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Nnamdi Collins kämpft sich bei Eintracht Frankfurt aus DFB-Team-Tief | ABC-Z

Johann Wolfgang von Goethe brachte von einer seiner Italienreisen das geflügelte Wort mit nach Frankfurt: „Vedi Napoli e poi muori!“ – Sieh Neapel und stirb! Was heißen soll, man könne nichts Größeres mehr erleben als die Schönheit dieser Stadt. Im Fall von Nnamdi Collins ist das eher unwahrscheinlich, mit 21 hat der Fußballprofi das Leben und die Karriere noch vor sich.

Aber der Jungnationalspieler wird seinen Süditalien-Trip mit der Frankfurter Eintracht in dieser Woche zumindest in sehr guter Erinnerung behalten. Denn das 0:0 gegen die SSC Neapel stand für den in Düsseldorf geborenen Abwehrspieler unter dem Motto: „Sieh Neapel und lebe auf!“ Nach Wochen voller Rückschläge zeigte Collins wieder eine jener Leistungen, die ihn erst ins Notizbuch von Bundestrainer Julian Nagelsmann brachten und dann zu seinem Länderspieldebüt.

Das wurde jedoch nicht zur Startrampe, um das nächste Level seiner Laufbahn zu erreichen, sondern eher zur Sackgasse. Collins zeigte sich von der anspruchsvollen und komplizierten Aufgabe, die Nagelsmann für ihn auf der rechten Außenbahn entworfen hatte, überfordert. Nach frustrierenden 45 Minuten nahm ihn der Bundestrainer vom Feld.

Collins nach Länderspiel als „Sündenbock“

Was seine ohnehin schwierige Situation in psychologischer Hinsicht noch verschlechterte. Denn seine schwache Vorstellung gegen die Slowakei war lediglich der exponierte Nachweis seiner schlechten körperlichen Verfassung, die sich auch in den Spielen für die Eintracht schon angedeutet hatte.

Collins war Anfang September überspielt. Seit seinem Bundesliga-Debüt im April 2024 hatte der Verteidiger anderthalb Jahre durchgeackert, weil er noch als Stammspieler bei der Junioren-Europameisterschaft beschäftigt war. Schon während des Turniers zeigte sich, dass Collins an Grenzen geriet. Vierzehn Tage Sommerpause waren dann viel zu wenig, um wieder zu regenerieren.

Mit der ihm eigenen Willenskraft biss sich der Sohn eines Nigerianers und einer Polin durch, aber seine Auftritte waren nicht mehr so dynamisch wie in der Rückrunde, und immer häufiger schlichen sich Konzentrationsfehler ein. Trainer Dino Toppmöller hielt zunächst noch an Collins fest, aber dann begann dessen Körper zu rebellieren, von dem er als Fußballprofi in besonderem Maße lebt. Erst kamen Adduktorenbeschwerden, dann befiel ihn ein grippaler Infekt.

Beschränkung auf die Defensive hilft

Der Körper holte sich sozusagen seine Sommerpause, der Oktober wurde zu seiner Sommervorbereitung. Im Oktober spielte Collins nur 31 Minuten in der Bundesliga und 31 Minuten in der Champions League – mit der Gewissheit, dass Toppmöller nach wie vor auf ihn setzte, dass er ohne Zeitdruck wieder fit werden konnte. Die vielen individuellen Videositzungen des Trainerteams mit ihm während der Aufbauphase durfte er als Signal verstehen, wie hoch er nach wie vor im Kurs seines Chefcoaches stand.

Die Königsklassen-Auseinandersetzung in Neapel war dann wie geschaffen für Collins, um sein Comeback in der Startelf zu geben – voll im Saft stehend, als Glied einer Fünferabwehrkette zwischen Kristensen und Koch, mit überschaubaren taktischen Aufgaben und ohne Auftrag, offensiv zu werden.

Die Beschränkung auf die Defensive erleichterte es dem jungen Abwehrspieler, auch auf höchstem Niveau wieder an Sicherheit zu gewinnen – und seinem Team Sicherheit zu geben. Durch seine Robustheit in den Zweikämpfen, aber auch mit seiner Ruhe am Ball – von 47 Pässen (der risikolosen Art) fanden 42 den eigenen Mann.

„Nnamdi hat sicher eine schwierige Phase hinter sich, womit er als junger Kerl umgehen musste. Man sieht, dass er jetzt frisch ist, dass er dieses Tal durchschritten hat. Er hat ein richtig gutes Spiel gemacht“, lobte Sportvorstand Markus Krösche dessen Vorstellung in Neapel.

„Erst als Profi das erste Mal außen gespielt“

Trainer Toppmöller war ebenso zufrieden: „Ich bin sehr froh darüber, dass wir Collins zurückhaben. Er hatte eine Schwächephase, das haben wir ja gesehen. Wir haben trotzdem immer Vertrauen in diesen Jungen. Er hat heute wieder bestätigt, dass er für uns ein sehr wichtiger Spieler sein kann, wenn wir den Fokus dann noch mal mehr auf die Defensive legen.“

Damit deutet Toppmöller an, dass der „offensive“ Collins erst mal der Vergangenheit angehören könnte. In der vergangenen Bundesliga-Rückrunde hatte der Verteidiger als rechter Außenspieler vor der Kette einige Vorstellungen mit spektakulären Offensivszenen gegeben. Doch in der Abwehrkette fühlt sich Collins nach eigenem Bekunden wohler. „Ich habe erst als Profi das erste Mal außen gespielt.“

Sein Einsatzwille, seine Unbekümmertheit, sein Speed und seine Dynamik haben einige Monate lang kaschiert, dass ihm eigentlich wichtige Voraussetzungen zum angriffsfreudigen Außenbahnspieler fehlen – Ballkontrolle, Dribbeltalent und die Auflösung komplizierterer Spielsituationen.

Als seine überragende Physis ihn im Stich ließ, wurden die Mängel offensichtlich. Collins, der mit der Eintracht an diesem Sonntag (19.30 Uhr im F.A.Z.-Liveticker zur Bundesliga und bei DAZN) auf Mainz 05 trifft, kann in all diesen Punkten noch zulegen und noch werden, was Nagelsmann in ihm gesehen hat. Im Moment scheint die Beschränkung auf das Wesentliche angezeigt, zumindest bis die Entwicklungsdelle endgültig verarbeitet ist.

Zu seinem Glück hat ihn die Natur mit einem gesunden Phlegma ausgestattet. „Ich bin ein chilliger Typ“, sagt der 21-Jährige von sich. Die Rückschläge haben ihn verunsichert, aber nicht aus der Bahn geworfen oder gar in Selbstzweifel gestürzt. Die Chancen stehen gut, dass Nnamdi Collins für die Eintracht ein Himmelsstürmer bleibt und nicht zur Sternschnuppe wird.

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