Kultur

“Karate Kid: Legends”: Der chinesische Spider-Man | ABC-Z

Wer hat sich als junger Mensch nicht irgendwann nach seinem persönlichen Mister Miyagi gesehnt? Danach, sich gegen die Gemeinheiten der Welt mit Händen und
Füßen zur Wehr zu setzen und allen auf dem Schulhof zu zeigen, dass man viel
cooler ist als gedacht? Dazu befähigt der Sensei den jungen Außenseiter in Karate
Kid
von 1984.

Auch Karate Kid: Legends, der neue Film der Reihe,
präsentiert eine Welt, in der asiatische Kampfkünste ein typisches Hobby
junger Menschen sind, und nicht etwa MMA oder TikTok. Das war schon 1984 so,
als Jugendliche vermutlich in Wirklichkeit eher in Arcades rumhingen oder
Skateboardtricks übten, als sich auf ein Karateturnier vorzubereiten. Karate
Kid
funktionierte, weil der Film diesen universellen Traum wahr werden ließ: Mit der Weisheit von Mister Miyagi konnte ein Außenseiter
in nur ein paar Wochen zu einem coolen, wehrhaften Jugendlichen werden – weil
er fleißig trainierte und fest dran glaubte.

Karate Kid: Legends, der
inzwischen sechste Teil der Reihe, führt eine neue Hauptfigur
ein: Wie schon viele seiner Vorgänger zieht Li Fong (Ben Wang) zu Beginn des
Films in eine neue Stadt, nämlich aus Peking nach New York, und kriegt dort
typische Teenager- und Zugezogenenprobleme: In Mathe schreibt er schlechte
Noten, und im Pizzaladen nebenan lachen sie ihn aus, weil er nicht weiß, dass
man in New York keine Pizza mit Käserand bestellt. Immerhin lernt er dort die
junge Mia (Sadie Stanley) kennen, die sich bereit erklärt, ihm New-York-Unterricht
zu geben. Doof nur, dass sie einen aggressiven und eifersüchtigen Ex-Freund hat,
der auch noch Karate kann. So kommt es bald zur kanonischen Schulhofprügelei,
zum Nachteil der Hauptfigur.

Li Fong ist allerdings auch anders als seine Vorgänger. Er ist
nämlich gar kein richtiger Außenseiter, und wehrlos schon gar nicht. Weil er
charmant und schlagfertig ist, findet er auf Anhieb einen Kumpel und sogar eine
potenzielle romantische Partnerin. Und von seinem Onkel Han, gespielt von
Jackie Chan, hat er schon in China Kung-Fu gelernt. Er kann zwar noch nicht so
gut kämpfen wie der Ex seiner Angebeteten. Aber den Schlägertrupp, der
hinter dem Pizzaladen ihrem Vater auflauert, um Schulden einzutreiben, kriegt
er locker vermöbelt.

Diese Kung-Fu-Kenntnisse erlauben dem Film, die Formel Junge-trifft-Meister für eine Weile auf den Kopf zu stellen. Mias Vater Victor
(Joshua Jackson) ist ein ehemaliger Boxer, der seine Geldprobleme lösen will,
indem er in den Ring zurückkehrt. Li Fong soll ihn darauf vorbereiten. Typisch
für Karate Kid findet das Training nicht etwa in einer Turnhalle
statt, sondern im Alltag. So wie der junge Daniel LaRusso 1984 erst mal
Autos putzen und Zäune streichen musste, sucht nun der alte Boxer das Potenzial
für Trainingseffekte beim Pizzabacken und beim U-Bahnfahren.

Diese Szenen stellen nicht nur eine amüsante Variation dar. Regisseur Jonathan Entwistle (The End of the F***ing
World
) zollt damit auch dem Schöpfer von Karate Kid seinen Tribut. Der
erste Teil entstand nämlich, weil Columbia Pictures damals den Regisseur John
G. Avildsen bat, etwas Ähnliches zu schaffen wie seinen größten
Hit Rocky. Entwistle inszeniert nun in Karate Kid: Legends Trainingsmontagen,
auf die Rocky stolz gewesen wäre – in typischem New-York-Ambiente: Hot-Dog-Stände, Dachterrassen, Pizzerien,
U-Bahn-Waggons.

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