhalb Jahre in Graz blieb, trotz zahlreicher Offerten im Verlauf der Jahre. Warum also ist ausgerechnet jetzt, in einer unscheinbaren November-Länderspielpause, die Zeit reif für einen Wechsel?
In Graz bekamen Ilzer und Schicker Zeit und Vertrauen geschenkt. In Hoffenheim ist beides knapper bemessen
Erklärbar ist das vor allem deshalb, weil der Aufstieg des SK Sturm in den vergangenen Jahren das Werk eines Duos war. Der Trainer Ilzer war im Alltag auf dem Platz der entscheidende Mann, allein schon wegen seiner imposanten, muskulösen Erscheinung und seiner angriffslustigen Rhetorik stach er hervor.Er war der Lautsprecher und Motivator einer herausragenden Pressing-Elf, die von Woche zu Woche ihre Gegner über den Platz jagte. Die Planungen im Hintergrund allerdings waren das Werk von Manager Andreas Schicker, der eine Art steirisches Wirtschaftswunder vollbrachte. Jahr für Jahr fand er talentierte Spieler, die man kurze Zeit später für absurd viel Geld in die besten Ligen des Kontinents verkaufen konnte. Das Salzburger Modell wurde so kopiert und schließlich sogar erfolgreicher als das Original: Graz wurde wohlhabend und gewann Titel mit dem Duo Schicker/Ilzer, beide profitieren enorm von der Arbeit des anderen.
Schicker selbst wurde schon Anfang Oktober von Hoffenheim verpflichtet, nun folgte ihm Ilzer und sollen die beiden dort gemeinsam das Erfolgsmodell wiederholen. Allerdings ist die Frage, wie weit sich die Rahmenbedingungen unterscheiden. Dort schenkte ihnen der Präsident Christian Jauk viel Vertrauen und Zeit für die Umsetzung eines auf mehrere Jahre angelegten Plans. In Hoffenheim ist man für so viel Geduld nicht unbedingt bekannt: Die Trainerbank ist im Sinsheimer Stadion zwar nicht aus Holz gefertigt, eine gewisse Härte wird ihr dennoch nachgesagt.
Zum Start war Schicker deshalb zuletzt nicht als weitsichtiger Gestalter, sondern als Moderator gefordert. Ilzer wiederum muss nun eine von drei Wettbewerben ermüdete Mannschaft aus einer Krise befreien und ihr in Windeseile seinen mutigen Stil nahebringen. Zuzutrauen ist ihm das: Wer es aus der achten Liga zu einer Meisterfeier und in die Champions League schafft, scheint reif zu sein für größere Aufgaben. Kleine Orte in der Provinz jedenfalls waren für Ilzer auf seinem Weg nie ein Problem. Wer Puch bei Weiz kennt, wird sich auch in Hoffenheim zu Hause fühlen.