North Atlantic Treaty Organization-Gipfel in Den Haag: Festessen, Aufrüstung und Schluss | ABC-Z

NATO-Chef Rutte hat beim Gipfel in Den Haag vor allem einen Job: Trump bei Laune zu halten. Dafür wurde perfekt geplant. Festessen, Aufrüstung – und alles kurz und knapp. Wenn nur das Spanien-Problem nicht größer wird.
Für Mark Rutte ist der Gipfel eine Bewährungsprobe. Der NATO-Generalsekretär wollte nichts dem Zufall überlassen, monatelang hat er auf das Ergebnis hingearbeitet und mit den 32 Mitgliedern der Allianz alle Details verhandelt. Kurz vor dem großen Treffen der Allianz in Den Haag schien der Erfolg sicher. Die Einigung, dass jedes Land künftig fünf Prozent seiner Wirtschaftskraft in die Verteidigung investiert. Rutte nennt die Verpflichtung einen “Quantensprung” – ehrgeizig zwar, aber historisch und fundamental “für die Sicherung unserer Zukunft”.
Was sich nach einem Durchbruch anhört, ist allerdings nicht unumstritten. Und gilt es wirklich für alle 32? Aus Spanien kam Widerstand, Ministerpräsident Pedro Sanchez stellte sich quer, es gab Einzelverhandlungen, dann Meldungen über einen Kompromiss. Sonntagabend trat der spanische Ministerpräsident in Madrid vor die Fernsehkameras und erklärte, wie er den Kompromiss verstanden hat.
“Spanien wird nicht fünf Prozent seines Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung ausgeben”, sagte Sanchez. Das hörte sich anders an als beim NATO-Generalsekretär. Dass Sanchez seinen Landsleuten versicherte, Spanien bleibe vollständig in die NATO integriert und somit durch den Beistandsartikel 5 geschützt, dürfte für die NATO-Spitzen wenig beruhigend gewirkt haben.
Diplomaten spielen Spanien-Problem herunter
Diplomaten bemühen sich seitdem, das Problem tiefer zu hängen – Sanchez stehe innenpolitisch unter Druck, so heißt es, aber es werde keine Ausnahmen für Spanien geben. “Bei der NATO gibt es kein Opt-Out”, betonte Rutte in seiner Pressekonferenz vor dem Gipfel, die Allianz mache keine Nebengeschäfte. Entscheidend sei, dass jeder Verbündete seinen gerechten Anteil an der Last trage.
Für Rutte steht viel auf dem Spiel beim Gipfel. Sein Job als NATO-Generalsekretär ist es, das Bündnis zusammenzuhalten und das bedeutet vor allem: Donald Trump an Bord zu halten. Das gesamte Programm wurde auf den US-Präsidenten abgestimmt: Am Abend festliches Dinner im Privatschloss vom niederländischen König Willem Alexander, speisen wird man im prunkvollen Oranjesaal aus dem 17. Jahrhundert. Eine üppige Speisenfolge ist vorgesehen und reichlich Zeit fürs alliierte Beisammensein.
Kurz und knapp dann der eigentliche Gipfel. Gerade mal zweieinhalb Stunden ist für die Arbeitssitzung am Mittwoch vorgesehen, wohl auf Wunsch aus Washington. NATO-Diplomaten versuchen, das Beste daraus zu machen. Je kürzer der Gipfel, so eine Voraussage, desto weniger Gelegenheit für Trump, Überraschungen zu produzieren.
Neue Zielvorgabe für viele Länder eine Herausforderung
Trumps Botschafter bei der NATO, Matthew Whitaker, erinnerte kurz vor Gipfelstart noch einmal alle Teilnehmer daran, dass es der amerikanische Präsident war, der vor gut einem halben Jahr die Idee mit dem Fünf-Prozent-Ziel hatte. Illusorisch fanden das damals die Europäer, jetzt wird es wohl ein Gipfel-Beschluss. “Dank der mutigen Führung von Präsident Donald J. Trump”, so Whitaker, sei die NATO nun auf dem besten Weg, eine historische Verpflichtung zu erfüllen.
Für viele NATO-Länder wird die neue Zielvorgabe eine enorme Herausforderung werden. Generalsekretär Rutte hat das Problem zwar in zwei Teile zerlegt und damit abgemildert. 3,5 Prozent sind für reine Verteidigungsausgaben wie Waffen und Soldatengehälter vorgesehen, die restlichen 1,5 Prozent für indirekte Ausgaben wie den Ausbau von Häfen, Flugplätzen, Brücken und Straßen mit Blick auf militärische Nutzbarkeit.
Wie die nationalen Aufrüstungspläne konkret aussehen, wird geheim gehalten. Aber es gilt als sicher, dass die Europäer vor allem dort nachrüsten werden, wo man sich bisher oft auf die Amerikaner verlassen hat. Luftabwehr gegen Raketenangriffe zum Beispiel, Transportkapazitäten und Aufklärung.
Für die Bundeswehr sind fünf bis sechs neue Brigaden im Gespräch. Überhaupt dürfte die personelle Aufstockung eine besondere Herausforderung für Deutschland werden – da reichen die Schätzungen von 60.000 bis zu 80.000 zusätzlichen Soldaten und Soldatinnen, die nötig sein könnten, um die neuen NATO-Ziele umzusetzen.