Nikolaikirche Wartenberg: Kleinod in Not – Erding | ABC-Z
Der Nikolaiberg ist eine Anhöhe mitten in der Gemeinde Wartenberg. Wer die Stufen auf den gut 270 Meter hohen Hügel erklimmt, steht vor einer beeindruckenden Aussicht weit hinein ins Land. Kein Wunder, dass hier einst eine Festung stand. Die herrschaftliche Burganlage ist längst verschwunden. Geblieben ist die Burgkapelle St. Nikolaus. Doch das Kirchlein muss dringend saniert werden – das sieht auch Berlin ein.
An diesem sonnigen Herbsttag zeigt sich der Nikolaiberg von seiner schönsten Seite, nur das kleine Kirchlein macht einen wenig malerischen Eindruck. Außen blättert der Putz ab, die Regenrinne fehlt und das Dach mit den zum Teil vermoosten Ziegeln braucht dringend eine Sanierung. Eine Renovierung von Grund auf sei dringend notwendig, sagt Wartenbergs Bürgermeister Christian Pröbst, der mit Pfarrer Gregor Bartkowski zur Kapelle gekommen ist.
Über der Holztür befindet sich ein Tympanon. Auch wenn das steinerne Relief verwittert ist, ist doch deutlich links ein Löwe und rechts ein Drache zu erkennen. Und der blättrige Stamm in der Mitte? Ein Lebensbaum, sagt Christian Pröbst.
Pfarrer Gregor Bartkowski holt einen uralten Schlüssel, größer als seine Hand, hervor. Ein paar Mal dreht er den Schlüssel im Schloss, es knirscht und knackt, dann geht mit einem kräftigen Ruck die Holztüre auf. Im goldumrandeten Hochaltar sitzt Namenspatron Nikolaus, der eine Bibel und drei Äpfel in der Hand hält. Über dem Hochaltar befinden sich alte, zum Teil freigelegte Deckenmalereien, die auf eine fachgerechte Wiederentdeckung warten.
Eine grundlegende Renovierung ist teuer. Kostenschätzungen belaufen sich auf etwa 350 000 Euro. Die Gemeinde und auch der Pfarrverband Wartenberg unter Verwaltungsleiter Lambert Bart haben sich auf die Suche nach verschiedenen Fördermöglichkeiten gemacht.
Fraktionsübergreifend hatte der Erdinger Bundestagsabgeordnete Andreas Lenz (CSU) mit der Abgeordneten Sandra Bubendorfer-Licht (FDP) die Burgkapelle besichtigt. Im Sommer dann schickte Lenz eine Pressemitteilung: Für die statisch-konstruktive Sanierung der Burgkapelle werden 164 821 Euro aus dem Denkmalschutz-Sonderprogramm des Bundes bereitgestellt.
„Die Kapelle und der Ort oberhalb Wartenbergs sei ein Kleinod und ein besonderer Ort“, schrieb Lenz. Auch die Bayerische Staatsregierung weiß das Kirchlein zu schätzen: Die Nikolaibergkapelle sei ein „Juwel im Herzen Wartenbergs“, wurde Bayerns stellvertretende Ministerpräsidentin Ulrike Scharf in Lenz’ Pressemitteilung zitiert. Scharf weiter: „Die Renovierung der Kapelle, zu der auch die Restaurierung des Freskos im Innenraum zählt, ist von großer kultureller Bedeutung.“
Der Nikolaiberg oberhalb des Marktes Wartenberg war für kurze Zeit eines der Machtzentren des hochmittelalterlichen Bayern. „Aufgrund der wehrtechnisch günstigen Lage“, schreibt das Landesamt für Denkmalpflege, ist dort bereits im 10. oder frühen 11. Jahrhundert eine erste Burganlage entstanden. Errichtet wurde sie vermutlich durch die Grafen von Ebersberg, denn 1116/17 gelangte der Burgberg durch einen Tausch mit dem Kloster Ebersberg an Graf Otto V. von Wittelsbach. Dieser ließ sogleich eine neue Burg mit Ringmauer, Kapelle und Wohnbauten errichten.
Um 1180 wurde die Burg Herrschaftsmittelpunkt der Wittelsbacher im Herzogtum Bayern. Die nächsten 25 Jahre erlebte Wartenberg eine – wenn auch kurze – Blütezeit. Noch vor 1200 wurde die Burg repräsentativ ausgebaut, doch mit der Gründung von Landshut im Jahr 1204 verlegte man den Hof auf die dortige Burg Trausnitz. „Wartenberg verlor an Bedeutung, weshalb die Burg ab 1373 abgetragen wurde“, so das Landesamt.
Von der einst mächtigen Burganlage zeugt heute noch ein Gedenkstein – und die ehemals im Inneren der Anlage errichtete Burgkapelle St. Nikolaus, die sich über einem älteren Vorgängerbau befindet. Bei der Nikolauskapelle handelt es sich laut Denkmalpflege „um einen kleinen im Kern romanischen Saalbau aus Backstein mit Fundamenten aus Tuffquadern und halbrunder Apsis“.
Die Entstehung wird auf 1170/80 datiert und fällt damit in die Zeit des Höhepunktes der Macht von Pfalzgraf Otto von Wittelsbach, kurz bevor er die Herzogswürde erlangte. Die Westwand, das Dachtragwerk sowie der Turm der Kapelle gehen wohl auf das 15. Jahrhundert zurück. Der Turm mit kupfergedecktem, achteckigem Spitzhelm weist in den oberen Geschossen Blendarkaden und Rundbogenfries auf. Eine der beiden Glocken wurde 1697 gegossen. Die Rundfenster der Kirche und die Flachdecke im Innern stammen von einer barockzeitlichen Veränderung.
„Zweifellos besitzt die Burganlage nicht zuletzt als zeitweiliges Herrschaftszentrum der Wittelsbacher eine hohe orts- und regionalgeschichtliche Bedeutung“, lautet der abschließende Kommentar des Landesamts für Denkmalpflege. Für Pfarrer Bartkowski und Bürgermeister Christian Pröbst ist die Nikolaikirche zudem „das Wahrzeichen von Wartenberg“.