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Nina Mittelhams steiniger Weg zurück an die Platte | ABC-Z

Um den Titel mitspielen, das war das große Ziel von Nina Mittelham bei der an diesem Dienstag in Linz startenden Tischtennis-Europameisterschaft. „Nach München hatte ich gesagt, ich will nach Linz in Topform anreisen, weil ich das Gefühl habe, dass ich in München schon hätte gewinnen können“, sagte Mittelham im Gespräch mit der F.A.Z. Vor zwei Jahren hatte die Tischtennisspielerin wegen einer Schulterverletzung im Finale der vergangenen Einzel-EM aufgeben müssen. Ein weiteres Mal sollte ihr Körper sie nicht im Stich lassen.

Doch nun kam ihr schon wieder eine Verletzung in die Quere, auch in diesem Jahr streikte ihr Körper zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt: bei den Olympischen Spielen in Paris. Plötzlich fuhr es ihr im zweiten Satz ihres Zweitrundenspiels gegen die Nordkoreanerin Pyon Song Gyong in den Rücken, Mittelham musste eine medizinische Auszeit nehmen. Später stellte sich heraus, dass sie einen Bandscheibenvorfall erlitten hatte. Unter Schmerzen verlor sie das Match im entscheidenden siebten Satz und konnte im Mannschaftswettbewerb nicht mehr an den Start gehen. So ist der Traum vom Titel in Linz in die Ferne gerückt, stattdessen ist die EM für Mittelham das erste Turnier seit ihrer Zwangspause.

„Schmerzen selbst beim Gehen und Sitzen“

Das Negativerlebnis von Paris scheint die 27-Jährige jedoch gut überwunden zu haben. „Ich bin auch ein bisschen überrascht, wie ich das weggesteckt habe.“ Geholfen habe ihr, dass sie mit Beginn des Mannschaftswettbewerbs nach Hause reisen musste, weil ihre Akkreditierung nach der Auswechslung nicht mehr gültig war. „Darüber war ich auch ein bisschen froh. Denn wenn ich dann noch in die Halle gegangen wäre, wäre das noch mal schwieriger gewesen.“ Zwar habe sie sich jedes Spiel im Live­stream angeschaut. „Aber es ist noch mal etwas anderes, wenn man dann schon bei seiner Familie ist, seinem Freund, die einen in den Arm nehmen und trösten.“ Zugleich gibt sie aber auch zu: „Dass es jetzt bei Olympia passiert ist, ist beschissen.“

Gedanken an ein Karriereende wie in Jugendjahren, in denen sie auch von vielen Verletzungen geplagt worden war, habe sie diesmal „gar nicht“ gehabt. „Es klingt jetzt blöd, aber am Ende habe ich mich darüber gefreut, dass ich bei Olympia dabei war, was auch ein Meilenstein ist und immer ein Traum von mir gewesen war.“ Generell habe sie in letzter Zeit gemerkt, dass ihr Tischtennis „unfassbar viel Spaß“ mache. „Und wenn man diesen Spaß nach einer Zeit wiedergefunden hat, in der es keinen Spaß gemacht hat, dann kann man so etwas einfacher wegstecken, weil man weiß, dass es auch bessere Zeiten gibt.“

Jetzt ist sie endlich wieder schmerzfrei: Nina Mittelham Anfang OktoberPicture Alliance

Der Weg zurück an die Tischtennisplatte war steinig, etwa drei Wochen musste Mittelham komplett pausieren. „Da konnte ich gar nichts machen, weil ich selbst beim Gehen und Sitzen Schmerzen hatte.“ Es folgte die Reha, seit gut einem Monat spielt sie wieder Tischtennis. Anfangs konnte sie nur eine halbe Stunde am Tag trainieren, von ihrem normalen Pensum ist sie noch immer weit entfernt. Doch die gute Nachricht ist: Der Rücken ist schmerzfrei, ihr erstes Match seit Paris konnte sie in der Champions League am vergangenen Wochenende für sich entscheiden.

„Ich war froh, dass ich gewonnen habe“, sagt sie: „Aber im Vergleich zur Zeit vor Olympia hat es sich spielerisch nicht so super angefühlt.“ Noch traue sie sich nicht alles zu 100 Prozent. Aber auch hier kommt sie wieder auf den Spaß zu sprechen, betont, dass die Freude, wieder Tischtennis spielen zu können, überwogen habe.

An Platz vier gesetzt sei ihr Ziel bei der EM, bei der sie am Donnerstag ihr erstes Spiel bestreiten wird, zunächst einmal, die erste Runde zu gewinnen und auch Spaß am Tischtennis zu haben. „Natürlich ist innerlich das Ziel da, dass ich das Turnier gewinnen will“, sagt sie, „aber ich weiß auch, dass das in diesem Moment nicht so realistisch ist.“

Als Favoritinnen gelten andere, etwa Bernadette Szöcs aus Rumänien, Nummer eins in Europa, oder Sofia Polcanova, die österreichische Titelverteidigerin und einzige nichtasiatische Viertelfinalistin in Paris. Die Augen werden sich auch auf das deutsche Talent Annett Kaufmann richten, die dem deutschen Team bei den Olympischen Spielen entscheidend zum Erreichen des vierten Platzes verholfen hatte. Für Mittelham gilt nun, Schritt für Schritt zu alter Bestform zu gelangen.

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