NS-Forschung in Bayreuth: US-Einmarsch rettet Hunderte Nazigegner vor Erschießung – Bayern | ABC-Z

Kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs wäre es 1945 in Bayreuth fast noch zu einer weiteren Massenerschießung politischer Gefangener gekommen. Die Nazis hatten das Massaker für den 14. April angesetzt. Hunderte Regimegegner waren zu der Zeit in der Stadt inhaftiert, darunter auch der spätere Bundestagspräsident Eugen Gerstenmaier (CDU). Zu der Erschießung kam es nur deshalb nicht mehr, weil amerikanische Soldaten die Stadt am selben Tag erreichten.
Während der NS-Zeit waren in Bayreuth ein Sondergerichtshof und ein Volksgerichtshof ansässig. Nach der Bombardierung des Berliner Volksgerichtshofs wurden viele Gefangene dorthin ins „Zuchthaus“ gebracht. Dieser Teil der Geschichte ist bis heute weitgehend unerforscht geblieben. Wissenschaftler der Universität Bayreuth haben sich im Rahmen eines Forschungsprojekts am örtlichen Landgericht aber dahintergeklemmt, etwas Licht auf die Vorgänge zu werfen.
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Die Rolle der Justiz in der NS-Zeit, ihre handelnden Personen und die Folgen ihrer Entscheidungen sind bis heute nicht vollständig aufgearbeitet. Das Forschungsprojekt will dies ändern und hat sich deshalb mit Gesetzgebung und Rechtsprechung während der NS-Herrschaft auseinandergesetzt. Zudem erinnern die Forscher mit ihrer Arbeit an die Schicksale der betroffenen Menschen.
Mehr als fünf Jahre haben die Wissenschaftler dazu Hunderte Verfahren gesichtet, handelnde Personen identifiziert und den Umgang mit Justizunrecht analysiert. In einer Feierstunde wurde das Projekt in Beisein von Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) nun vorgestellt.
Auf einer Internetseite und auf interaktiven Stelen im Gerichtsgebäude sind die Forschungsergebnisse künftig für jeden und jede einsehbar. „Die menschenverachtenden NS-Verbrechen waren auch deshalb möglich, weil sich nicht wenige Juristen, die eigentlich Recht und Gesetz verpflichtet waren, in den Dienst des Regimes gestellt haben“, sagte Eisenreich bei der Vorstellung des Projekts. „Die Auseinandersetzung mit der NS-Zeit ist gerade in diesen Tagen, in denen wir die schlimmste Antisemitismuswelle nach Ende des Zweiten Weltkriegs erleben und Demokratien durch den zunehmenden Einfluss von autoritären Kräften weltweit unter Druck geraten, besonders bedeutsam.“
Uns war und ist bewusst, dass wir mit unserer Forschungsarbeit nichts wiedergutmachen können.
Matthias Burghardt, Präsident des Landgerichts Bayreuth
Der Präsident des Landgerichts Bayreuth, Matthias Burghardt, sagte: „Uns war und ist bewusst, dass wir mit unserer Forschungsarbeit nichts wiedergutmachen können.“ Das Bestreben sei es gewesen, das bisherige „Nichts“ auszufüllen mit einer belegten Erinnerung an das, was im Namen der deutschen und auch der Bayreuther Justiz im Dritten Reich geschehen und nach dem Zweiten Weltkrieg unterlassen worden sei.
Eine Gedenktafel im Landgericht erinnert künftig an die aktive Beteiligung der Justiz am NS-System, an die fehlende Aufarbeitung von Justizunrecht nach dem Zweiten Weltkrieg und an die Opfer der NS-Justiz.





















