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Oberhaching: Gemeinde übernimmt Wirtshaus – Landkreis München | ABC-Z

Der Bahnhof Deisenhofen ist derzeit durch einen Bauzaun abgesperrt. Nach der Sanierung soll in dem alten, denkmalgeschützten Backsteinbau eine Inklusionsgaststätte entstehen. „Ein Juwel in neuem Glanz“ verspricht die Gemeinde auf einem Plakat. Vor zehn Jahren hatte die Kommune den Bahnhof gekauft. Jetzt hat sie eine weitere Immobilie ganz in der Nähe erworben – ebenfalls für einen Gastronomiebetrieb.

Kaum hundert Meter entfernt vom Bahnhofsgebäude aus dem Jahr 1875 steht ein Wirtshaus, das nach Ansicht von Kreisdenkmalpfleger Rolf Katzendobler in etwa genauso alt sein müsste. Zuletzt war in dem rosafarbenen Gebäude des Festlwirts das griechische Restaurant „Aphrodite“ untergebracht. Doch der Wirt ist mit seinem Lokal längst nach Unterhaching umgezogen und betreibt jetzt in der ehemaligen Gaststätte Kammerloher das Restaurant „Glykanisos“.

Denn eigentlich hatte das Immobilienunternehmen Bavaria Projekt Development GmbH den alten Gasthof am Deisenhofener Bahnhof durch einen Neubau ersetzen wollen in dem auch die Brauereigenossenschaft Oberhaching unterkommen sollte. Doch der Investor hat diese Pläne für einen neuen Festlwirt inzwischen aufgegeben und die Immobilie an die Gemeinde verkauft.

„Welcher Depp baut heutzutage noch eine Wirtschaft?“

2021 hatte der Architekt Markus Bernlochner die Pläne im Oberhachinger Gemeinderat vorgestellt: den Neubau einer Gastwirtschaft mit Biergarten und Mitarbeiterwohnungen sowie einem Nebengebäude mit Gartensaal und einer kleinen Brauerei. Die Präsidentin des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes Bayern, Angela Inselkammer, deren Bräustüberl in Aying der Baumeister zu diesem Zeitpunkt gerade sanierte, soll sich über den Auftrag gewundert haben. Bernlochner erinnerte sich noch genau an deren Worte: „Welcher Depp baut heutzutage noch eine Wirtschaft? Das kann ja nur ein Fachfremder sein.“

Nun hat aber ein Investor an dieser Stelle gar keine andere Möglichkeit, als wieder ein Wirtshaus zu errichten. Der Gemeinderat hat das so festgelegt, um zu verhindern, dass die Gastronomie durch Wohnbebauung ersetzt werden könnte. Im Rathaus war man zunächst froh, dass sich ein Investor gefunden hatte, der wieder ein Wirtshaus an diesem Standort etablieren wollte. Auch wenn neu gebaut wird, weil sich die Sanierung des alten Gebäudes offenbar nicht lohnt. Denn denkmalgeschützt ist das Haus nicht. „An der Gaststätte wurden in den vergangenen Jahrzehnten bereits so viele Veränderungen vorgenommen, dass diese nicht in die Denkmalliste aufgenommen worden war“, erklärt Katzendobler. Aufgrund ähnlicher Stilelemente wie am Bahnhofsgebäude könne man allerdings darauf schließen, dass das Gebäude aus der Bauzeit des Bahnhofs stammen könne, so der Kreisdenkmalpfleger.

Die Gemeinde Oberhaching hat das ehemaliges Restaurant ‘”Aphrodite” gekauft. Im Hintergrund sieht man den Bahnhof Deisenhofen, der derzeit saniert wird. (Foto: Claus Schunk)

Doch von den einstigen Plänen, ein ganz ähnliches Haus wie das bestehende zu errichten, ist die Bavaria Project Development GmbH längst abgerückt. Der geschäftsführende Gesellschafter Jochen Schlereth spricht zwar immer noch von einem „Herzensprojekt“, der Investor entschied sich dennoch, hier gar nicht mehr tätig zu werden, und nennt mehrere Faktoren, die sich seit dem Kauf des Wirtshauses im März 2019 erheblich verändert hätten. So hätten sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, insbesondere die hohen Darlehenszinsen und die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Gastronomiebranche, stark verschlechtert. Diese Entwicklungen hätten es unmöglich gemacht, das Wirtshaus in der ursprünglichen Form wirtschaftlich zu betreiben. Zudem habe sich die Bearbeitungszeit des Bebauungsplans lange hingezogen, von 2019 bis Ende 2024. „In der Zwischenzeit haben sich die Marktsituation und die Anforderungen an ein solches Projekt verändert, sodass die ursprüngliche Planung nicht mehr tragfähig war“, teilt die Bavaria Project Development GmbH mit.

„Es bestand die Gefahr, dass dieses wertvolle historische Bauwerk zu Höchstangeboten als Renditeprojekt verwertet für immer zerstört wird“, betont der Oberhachinger Karl Hofmann, aktives Mitglied bei den Kreisheimatpflegern München-Land in einer Stellungnahme. Er sieht den „Festlwirt“ als Teil des historischen Ensembles am Deisenhofener Bahnhof und verweist auf die gemeinsamen Stilelemente wie die Bogenfenster. Hofmann findet: „Der historische Festlwirt ist Teil eines schützenswerten Ensembles und unverzichtbarer Teil unseres Ortsbildes.“ Den Kauf des Gebäudes durch die Gemeinde bezeichnet er als „ein echtes Weihnachtsgeschenk“.

Bürgermeister Stefan Schelle (CSU) bestätigt den Deal. „Die Gemeinde hat das Projekt erworben mit dem Ziel, wieder eine bürgerliche Gaststätte zu bauen“, sagt er. In welcher Konstellation sei aber noch völlig offen. Allerdings verbreitet er Zuversicht: „Es wird ein spannendes und für das Miteinander in Oberhaching wichtiges Projekt für das neue Jahr!“

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