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OB-Wahl in Wiesbaden: Kommt es zur Stichwahl? | ABC-Z

Wiesbaden wählt. Schon um acht Uhr warteten die ersten Bürger vor einigen der 260 Wahllokale in der hessischen Landeshauptstadt, um bei der Oberbürgermeisterwahl frühzeitig ihre Stimme abzugeben und danach den sonnigen Tag zur Erholung und für Ausflüge zu nutzen.

Insgesamt sind heute rund 210.000 Wahlberechtigte – das sind 25.000 mehr als zur Bundestagswahl – aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Die Höhe der Wahlbeteiligung nur zwei Wochen nach der Bundestagswahl wird mit Spannung erwartet. Sie wird wohl deutlich unter den 53,5 Prozent von vor sechs Jahren liegen, denn damals fand die Oberbürgermeisterwahl am Tag der Europawahl statt. Eine Zusammenlegung mit der Bundestagswahl war jedoch aus rechtlichen Gründen nicht möglich.

Allerdings profitierte die Briefwahlbeteiligung von der zeitlichen Nähe zur Bundestagswahl, weil viele Bürger gleich für beide Abstimmungen ihren Anträge abgegeben hatten. Bis zur Wochenmitte waren beim Wahlamt fast 47.300 Briefwahlanträge eingegangen. Bei der OB-Wahl 2019 waren es zum gleichen Zeitpunkt nur 33.800 Anträge.

Zehn Kandidaten wollen das Amt

Ebenfalls größer als vor sechs Jahren ist die Zahl der Kandidaten. Waren es 2019 sieben Bewerber, die die Nachfolge von Sven Gerich (SPD) antreten wollten, so stehen heute sogar zehn Namen auf dem Stimmzettel. Dabei strebt diesmal der Amtsinhaber nach einer zweiten, sechsjährigen Amtsperiode: der 62 Jahre alte Gert-Uwe Mende (SPD) geht wegen seines hohen Bekanntheitsgrades und wegen des Respekts, der ihm über die Parteigrenzen hinweg entgegengebracht wird, als Favorit in Abstimmung.

Dass der gelernte Journalist um 18 Uhr im Festsaal des historischen Rathauses am Schlossplatz schon zum Sieger ausgerufen wird, hält er allerdings angesichts der bloßen Zahl der Mitbewerber für wenig wahrscheinlich.

An Auszählern in den Wahllokalen mangelt es am Abend nicht. Das Wahlamt war überrascht, das sich trotz der absehbar drei Abstimmungen binnen fünf Wochen in Wiesbaden sogar mehr ehrenamtliche Wahlhelfer gemeldet hatten, als für erforderlich gehalten wurden. Einige Bewerbungen wurden deshalb abschlägig beschieden.

Erste Klarheit gegen 19 Uhr

Gegen 19 Uhr dürfte sich ein Ergebnistrend verfestigen, und wer will, kann den Wahlabend ab 18 Uhr live im Festsaal des Rathauses am Schlossplatz verfolgen und wird dort auch den einen oder anderen Kandidaten zu Gesicht bekommen. Wer die Couch zuhause vorzieht, kann die eintrudelnden Ergebnisse auf der kommunalen Internetseite www.wiesbaden.de/wahlen ansehen.

Die CDU hofft, nach Hildebrand Diehl (Oberbürgermeister von 1997 bis 2007) und Helmut Müller (Oberbürgermeister von 2007 bis 2013) endlich wieder den Rathauschef zu stellen – und bei einem Wahlerfolg das regierende Linksbündnis zu Fall zu bringen -, auch wenn der von ihr unterstützte Kandidat Thilo von Debschitz ein Parteiloser ist.

Wählen, die Zweite: Zwei Wochen nach der Bundestagswahl geht es für alle Wiesbadener erneut an die Urne, um einen Oberbürgermeister zu wählen.Samira Schulz

Dass Amtsinhaber Müller 2013 in der Stichwahl knapp Sven Gerich unterlegen war, schmerzt die CDU bis heute. Debschitz, der auch von der FDP unterstützt wird, gilt neben der einzigen Frau im Rennen, Gesine Bonnet (Grüne) als aussichtsreichster Kandidat für die Stichwahl gegen Mende in drei Wochen.

Wahlkampf könnte weitergehen

Kommt es so, wird von Montag an der Wahlkampf deshalb noch einmal Fahrt aufnehmen, der bislang eher moderat geführt wurde. Themen waren in den zurückliegenden Wochen vor allem der Verkehr nebst dem Baustellenmanagement in Wiesbaden, die Sicherheit der Bürger und der Streit um mehr Videoüberwachung und Waffenverbotszonen sowie die Wohnungslage und die Pläne für einen 27. Stadtteil Ostfeld für bis zu 12.000 Bürger.

Für die Initiative „Pro Auto“ kandidiert mit Christian Hill ihr einziger Stadtverordneter. Die Freie Wählergemeinschaft (FWG) hat den in Wiesbaden gebürtigen Diplom-Kaufmann Andreas Gutzeit nominiert, der sich nach einer „Stellenausschreibung“ unter 22 Bewerbern durchgesetzt hatte. Die Freien Wähler (FW) haben mit dem 61 Jahre alten Unternehmer Matthias Bedürftig ebenfalls einen eigenen Kandidaten, ebenso die AfD mit ihrem 56 Jahren Stadtverordneten Ralf Offermanns, einem Fachinformatiker.

Die Unabhängige Liste Wiesbaden ist mit dem parteilosen Architekten Elmar Krebber vertreten, der ganz auf Wahlplakate verzichtet hat. Für die Satirepartei „Die Partei“ tritt der fraktionslose, erst 25 Jahre alte Stadtverordnete Lukas Haker an, der schon als Mainzer Oberbürgermeisterkandidat für Erheiterung und Provokation gesorgt hatte.

Vor sechs Jahren zogen Mende und der damalige CDU-Bewerber, der Handwerksmeister Eberhard Seidensticker, in die Stichwahl. Die damalige Grünen-Fraktionsvorsitzende und heutige Bürgermeisterin, Christiane Hinninger, hatte Seidensticker nur sehr knapp den Vortritt lassen müssen. Die Stichwahl entschied dann Mende mit 62 Prozent der Stimmen klar für sich. Auf einen ähnlichen Ausgang vertraut die Wiesbadener SPD auch diesmal.

Bemerkenswert ist, dass mehr als 18 Prozent der am heutigen Sonntag Wahlberechtigten erst nach der Wahl von 2019 in Wiesbaden zugezogen sind. Nur gut 70 Prozent wohnen schon zehn Jahre oder länger in der Landeshauptstadt. Die mit Abstand größte Altersgruppe unter den Wahlberechtigten sind die 45 bis 59 Jahre alten Bürger (24,6 Prozent) vor den 70 Jahre und älteren (19,5 Prozent).

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